März 2004
Der Himmel draußen war klar und nur Sterne und der Mond erleuchteten den Nachthimmel. Die Bäume bewegten sich leicht im Frühlingswind. Es war so spät, dass die Straßenlaternen schon ausgeschaltet waren und nun auch die Straßen nur von dem Nachthimmel erleuchtet wurden. Nur in einem Haus, brannte Licht...
Sie waren bereits seit über zwei Stunden wach. Der Grund dafür war das schreiende Baby in seinen Armen, welches nicht mehr aufzuhören schien. Unruhig lief er das Wohnzimmer auf und ab und schaute zu seiner Frau, die auf dem Sofa saß, das Gesicht in ihren Händen vergraben.
„Geh schlafen, Gin, du musst morgen früh raus", sagte er leise, aber laut genug, dass sie ihn trotz des Geschreies verstehen konnte.
Sie blickte auf, doch schüttelte den Kopf. „Wir stecken da zusammen drin", erwiderte Ginny müde und stand vom Sofa auf, um auf ihn zuzugehen.
Davor hatte sie sich gefürchtet als sie schwanger war; dass sie nicht wusste, wie sie eine gute Mutter sein konnte. Sie dachte es wäre die ersten paar Monate gut gelaufen und sie hätte sich um sonst ihre ganze Schwangerschaft über Sorgen gemacht. Doch jetzt schrie ihr Baby und sie konnte nichts dagegen tun. Sie war machtlos. Und sie fühlte sich wie eine Versagerin.
Harry legte seinen freien Arm um Ginny und drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe. „Du hast bald Training und du bist müde, Schatz. Geh schlafen und ich bleibe bei Jamie. Wir können eh gerade nicht mehr für ihn tun."
Ihr entging trotz ihrer Müdigkeit nicht, dass er sie „Schatz" genannt hatte. Etwas, was beide nur taten, wenn sie der Aussage mehr Kraft verleihen wollten. Sonst nannten sie sich nur beim Vornamen (beziehungsweise beim Spitznamen); es hatte etwas intimeres und war nicht das standardmäßige „Schatz" oder „Liebling", welches fast jedes Paar verwendete.
Doch Ginny schüttelte wieder den Kopf. „Nein, ich kann eh nicht schlafen, wenn ich weiß, dass es Jamie schlecht geht." Sie legte eine Hand auf die Stirn ihres Sohnes. „Er ist warm", bemerkte sie besorgt.
„Und das trotz des Trankes, den wir ihn gegeben haben", ergänzte Harry.
„Das reicht jetzt", sagte Ginny dann. „Ich hole Mum. Vielleicht weiß sie, was wir noch machen können."
Sie ging auf den Kamin zu, nahm etwas Flohpulver und stieg in den Kamin, ehe sie „Fuchsbau" rief und verschwand.
Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie das Wohnzimmer ihres ehemaligen Zuhauses erblickte. Sie klopfte sich den Rus von ihrem Schlafshirt (ein altes T-Shirt von Harry) und erleuchtete mit einem gemurmelten „Lumos" die Spitze ihres Zauberstabs.
„Mum?", rief sie dann leise. Sie wusste, dass ihre Mutter einen leichten Schlaf und auch einen mütterlichen Instinkt hatte. Sie wusste, wenn eines ihrer Kinder sie brauchte.
Und sie behielt Recht, denn nur wenige Augenblicke später, hörte sie Schritte auf der Treppe und ihre Mutter stand vor ihr in einem Morgenmantel, aber mit einem hellwachen Blick.
„Ginny! Ist etwas passiert?", fragte sie alarmiert.
Ginny ging auf ihre Mutter zu und umarmte sie. Auch wenn sie schon zweiundzwanzig war, hatte sie immer noch das Bedürfnis in den Armen ihrer Mutter zu liegen, die sie sofort beruhigten. „Jamie schreit schon die ganze Nacht durch. Er zahnt gerade und wir haben alles versucht, um ihm es leichter zu machen und, um ihn zu beruhigen, aber nichts hilft."
Molly verstand und griff nach der Hand ihrer Tochter, ehe sie diese mit sich zum Kamin zog. Alles ging so schnell und dann war wieder das ihr nur allzu bekannte Geschreie von James zu hören.
„Oh mein armes Mäuschen!", rief Molly aus und strich über James' Köpfchen.
„Danke, dass du gekommen bist", sagte Harry erleichtert, während er James in seinen anderen Arm manövrierte. „Wir haben schon alles versucht; der Trank und die Creme aus dem St Mungos. Wir sind mit ihm durch das Haus gelaufen, haben ihm einen Beißring gegeben und gewickelt und Ginny hat auch versucht ihn zu stillen."
„Aber er dreht sich immer weg und schreit meine Brust an", fügte Ginny hinzu. „Dann habe ich Milch abgepumpt, weil ich dachte, dass er vielleicht aus der Flasche trinken würde, aber das hat er auch nicht. Wir haben es auch schon mit Babytee und Wasser versucht, aber Jamie will nichts davon." Sie deutete auf die drei Baby Trinkflaschen, die auf dem Wohnzimmertisch standen.
„Er hat seit acht Stunden nichts mehr getrunken", sagte Harry und schaute das sechs Monate alte Baby besorgt an.
Molly nickte verstehend und setzte sich dann auf das Sofa, während sie Ginny mit sich zog. „Mach dein T-Shirt hoch, Mäuschen. Wir versuchen jetzt etwas, was bei euch immer geholfen hat."
Ginny tat, was ihre Mutter gesagt hatte und streckte ihre Arme nach James aus. Harry ging auf sie zu und reichte ihr das Baby. Molly stand währenddessen auf, ging in die Küche und kehrte mit einem kühlen Lappen wieder.
„Harry, versuch du Jamies Mund an Ginnys Brust zu bringen, während du, Ginny, den Lappen in seinen Nacken legst und ihm über den Rücken streichst", befahl Molly und schob ein Kissen zwischen Ginnys Schoß und James. „Es könnte sich anders als sonst anfühlen, Ginny, weil er jetzt Zähnchen hat, die sich durchdrücken. Manchmal kann es auch wehtun, wenn er zubeißt."
„Komm schon, Jamie. Tu Mummy und Daddy bitte den Gefallen und trink etwas. Sonst müssen wir mit dir ins St Mungos und du weißt, dass Mummy und Daddy Krankenhäuser verabscheuen", sagte Ginny leise, während sie gebannt dabei zusah, wie Harry James' Gesicht in die richtige Position stupste.
Bei den Worten musste Harry leise lachen. „Du schaffst das, Jamie. Ich weiß es tut weh, aber wir wollen nur, dass es dir besser geht."
Es dauerte einige Momente, in denen James, wenn möglich, noch mehr schrie. Doch dann hatten sie es endlich geschafft.
Ginny biss sich auf die Lippe, um nicht loszuheulen. Ob vor Freude, weil James endlich wieder etwas trank oder vor Schmerz, weil jap, zwei kleine Zähnchen waren durchgekommen. Vielleicht auch wegen beidem.
„Geht es?", fragte Harry leise und strich ihr über den Rücken.
Sie nickte und schaute auf James runter.
„Jamie braucht jetzt einfach ganz viel Nähe", sagte Molly dann sanft. „Probiert es am besten mit Haut-zu-Haut Kontakt, wie ihr es gemacht habt als er ein Neugeborener war. Das sollte ihn weiter beruhigen. Ich schlafe heute Nacht hier und nehme ihn, falls er wieder unruhig werden sollte."
Harry wollte schon protestieren, doch Molly kam ihm zuvor.
„Keine Widerworte, Harry! Ginny muss morgen früh zum Training und du fängst nächste Woche auch wieder an zu arbeiten, ihr braucht beide euren Schlaf. Es ist okay auch Mal Hilfe anzunehmen!"
Langsam nickte Ginny und blickte von James zu ihrer Mutter auf. „Fläschchen mit meiner Milch sind im Kühlschrank, die musst du nur noch kurz aufwärmen. In seinem Zimmer weißt du ja, wo alles ist. Du kannst bei ihm im Zimmer auf dem Schlafsofa schlafen, aber auch im Gästezimmer, wie du willst", erwiderte sie müde.
Molly setzte sich neben ihre Tochter und strich ihr sanft durch das Haar. Jetzt traten wieder Tränen in Ginnys Augen, die diesmal auch ihre Augen verließen.
„Ich habe Angst irgendwas falsch zu machen", sagte sie schniefend. „Was ist, wenn es zu früh für mich war, wieder arbeiten zu gehen? Macht mich das zu einer schlechten Mutter? Lässt sich Jamie deswegen nicht beruhigen? Weil er das spürt?"
„Ginny", hauchte Molly mit traurigen Blick. „Du darfst keinen weiteren Moment so denken! Du bist eine wundervolle Mutter, genauso wie Harry ein wundervoller Vater ist. Ja, du gehst wieder arbeiten, aber das macht dich nicht zu einer schlechten Mutter, weil du trotzdem immer für Jamie da bist, wenn er dich braucht und du ihm so viel Liebe schenkst. Wenn du einen Beweis dafür haben möchtest, obwohl du in ein paar Stunden Training hast, bist du immer noch mit deinem Sohn wach, weil es ihm nicht gut geht, und hast ihn nicht einfach Harry überlassen. Keiner von uns kann momentan viel für den kleinen Mann tun, das hat nichts damit zu tun, wie gut man in irgendwas ist!"
Ginny spürte Harrys Hand an ihrer Wange, die ihre Tränen wegwischten. „Deine Mum hat recht, Schatz! Lass uns ins Bett gehen, wenn du James fertig gefüttert hast. Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus, okay?!"
Sie nickte und lächelte ihren Mann und ihre Mutter dankbar an. „Okay."
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FOREVER (until the end) - Missing Moments
FanfictionOne-Shots zu der Until the End-Reihe (auch auf Anfrage) Hier werden Stories zu fehlenden Momenten aus den Geschichte "Fighting" und "Believing" hochgeladen. Manche Ideen stammen von mir selbst, aber ihr könnt mir jederzeit privat Ideen für One-Shots...