Kapitel 17

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Aus Annas Perspektive

Ich laufe, zwar etwas weniger energiegeladen wie gerne gehabt durch den Park und lasse die verschiedenen Eindrücke auf mich einwirken. Alles wirkt im Moment wie lebendiger, farbiger und schöner. Die zwar schmerzhaften, aber sehr wahren Worte die Maxi ausgesprochen haben, haben definitiv etwas in mir ausgelöst. Etwas Gutes! Ich lasse mich auf einer Bank unweit des Pavillions nieder. 

Mein inneres Kind, welches immer wieder in diesen Träumen hervorkommt, will von dieser Last befreit werden. Ich möchte, dass es hier über diese Wiesen toben kann, Kind sein kann. Das tun kann, was es möchte, ohne von dieser Art von Hörigkeit beschnitten zu sein. Die letzten Jahre, nein eher Jahrzehnte habe ich es immer wieder unter Verschluss gehalten, wollte es schützen. Doch nun ist es an der Zeit, es vorsichtig herauszulassen und wer ist dafür wohl besser geeignet, als Jan uns beide, die Anna von damals und die jetzige Anna wieder zusammenzuführen. Vielleicht gelingt es mir dann auch besser für mich einzustehen, nach mir zu schauen und für mich zu sorgen. Dann kann Timo da ein Stück weit loslassen und wir wieder Paar sein, ohne dass er das Gefühl haben muss, dass er sich um seine ein Stück weit gespaltene Anna kümmern muss. So wirr wie diese Gedankengänge auch klingen, irgendwie machen sie Sinn. Ich springe auf, um mich gleich darauf schmerzverzerrt an meinen lädierten Knöchel zu erinnern. Meine Hände umfassen diesen und langsam wird der Schmerz weniger. Ich schüttle lächelnd über mich selbst den Kopf. Etwas langsamer gehe ich dann wieder ins Haupthaus zurück, um mein Handy zu holen. Ich rufe Jans Kontakt auf und tippe folgende Worte ein: "Ich bin bereit. Hilf mir bitte!". Gleich danach schalte ich das Handy wieder aus und lege es beiseite. Wieder ist ein Steinchen von meiner Seele gepoltert und ich könnte tanzen vor Erleichterung. 

Aus Jans Perspektive

Ich sitze ziemlich angespannt im Wartezimmer. Wie lange dauert denn so eine verdammte Vorsorge? Ich schaue auf mein Handy. Fine ist da bestimmt schon eine halbe Stunde drin. Was machen die denn da. Vielleicht sollte ich doch mal nachfragen? Vielleicht hat er ja etwas auffälliges gefunden. Mein Herz schlägt bei diesem Gedanken vor Sorge schneller. Als Gegenimpuls setze ich die Kraft der positiven Gedanken und komme bald wieder zur Ruhe. Mein Handy zeigt kurz darauf eine Nachricht an. Von Anna. Ich runzle die Stirn um nach dem Lesen gleich eine riesen Erleichterung zu spüren. Anna will sich von mir helfen lassen. Endlich. Innerlich beginne ich nun Möglichkeiten durchzuspielen, wie die erste Sitzung ablaufen könnte. So bin ich abgelenkt, bis Fine endlich, begleitet von Dr. Schmieder das Wartezimmer betritt. Ihre Wangen sind etwas gerötet. 

"Prima.Dann mach einfach in einem halben Jahr wieder einen Termin bei meinem Vater aus. Es dauert noch etwas, bis ich die Praxis hier übernehmen werde", er hat tatsächlich den Nerv ihr zuzuzwinkern und wieso sind die beiden beim Du? Fine lächelt nervös. Die Farbe ihrer Wangen intensiviert sich noch. Was hat er bloß mit ihr angestellt. Ich trete zu ihr und nehme ihre Hand in meine. 

"Alles in Ordnung, Schatz?", ich schaue ihn fragend an. 

"Alles bestens. Und richtet Maxi einen Gruß aus. Ich hoffe er ist wieder soweit fit, nachdem er bei euch im Retreat Haus und Hof gesittet hat!" Er grinst mich an. Ich schaue wiederum Fine an, die Dr. Schmieder nach wie vor anhimmelt.

"Also, dann einen wunderschönen Tag in Regensburg!", er klopft nonchalant an den Türrahmen und geht dann mit einem machomäßigen Schritt wieder zurück in sein Sprechzimmer. Ob das wirklich so eine gute Wahl war? 

Spaziergang zur inneren Mitte oder Annas GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt