„Ich habe dir doch erzählt, dass Hermine jetzt ein Praktikum bei einem Wochenmagazin macht. Hättest du nicht Lust, ihr mal ein Interview für einen Artikel zu geben?", wollte Harry angelegentlich wissen und senkte knisternd die Tageszeitung, die er in seinen Händen hielt.
„Hast du etwa Hermine zu mir geschickt?", fuhr Amber jäh auf und schlug den Ordner, in den sie gerade Notizen hineingeschrieben hatte, mit einem lauten Ruck zu. Harry zuckte zusammen und warf Amber dann einen verwunderten Blick zu.
„Natürlich nicht." Sonst hätte ich das ja jetzt nicht gefragt, fügte Harry im Stillen hinzu, begnügte sich jedoch damit, Amber fragend anzusehen.
Natürlich sagte Harry die Wahrheit. Er hatte sie bislang noch nie angelogen. Amber seufzte und presste einen kurzen Moment die Finger gegen die Schläfen. Es wäre besser, wenn sie ihre momentane Dünnhäutigkeit nicht an Harry auslassen würde.
„Was ist los, Amber?"
Ein Hauch von Besorgnis lag in seiner Stimme. Er hatte den Tagespropheten beiseitegelegt und musterte sie rücksichtsvoll, ohne in das Anstarren zu verfallen, das manchen Leuten dabei eigen ist.
Amber wusste inzwischen genug von Harrys Kindheit, dass es sie immer wieder erstaunte, dass Harry trotz der zehn Jahre bei seinen bestenfalls ignoranten Muggelverwandten so mitfühlend geworden war. Es fiel ihr schwer zu verstehen, dass er seitdem nicht allen Muggeln Hass entgegenbrachte, denn seine mehr als lieblose Kindheit war eines der Puzzleteilchen, die zu seiner Seelentrübnis geführt hatten.
Zusammen mit dem einschneidenden Erlebnis, den Tod seiner Mutter miterleben zu müssen, und den oft lebensbedrohlichen Ereignissen, denen er seit dem Eintritt in die Zaubererwelt ausgesetzt gewesen war. Es war schon erstaunlich, wie lange seine Psyche den wiederholten Angriffen böser Magier und Dementoren standgehalten hatte.
Amber spürte allerdings weder Verachtung noch Bedauern, dass ihr Vater bei jedem seiner Tötungsversuche gescheitert war. Genau genommen, fuhr es ihr durch den Kopf, müsste sie ihm sogar dankbar sein, dass er sie dadurch mit einer Möglichkeit beschenkt hatte, die Geschicke dieses Landes zu beeinflussen...und irgendwann zu steuern.
Denn Harry hatte das Angebot der Zaubereiministerin, das Amber so klug durch die Beeinflussung von Morgan Davis in die Wege geleitet hatte, angenommen. Auch wenn es nie sein Wunsch gewesen war, nahe an den Schalthebeln der Macht zu sitzen, so war er doch recht zufrieden mit seiner jetzigen Tätigkeit und sie selbst tat ihr Möglichstes, um Harry in Zeiten von Selbstzweifeln zu motivieren.
Denn das, was Amber durch Harry aus dem Ministerium erfuhr, war von unschätzbarem Wert für sie. In seiner Liebe zu ihr vertraute er ihr komplett und Amber ging äußerst behutsam vor, um dieses Vertrauen nicht zu verspielen und seine Gefühle für sie nicht zu gefährden. Auch wenn es bedeutete, dass sie einige ihrer Ansichten vor ihm verbergen musste.
Sich völlig zu verstellen war zum Glück nicht erforderlich. Denn Amber besaß Humor und Wortwitz und genoss den gegenteiligen Meinungsaustausch mit Harry zu Themen, die mit ihren Plänen so wenig zu tun hatten, dass sie diese nicht gefährden konnten. Es war genau das Maß an Uneinigkeiten, das eine Beziehung brauchte, um nicht in den Verdacht zu geraten, einer hielte sich zu Gunsten des anderen mit seinen Äußerungen zurück.
Längst war es nicht mehr notwendig, die Rolle einer zurückhaltenden und bescheidenen Hexe anzunehmen. Amber war stolz auf das, was sie beruflich bereits erreicht hatte und sah keinen Grund darin, ihr Licht unter einen Scheffel zu stellen. Auch in Britannien lief ihre Praxis hervorragend, die Patienten wussten ihre Art zu schätzen und empfahlen sie weiter. Und bei der Gastdozentur an der Twinklestone hingen die Studenten wie erwartet an ihren Lippen. Es war so ein Leichtes, den Menschen das zu vermitteln, was sie hören wollten. Nur mit Mühe unterdrückte Amber ein verächtliches Schnauben.
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Harry Potter und das süße Gift der Hoffnung
FanficDrei Jahre nach dem Sieg über Lord Voldemort hat sich Harry Potter vor der Welt zurückgezogen. Während seine Freunde Hermine, Ron und Ginny neue Kapitel in ihrem Leben aufgeschlagen haben, versucht Harry seine schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten...