Kapitel 89

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Zur gleichen Zeit draußen vor dem Gartentor

Verzweifelt zermarterte sich Hermine den Kopf, mit welchem Gegenfluch sie den Schockzauber, der sie vom Betreten des Gartens abhielt, lösen konnte. Dass Ron sie mit angespannter Stimme zur Eile antrieb, während er hektisch in jede Richtung starrte, machte es nicht besser. Und es gab nur eine Chance, denn sobald der Eulenschrei ertönte, wäre Amber gewarnt... Wenn sie sich bloß konzentrieren könnte...

Erschöpft umschlang Hermine ihre Knie und schloss die Augen, in dem Vertrauen darauf, dass Ron die Umgebung im Blick behielt. Amber hatte einen normalen Schutzzauber mit einem Fluch unterlegt, aber sie konnte den Mechanismus nicht erkennen, der beides miteinander verband. Hatte sie nicht mal irgendwo davon gelesen, wie man das in die Wege leitete?

Ein plötzliches lautes Knacken ganz in der Nähe ließ Hermine hochschrecken. Ron hielt seinen Zauberstab in Richtung des mittlerweile wieder verstummten Geräusches und feuerte nervös drei Schockzauber in die Büsche vorm Nachbarhaus. Rote Funken regneten auf sie hinab, in dessen Schein Hermine Rons zusammengebissenen Kiefer ausmachen konnte.

Hastig sah sie sich um, doch es hatte sie offenbar niemand beobachtet.

„Hast du jemanden gesehen?", flüsterte sie beklommen.

Ron schüttelte den Kopf, ohne sie anzusehen. „Nur gehört."

„Dann lass das bitte", mahnte Hermine leise. „Das Licht könnte uns verraten."

„Ja, ja, schon gut", brummte Ron so grantig, dass ihm Hermine einen irritierten Blick zuwarf, doch sie beschloss, nicht darüber nachzudenken, was ihn gerade umtrieb. Sie würden reden müssen. Aber später.

„Lass uns lieber mal nachsehen", murmelte Hermine und erhob sich vorsichtig. Ron machte ein zustimmendes Geräusch und unauffällig, mit den Zauberstäben im Anschlag, schlichen sie ein paar Meter die Straße entlang, bis sie in der Nähe der besagten Büsche standen. Ein leichter Windhauch, der noch die Milde des Abends in sich trug, wehte ihr ein paar Haarsträhnen ins Gesicht und ein schwacher Duft von Hyazinthenblüten lag in der Luft.

„Lumos", flüsterte Hermine leise und dann erhellte das schwache Licht die Stelle direkt vor den Büschen. Sie riss die Augen auf und atmete hefig ein, schlug sich gleich darauf die Hand vor den Mund. Vor ihnen, mit ausgebreitetem Umhang, ein Bein angewinkelt und die Arme von sich gestreckt, lag Draco Malfoy. Ohne darüber nachzudenken, was sie tat, richtete Hermine ihren Zauberstab auf hin und rief hastig:

„Rennervate."

„Hermine!", war Rons empörter Ausruf zu vernehmen. „Bist du noch bei Trost?"

Sie wandte den Kopf und gewahrte Rons erst fassungsloses, dann zunehmend zorniges Gesicht und bemerkte schließlich, dass er Anstalten machte, Draco erneut einen Fluch zu verpassen.

„Ron, nein!", rief sie unterdrückt aus und schob den Zauberstab ihres Freundes nach unten, so dass der Fluch einen kleinen Krater in die Gehwegplatte riss. „Hast du vergessen, dass er uns vorhin geholfen hat?"

Inzwischen war Draco zu sich gekommen und richtete sich, noch ein wenig schwankend, wieder auf. Sein Gehirn war jedoch schon wieder voll funktionsfähig.

„Geht's noch, Weasley?!" fuhr er den rothaarigen Zauberer vor sich mit blitzenden Augen an. „Dein Feind ist dort drüben!"

Er deutete mit seinem Kopf auf das Haus von Amber und Harry und sprang dann behände wieder auf seine Füße.

„Davon..." erwiderte Ron aufgebracht und betonte das erste Wort, „... bin ich längst nicht überzeugt!"

Mit einem Ruck riss er seinen Zauberstab von Hermines Händen fort und richtete ihn wieder direkt auf Draco, der es ihm gleich tat.

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt