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Rückblick 2021:

Nach einem langen, stressigen Tag komme ich gerade nach Hause, eigentlich will ich nur schnell duschen und mich fertig machen. Clara und ich wollen gleich was essen gehen und danach in eine Bar. Einfach mal wieder raus, einfach mal abschalten. Das habe ich in der letzten Zeit viel zu wenig gemacht. Als ich aber die Wohnung betrete, verabschieden sich meine Pläne aber sofort von mir. "Serge?" Rufe ich laut durch die Wohnung aber wie zu erwarten bekomme ich keine Antwort. So ist es in der letzten Zeit immer. Serge ist ständig auf Achse. Entweder er ist bei Jo oder Leon oder treibt sich in Restaurants oder Bars umher. Wäre das der einzige Punkt, würde ich mich ja nicht so aufregen, aber er hinterlässt ständig die Wohnung als völligen Saustall. Überall im Flur liegen Trainingsklamotten, in der Küche stapelt sich schon wieder das Geschirr und so weiter. Ich seufze, ehe ich zu meinem Handy greif und schweren Herzens Clara absage. Ich hatte mich so gefreut, einfach mal wieder raus zu kommen.

Seufzend schaue ich mich um. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Ich gehe taktisch von Raum zu Raum vor. Klar könnte ich es auch einfach so lassen. Aber morgen bin ich wieder von früh bis spät in der Uni. Ein Gruppenprojekt muss fertig werden, dafür setzen wir uns morgen erneut nach acht Stunden Uni zusammen in die Bib und arbeiten daran. Serge wird auch irgendwann heute spät zuhause sein. Und morgen dann bis kurz vor knapp schlafen und dann gleich nach dem Training wieder irgendwo anders sein. Also bleibt es jetzt an mir hängen. Ich beginne im Flur, räume da Serges Sachen weg. Danach putze ich das Bad, das ist dringend auch mal wieder nötig. Nach dem Wohnzimmer folgt die Küche. Nach gut 90 Minuten bin ich soweit fertig mit allem. Es ist noch nicht perfekt. Aber so Sachen wie saugen und hinterher wischen müssen Abends halb elf nicht wirklich sein. Erschöpft lasse ich mich auf der Couch nieder. Und wieder ist ein Tag vorbei, an dem ich in irgendeinem Sinne Serges Bedürfnisse vor meine Stelle. Und leider kam genau das in der letzten Zeit zu oft vor.

