Aufgewühlt landete Ginny auf dem Hof des Fuchsbaus und öffnete mit einem gedankenverlorenen Alohomora die Haustür.
„Ginny, Liebes."
Ihre Mutter steckte den Kopf in den Flur, nicht das kleinste bisschen überrascht, ihre Tochter vorzufinden, deren Ankunft ihre Uhr ihr bereits angekündigt hatte.
„Isst du noch etwas mit, bevor du zum Spiel fliegst?"
Hastig verneinte Ginny und eilte fast getrieben die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf, wo sie die Tür mit einem Ruck hinter sich zuwarf. Einst ihrem Bruder Percy gehörend hatte Ginny das Zimmer längst zu ihrem gemacht. Ein großes Plakat der Holyhead Harpies an der Wand kündete von ihrer nicht endenwollenden Begeisterung für Quidditch, für deren Ausübung Ginny zu ihrem Leidwesen im Moment einfach zu wenig Zeit fand.
Anders als zu Percys Zeiten leuchteten Teile der Zimmerwände in einem satten Moosgrün und die herumliegenden Kleidungsstücke machten deutlich, dass Ginny völlig andere Gene als ihr älterer Bruder mitbekommen hatte, der schon immer ein Ausbund an Ordnung und Organisation gewesen war. Doch im Moment stand ihr nicht der Sinn nach derlei grüblerischen Gedanken.
„Hermine, was bei Merlin tust du bloß?"
Ginny fluchte es laut, unfähig, die Unruhe, die in ihr brannte, zurückzuhalten. Raschen Schrittes ging sie zum Fenster und stützte sich auf das Sims. Von hier oben hatte sie einen schönen Blick auf ihren Hof und die ihn umgebenden Felder, die das erste Frühlingsgrün präsentierten. Aber selbst diese Aussicht vermochte sie nicht zu beruhigen.
Hermine war schon immer eigensinnig gewesen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte und meist berichtete sie erst dann von ihrem Vorhaben, wenn sie alle Schritte schon genau durchdacht hatte. Wie auch jetzt. Ginny hatte keine Ahnung gehabt, dass ihre Freundin einen Plan geschmiedet hatte, der Draco Malfoy beinhaltete. Es grauste sie bei dem Gedanken daran, dass Hermine eine Zusammenarbeit mit ihm auch nur in Erwägung zog! Nie würde sie vergessen, dass es Dracos Vater gewesen war, der ihr das grauenhafte Tom-Riddle-Tagebuch untergejubelt hatte, das sie beinahe das Leben gekostet hatte!
Unruhig ging Ginny in ihrem Zimmer auf und ab. Wie konnte Hermine das bloß tun? Es ehrte Hermine zwar, dass sie sich um die Sicherheit der Muggel sorgte, aber offenbar vergaß sie dabei, dass sie selbst in Gefahr geriet. Wirklich, ausgerechnet die Malfoys!
Und was war dran an diesem Gerede von einem Zauberspruch, der den Vergessenszauber aufheben konnte? Sie hatte noch nie davon gehört, nicht mal das allerkleinste Wispern in der Aurorenzentrale. Handelte es sich um eine neue schwarzmagische Hexerei?
Seufzend sank Ginny auf ihr Bett und ließ den Kopf in die Hände fallen. Sie war sich alles andere als sicher, ob ihre Weigerung, den unbrechbaren Schwur durchzuführen, Hermine davon abhalten würde, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Soweit sie wusste, kannte Hermine niemand anderen, der dazu imstande war, dergleichen zu tun. Doch was würde Hermine stattdessen machen? Sie war keine Hexe, die schnell aufgab...
Schuldbewusst fuhr es Ginny durch den Kopf, dass sie vielleicht lieber in Hermines Nähe hätte bleiben sollen, um sie davor zu bewahren, einen Fehler zu begehen. Am besten, sie redete noch einmal mit ihr... Hoffentlich war es nicht zu spät. Mit diesem Gedanken erhob sich Ginny entschlossen, griff nach ihrem Quidditch-Schal und stand kurze Zeit später schon wieder im Hof, nachdem sie ihren Eltern einen knappen Abschiedsgruß entboten hatte.
Ohne zu zögern, drehte sie sich rasch um die eigene Achse und landete schließlich direkt vor dem Häuschen ihres Bruders in Caneborough. Auf ihr energisches Klopfen hin öffnete Ron die Tür, etwas atemlos und offenbar gerade damit beschäftigt, sich in seine Quidditch-Garderobe zu schmeißen. Seine Brust zierte bereits das leuchtend orangefarbene Sweatshirt mit den beiden schwarzen ineinandergreifen C's und in der Hand hielt er eine schwarze Sporthose, die er offenbar gerade anzuziehen gedacht hatte. Ginny verdrehte die Augen und richtete ihren Blick betont von ihm fort in Richtung Sofa, während sie hereintrat.
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Harry Potter und das süße Gift der Hoffnung
FanficDrei Jahre nach dem Sieg über Lord Voldemort hat sich Harry Potter vor der Welt zurückgezogen. Während seine Freunde Hermine, Ron und Ginny neue Kapitel in ihrem Leben aufgeschlagen haben, versucht Harry seine schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten...