die Piratenprinzessin

Kapitel 6

Ihr ganzer Körper schmerzte und ihr Mund war trocken, als Marigold langsam wieder zu sich kam. Ihr war schwindelig und alles drehte sich. Sie hatte einen ungeheuren Durst und ihre Kehle kratzte. Langsam öffnete Marigold ihre Augen. Sie konnte sich kaum bewegen. Das erste was die Prinzessin sah war Sand. Sand, den sie auch unter sich spüren konnte. Das zweite was sie sah, war ihr weißes, mittlerweile wieder trockenes Unterkleid. Aber sie lag nicht. Marigold lehnte an irgendetwas. Und das nicht einfach so. Erschrocken stellte sie fest, dass sie gefesselt war. Ihre Handgelenke waren hinter ihrem Rücken zusammengebunden, und hingen an noch etwas anderem dran.

Die Schmerzen ignorierend drehte Marigold den Kopf. Sie war an einem Stein festgebunden. Es war ein hoher Stein, und er sah alles andere als leicht aus. Marigold schluckte schwer. Sie hatte das Schiffsunglück zwar überlebt, aber das hier wirkte nicht viel besser.

Neben ihr kam Eden wieder zu sich. Er war ebenfalls gefesselt, und hatte etwas weniger Glück als die Prinzessin. Er lag auf dem Bauch, wodurch er Sand in den Mund bekommen hatte. Hustend und spucken versuchte er den Sand loszuwerden, der allerdings überall an seiner Kleidung hing.

„Heilige Seegurke, was ist das hier?", fluchte er und versuchte aufzustehen, womit er sich allerdings sehr schwer tat.
Sowohl Eden, als auch Marigold hatten etwa einen Meter Seil, den sie sich frei bewegen konnten.

Gleichzeitig saß Kaisa artig auf einem Stuhl, der mehr ein Thron war. Aufgeregt wartete sie auf ihren Verlobten, den sie zum ersten Mal sehen würde. Sie hatte bereits erfahren, dass er ein Adliger aus einem anderen Reich war. Sein Name lautete Angeus. Sein größter Rivale war Graf Hektor. Alle beide hatten um die Hand von Prinzessin Marigold gekämpft, also nun um die von Kaisa. Und Angeus hatte gewonnen. Angeblich sehr zum Missfallen der echten Prinzessin. Sie konnte den Adligen angeblich überhaupt nicht ausstehen.

Schweigend saß Kaisa neben ihrem Vater. Ebenfalls mit dabei war ihre Mutter.
Irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens kündigte eine Wache das Eintreffen des Adligen und seiner Mutter an.

Einen weiteren Moment später traten eine Frau und ein Mann in die Halle ein. Die Herzogin und der Herzog erhoben sich. Kaisa tat es ihnen gleich.
Die Frau war gekleidet wie die edlen Damen, die Kaisa schon von ihren Raubzügen kannte. Sie war noch nicht alt, aber doch etwas in die Jahre gekommen. Der Mann hingegen war jung, hatte gepflegte Haare, blaue Augen, helle Haut und ein Lächeln auf den Lippen, in das sich Kaisa sofort verliebte. Dieser Mann, war bezaubernd. Er war etwa fünf Jahre älter als sie. Wenn das ihr Verlobter war, war das ein Traummann. Marigold wäre dumm, wenn sie einen solchen Kerl verschmähen würde.

Die Dame machte einen höflichen Knicks und der Mann deutete eine höfliche Verbeugung an. Der Herzog und die Herzogin erwiderten den Gruß und auch Kaisa knickste.

„Nun denn, wollen wir Euer Eintreffen doch mit einer Tasse Tee und Kuchen feiern", verkündete der Herzog.

Kaisa konnte den Blick kaum von dem Mann lassen. Er war  perfekt. Es verging kaum eine Sekunde, als sie schon neben ihm an dem großen Tisch saß. Sie hatte mittlerweile erfahren dass er wirklich der Adlige war, der sie heiraten würde. Die Dame war seine Mutter. Lady Gorinn.

Die vornehme Gesellschaft unterhielt sich, aber Kaisa bekam nur noch Wortfetzen mit. Ihre Eltern berichteten neben vielerlei anderer Sachen auch über den Zusammenstoß mit den Piraten. Lady Gorinn sah das ganze dann als Zeichen der Meeresgötter, dass Kaisa und Angeus schon sehr bald heiraten sollten. Wenn es nach Kaisa gehen würde, wäre die Hochzeit auf der Stelle. Aber ihre Eltern stimmten lediglich der baldigen Hochzeit zu. Bald, wie in den nächsten Tagen. Für den jungen Adligen kam das anscheinend ziemlich plötzlich. Aber viel mehr war er darüber überrascht, dass Kaisa als Prinzessin Marigold keine Abneigung ihm gegenüber zeigte.