Bevor ich aber weiter darüber grübeln kann, höre ich den Schlüssel in der Tür. Serge tritt in die Wohnung und kommt mit verwirrtem Blick zur Wohnzimmer Tür, ehe er seine Schuhe und Jacke auszieht. "Mila Maus, was machst du denn hier? Wolltest du nicht mit Clara was unternehmen?" Fragt er verwirrt und streift sich währenddessen die Jacke vom Körper. Kurz danach fliegen auch die Schuhe hinterher. Abwartend sieht er mich an. "Ja wollte ich auch, aber die Wohnung sah ja so schrecklich aus, da konnte ich nicht raus gehen." Sage ich seufzend. Serge wiederum verdreht die Augen. "Fang doch nicht damit wieder an. Ja ich war heute nun mal nach dem Training bei Leon. Ich hätte das Morgen schon gemacht." Das ist der Moment wo sich in meinem Kopf irgendein Schalter umlegt, wo ich nicht mehr weiß was ich jetzt tun soll. Mein Mund arbeitet wie von alleine, mein Herz fängt an zu rasen. "Bullshit Serge. Du bist momentan ständig auf Achse. Und auch morgen wärst du nicht nach dem Training heim gekommen. Ich habe das Gefühl, du willst hier gar nicht mehr her kommen. Als würdest du vor dem Ort, welcher mal unser Zuhause, unsere Wohlfühloase, war, flüchten. Als möchtest du gar nicht mehr hier sein." Tränen brennen mittlerweile auf meinen Wangen. "Das stimmt doch gar nicht Mila." Serge steht immer noch im Türrahmen. Seinen Blick kann ich nicht einschätzen. "Doch natürlich Serge. Wann haben wir denn mal einen Abend zusammen verbracht und damit meine ich nicht, dass du irgendwann Spätabends zu mir ins Bett gekrochen bist." Meine Stimme hat sich nun etwas angehoben. Bedrückt sieht Serge auf den Boden. "Genau, das ist es eben. Das ist ewig her. Und so oft in dieser Zeit, hab ich mich und meine Bedürfnisse hinten angestellt. Ich habe Clara immer wieder abgesagt, weil ich nach einem zehn bis zwölf Stunden Tag heim kam und hier ein einziges Chaos vorgefunden haben, welches ich erst einmal beseitigen musste, da ich genau weiß, dass du am nächsten Tag eh wieder nicht zuhause bist. Ich frage mich ja eigentlich wie du das schaffst so ein Chaos anzurichten, wenn du nur kurz hier zuhause bist." Fast schon schreie ich Serge an. Mein Herz rast, meine Wangen brennen nur so von der Tränen die da lang fließen. Meine Beine zittern, genauso wie meine Hände, welche zusätzlich nass vom Schweiß sind. In meinem Hals ist ein fetter Klos, mein Magen dreht sich gefühlt einmal rum und ich weiß was ich gleich aussprechen werden, auch wenn ich es nicht möchte. "Ich werde mich ändern Mila, wirklich." Serge sieht vom Boden nach oben. Seine treuen, braunen Augen sehen mich direkt an. Sie schimmern von den Tränen, auch er weiß glaube ich was gleich passiert. "So ein Quatsch Serge. Wie oft hast du das im letzten halben Jahr oder so behauptet? Wie oft? Und nie ist etwas passiert. Es wurde immer nur schlimmer. Immer weniger warst du Zuhause, immer mehr blieb an mir hängen, immer weniger konnte ich mich entfalten. Serge ich kann das alles nicht mehr. Ich weiß nicht wie das hier weiter gehen soll." "Mila sag sowas nicht." Unterbricht mich Serge und setzt sich neben mich. "Doch Serge. Ich habe das Gefühl ich lebe nur noch für dich, nicht mehr für mich. Ich kann mich nicht mehr ausleben, ich kann gar nicht mehr leben, zumindest nicht so wie ich es will. Ich habe das Gefühl ich verpasse was. Gerade jetzt, in meinem Alter, ich sollte ausgehen, die Welt sehen und Sachen erleben und nicht meinem Freund den Dreck hinterher räume." Ich seufze kurz, die Gelegenheit nimmt Serge um was zu sagen. "Mila bitte, ich brauche dich doch." Serge nimmt meine Hand, welche ich aber sofort wieder wegziehe. "Serge bitte mach es nicht schwerer als es eh schon ist." Sage ich unter tränen. "Ich glaube wir sollten das beenden. Ich glaube es ist besser wenn wir getrennte Wege gehen. Wir können uns beide entfalten. Uns selber kennenlernen. Leben. Ich liebe dich Serge, aber manchmal muss man sich selber mehr lieben als wen anders. Und das tue ich jetzt. Ich will dich nicht ganz verlieren, bitte, ich brauche dich in meinem Leben. Aber das hier, diese Beziehung, die geht einfach nicht mehr. Ich kann das nicht mehr. Es tut mir leid."

Und mit diesen Worten stehe ich auf. Die Tränen fließen meine Wangen herab. Der Klos in meinem Hals ist eher stärker geworden als weniger. Mit zitternden Händen packe ich schnell eine Reisetasche zusammen. Als ich alles wichtige gepackt habe, gehe ich nochmal ins Wohnzimmer. Serge sitzt immer noch auf dem Sofa starrt ins Leere und auch bei ihm fließen die Tränen. Ich hocke mich vor ihn. "Ich liebe dich Serge, vergesse das nicht, aber es ist das beste für uns es jetzt zu beenden bevor es zu spät ist." Und nach einem sanften Kuss aus Serges Wange verlasse ich die Wohnung.
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Ich hab mich mit dem Kapitel echt etwas schwer getan, aber bin nun doch ganz zufrieden. 🤓
Ich hoffe ihr hattet alle ein tolles Wochenende. Passt auf euch auf und bis zum nächsten Kapitel! 🖤

Auf & Ab | Serge Gnabry FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt