Berlin, 18. Mai. 2019
► Vincents Sicht ◄
Bei jedem meiner Schritte, knirschte der feine Kies unter meinen Schuhsohlen, als ich den Parkplatz überquerte und die ruhige Raucherecke der Klinik anpeilte. Zwar war Dag nicht physisch anwesend, nichtsdestotrotz hallte seine Stimme in meinem Kopf wieder - diese riss einen unlustigen Steinwitz. Unwiderruflich verzogen sich meine Lippen zu einem schmalen Lächeln. Als ich um die Ecke bog, fiel mein Blick auf einen kräftigen Mann, welcher sich seine schwarze Baseball Cap tief ins Gesicht gezogen hatte. Jener stand am Standaschenbecher und nestelte eine Zigarette aus der Verpackung. Diese klemmte er sich zwischen die Lippen und entzündete diese. Mit einem knappen Nicken, grüßte ich, die mir fremde, Person und steuerte auf die Holzbank zu. Auf dieser ließ ich mich, mit einem schweren Seufzer, nieder und lehnte mich zurück. Meine Hand fuhr in die Tasche meiner kurzen Hose und aus dieser angelte ich mein Handy. Glücklicherweise stand die Sonne sehr günstig und blendete mich nicht, als ich mich meinem Mobiltelefon widmete.
Zuallererst stellte ich mir einen weiteren Wecker, da ich vermeiden wollte, dass Dag wieder auf mich warten musste. Augenblicklich kehrten meine Gedanken zu dem gestrigen Abend. So hatte ich meinen besten Freund noch nie gesehen und ich hatte ihn bereits in sehr schlimmen Phasen seines Lebens erlebt. Wieder schoben sich Fragen in meinen Kopf. Fragen über welche ich schon am vergangenen Abend nachgegrübelt und keine Antworten gefunden hatte. Glaubte er wirklich, dass ich ihn als Sozialprojekt ansah? Übertrieb ich es mit meiner Sorge? Zwar hatten mir seine Worte einen Stich versetzt, doch konnte ich ihm nicht böse sein. Schließlich war er in diesem Moment nicht er selbst. Deswegen war es für mich auch keine Option, ihn einfach mit der Bahn fahren zu lassen. „Dein Auto hat mir meine gute Laune verdorben!" Sofort hob ich meinen Kopf an, der Stimme entgegen.
Mit neugierigen Blick, musterte ich den Neuankömmling. Nina hatte ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und trug ihre Sonnenbrille auf der Nase. Mein Blick wanderte weiter an ihr hinab, blieb an ihrem Shirt hängen. Nirvana. „Schaust Du mir ungeniert auf die Brüste oder bewunderst Du wieder meinen ausgezeichneten Musikgeschmack?" Eilig hob ich meinen Blick zu ihrem Gesicht und fuhr mir mit der flachen Hand über den Nacken. „Bist Du eine Bandshirt Person oder...?" Sie ließ mich die Frage gar nicht aussprechen, da sie mir ins Wort fiel: „Du kannst Dir sicher sein, dass die Bands, die auf meinen Shirts abgebildet sind, auch von mir gehört werden." Anscheinend spiegelte sich die Überraschung auch auf meinem Gesicht wieder.
„Diesen Blick, sehe ich jetzt schon zum zweiten Mal. Beim dritten Mal, musst Du mir einen Wunsch gewähren." Entschuldigend sah ich sie an. „Dabei ist der Blick nicht einmal negativ behaftet. Es ist nur verwunderlich, dass so junge Frauen..." Wieder wurde ich von ihr unterbrochen. „Junge Frauen? Herr Stein, wie alt sind Sie und für wie alt halten Sie mich? Kleiner Tipp, ich bin kein Teenager mehr." Ich lachte leise auf und sah zu ihr, als sie sich neben mich setzte. Ich rutschte extra noch ein Stück zur Seite, damit sie etwas mehr Platz hatte. „War das eine rhetorische Frage oder ist es Part unseres Deals? Was sagt das Regelwerk zu Doppelfragen? Müssen beide beantwortet werden?" Sie nahm einen Zug von ihrer Fluppe und drehte extra den Kopf weg, um den Rauch auszustoßen.
„Es ist Part unseres Deals und es müssen beide Fragen beantwortet werden." Ich nickte langsam, verstehend. „Verstehe. Ich bin Mitte Dreißig und..." Ich tippte mir überlegend mit dem Zeigefinger gegen den Kiefer. „Mhm. Ich würde Dich Mitte Zwanzig schätzen", beantwortete ich ihre Fragen. „Hast Du einfach nur gute Genen oder hast Du schon die ein oder andere Schönheits-Operation hinter Dir? Hm. Du bist ein guter Schätzer. Ich bin 25, werde nächsten Monat 26." Ein leises Lachen kam über meine Lippen. „Ich kann Dir die Adresse meines Beauty Doktors geben" Sofort boxte sie mir gegen den Oberarm. Anscheinend schien es ein Ritual zu werden. „Ey!", protestierte ich grinsend. „Das hast Du Dir volle Kanne verdient", erwiderte die jüngere grinsend, ehe sie erneut an ihrer Zigarette zog.
DU LIEST GERADE
Du bist wie ich, dich gibt's nur einmal ... oder? | A SDP Fanfiction
Hayran Kurgu► Denn Leben passiert, während wir Pläne schmieden. | Sie halten sich für 'unbesiegbar' - bis sie mit der brutalen Realität konfrontiert werden. Dags Gesundheitszustand verschlechtert sich rapide. Er quält sich durch die langen Stunden des Tages und...