Kapitel 5

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Eden hatte inzwischen nun schon mindestens die zehnte Pause eingelegt. Die Ruder lagen einfach auf den kleinen Boot und nahmen gefühlt den halben Platz weg, was Eden aber nicht zu kümmern schien. Er spielte lieber mit dem Wasser.

„Kannst du nicht weiter rudern?", fragte Marigold missmutig.
„Mach doch selber wenn es dich so stört", entgegnete Eden lässig und verjagte einen Fisch, der sich etwas zu nah an das Boot gewagt hatte.
Genervt richtete Marigold ihren Blick in die Ferne.

Irgendwo auf den weiten Wellen des Ozeans erkannte sie ein Schiff. Es war entweder nicht sonderlich groß, oder noch zu weit weg, aber es war definitiv ein Schiff, dessen Größe dieses erbärmliche Ruderboot um Welten übertraf.
„Da, ein Schiff! Wir sind gerettet!", jubelte die Prinzessin überglücklich und wollte vor Freude aufspringen. Für diesen freudigen Moment vergaß sie allerdings, dass sie auf einem Boot waren. Sofort fing das winzige Schiff an zu wanken was beiden Passagieren einen erschrockenen Schrei entlockte, bevor sich die Lage wieder beruhigte.
„Spinnst du?", fuhr Eden Marigold wütend an.
„Tut mir leid, aber das Schiff!". Sie deutete auf das Schiff, das Eden im Rücken hatte. Weiterhin unleidig drehte Eden sich um.
„Sowas kannst du auch normal sagen", meckerte er, ergriff aber die Ruder und steuerte das Schiff an, das mit jedem Eintauchen der Ruder ins klare Meer zu wachsen schien. Tatsächlich war es ein Transportschiff für Personen. Keines aus der Inselnation, aber es war auch kein feindliches Schiff. Außerdem wirkte es groß genug um zwei weiter Passagiere an Bord zu nehmen.

Es dauerte nur noch zehn Minuten, bis das kleine Beiboot direkt neben dem Personenschiff her ruderte, und die Prinzessin mit dem Kapitän in die Verhandlungen über ging:

„Ich bin Prinzessin Marigold von der Inselnation, Tochter des Herzogs, und ich bitte darum an Bord gelassen zu werden."
„Eine Prinzessin alleine mit einem Bettler in einem Ruderboot?", spottete der Kapitän. Er war weder sehr alt noch sehr jung, trug gewöhnliche Kleidung und einen ungepflegten Bart.
„Ich bin kein Bettler!", protestierte Eden empört.
„Er ist ein Helfer. Mein Schiff wurde von Piraten überfallen, ich konnte nur knapp entkommen", versuchte die Prinzessin ihre Situation zu erklären.
„Na schön. Wenn ich euch aufnehme, wird doch sicher eine saftige Belohnung dabei heraus springen?", hakte der Kapitän nach.
„Natürlich. Mein Vater wird euch reich belohnen!", versicherte die Prinzessin. Für ihn waren die Worte wesentlich ernster als für den Piratenjunge.

„Nehmt sie an Bord!", brüllte der Kapitän über das Deck. Während er selber sich zurück zog, halfen einige seiner Männer den Verunglückten an Bord.

„Also dein Vater muss ja echt verdammt Reich sein", meinte Eden. Er stand an der Reling und starrte in den Himmel.
„Ja, das ist er", stimmte Marigold ihm zu.
„Was hast du eigentlich auf dem Schiff gemacht?", fragte Eden.
„Auf welchem Schiff? Ich war heute bereits auf vier."
„Auf dem ersten", entgegnete der junge Pirat. Er war nicht mehr ganz so mürrisch.
„Ich war auf dem Heimweg", entgegnete Marigold knapp. Sie wollte sich eigentlich nicht mehr als nötig mit dem Abschaum der Menschheit unterhalten.
„Von wo?", drängelte Eden allerdings weiter nach Antworten.
„Ist das wichtig?"
„Es interessiert mich eben".
„Hat man als Pirat denn keine Manieren?"
„Es hat mir niemand beigebracht", erklärte Eden.
„Naja, wenn schon die Eltern Piraten sind ..."
„Ich hatte nie Eltern", fiel Eden der Prinzessin ins Wort. Marigold stutzte.
„Ach nein?"
„Nein. Ich habe sie nie kennengelernt".
„Oh, das tut mir Leid". Kaum hatte sie das gesagt, hätte Marigold sich dafür schon wieder Ohrfeigen können. Mitgefühl für einen Piraten - das war echt das letzte. Aber es würde niemals jemand erfahren. Sie musste nur achtgeben, dass es nicht wieder vorkam.
„Muss es nicht. Ich hab sie ja eh nicht gekannt", meinte Eden. Obwohl Marigold einen Vorsatz hatte, war ihre Neugierde zu groß. Auch wenn sie als Prinzessin gelernt hatte sich hingegen ihren Bedürfnissen immer vornehm zu verhalten, und damit auch nicht neugierig zu sein, ließ sie es dieses Mal einfach darauf ankommen:
„Und wer hat dich dann aufgezogen?", fragte sie daher.
„Alle und niemand", antwortete Eden. Marigold verzog fragend das Gesicht.
„Ich musste schon seit ich denken kann das Deck schrubben. Wenn mal ein paar Piraten nett waren, haben sie mir was beigebracht. Knoten binden, Enterhaken werfen, mit Pistolen schießen oder mit nem Messer kämpfen."
„Hattest du keine Freunde oder so?", hakte Marigold weiter nach.
„Naja, eine Zeit lang habe ich mich gut mit der Tochter von der Kapitänin verstanden, aber seit einem Jahr etwa bin ich ihr egal". Eden klang enttäuscht, als er das sagte.
„Mochtest du sie? Also so richtig?"
„Ich weiß nicht...". Plötzlich wurde auch Eden klar wie intim dieses Gespräch wurde. „Ach das geht dich gar nichts an!", sagte er schroff. „Wir müssen das Schiff Sturmsicher machen, das wird heftig!"

die PiratenprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt