Kapitel 37

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„Hallo Amber."

Wie durch einen dämpfenden Filter registrierte sie, dass jemand die Stube betreten hatte, ohne dass sie in der Lage war zu erkennen, wer es war. Vor dem Hintergrund der plötzlich aufgetauchten Erinnerung reagierte Amber daher instinktiv mit einem Angriffszauber:

„Stupor!"

Rotes Licht schoss aus ihrem Zauberstab, so dass Harry gerade noch hastig zur Seite hechten konnte. Polternd kam er auf dem Boden auf und konnte die Wucht seiner Bewegung gerade noch mit Händen und Knien abfangen

„Bist du wahnsinnig, Amber?!", fluchte er, ohne ihre Verfassung zu bemerken. „Wenn ich nicht so gute Reflexe hätte..."

Amber blinzelte ein paar Mal, um die Bilder ihrer schockierenden Erinnerung zu vertreiben und gab ungewohnt verhalten zurück:

„Wie soll man sich sonst verteidigen, wenn man überrascht wird?"

„Weiß nicht, Protego vielleicht? Oder einfach erst mal abwarten? Wer außer mir hätte es denn außerdem sein sollen?", kam es pikiert von Harry, bis er ein paar Sekunden später den Klang von Ambers Stimme realisierte und alarmiert zu ihr hinsah.

Doch Amber hatte das aufwühlende Kindheitserlebnis bereits entschlossen in den Hintergrund gedrängt – sie würde sich später damit beschäftigen – und ihre Selbstkontrolle zurückgewonnen. Der plötzliche Schmerz ihrer Brandverletzung durchfuhr sie wie ein Stich mit dem Messer, doch sie unterdrückte eisern jeglichen Laut. Sie würde sich hüten, die kurzzeitige Schwäche nach außen hin sichtbar werden zu lassen. 

„Sorry", presste sie widerwillig hervor.

„Schon gut, ist ja nichts passiert", wiegelte Harry bereits besänftigt ab und rappelte sich auf.

Amber grollte im Stillen. Wie konnte es sein, dass sie Harrys Ankunft nicht bemerkt, ja nicht einmal gespürt hatte?! Diese verdammte Erinnerung hatte offenbar all ihre Sinne überlagert. Die Wut über ihre eigene Unzulänglichkeit ließ sie die Schmerzen für einen Moment vergessen.

Als Harry nun direkt vor ihr auftauchte, um sie wie üblich mit einem Kuss zu begrüßen, schoss Ambers Arm abwehrend nach vorne und sie konnte sich gerade noch beherrschen, nicht erneut einen Verteidigungszauber auszusprechen. Sie spürte eine rasende Wut in sich wachsen und ahnte, dass eine Berührung ausreichen könnte, Harry zur Zielscheibe ihres Zorns zu machen. Doch das würde all ihre Pläne vereiteln...

Harrys Blick fiel auf Ambers Arm, auf dem die Verbrennung nicht zu übersehen war. Die Haut war tiefrot und umsäumt von großen, unschön anzusehenden Brandblasen. Geschockt vergaß er seine eigentliche Absicht.

„Amber, um Himmels willen!", rief er entsetzt aus. „Das muss sich ein Heiler anschauen!"

Er setzte sich neben sie auf das Sofa.

„Sei nicht albern, Harry!", erwiderte Amber und zog ihren Arm zurück, obwohl sie der Schmerz sie bei der Bewegung aufkeuchen ließ und ihr dadurch der Zauberstab entglitt. Sie biss die Zähne zusammen und wiegelte ab. „Das heilt von alleine."

Harry ignorierte jedoch ihren Einwand und griff nach ihrer Hand, um sich über die Verletzung zu beugen. Amber hielt sich mühsam zurück, obwohl es sich anfühlte, als würde das Feuer nicht nur im Kamin, sondern längst schon in ihrem Inneren lodern.

„Das muss definitiv behandelt werden!", stellte Harry fest, behielt aber seine Besorgnis für sich. Sonst kann das schlimme Folgen haben. Warum hat sie bloß nicht gleich gekühlt?

„Lass es gut sein, Harry!", fauchte Amber und betonte dabei jedes einzelne Wort. Bis sie ein plötzlicher Schwindel erfasste, der sie ins Polster sinken ließ. Zu Ambers Überraschung ließ sich Harry von ihrer Schroffheit nicht abhalten und widersprach entschlossen:

Harry Potter und das süße Gift der HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt