XXII

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Ich saß an der Tür im Badezimmer. Sie war verschlossen und ich hörte seine Atmung draußen. Er saß von der anderen Seite und hinderte mich daran, zu gehen. „Was macht es für einen Unterschied, wenn ich es dir erzähle?" Traurig lehnte ich meinen Kopf an den Rahmen und versuchte, meine Atmung zu regulieren. „Warum vertraust du niemanden? Sind wir nicht über den Punkt hinaus? Ich kenne jede einzelne Stelle deines Körpers und du vertraust mir immer noch nicht." Ich hörte sein leises schnaufen und schloss schmerzhaft die Augen. „Du solltest erstmal lernen, dass Vertrauen sich nicht nur auf das körperliche bezieht." Danach kam erstmal nichts. Es vergingen gefühlt Stunden, wo wir einfach nichts taten. „Sein Name war Erik. Typisch Irisch ist das nicht. Er kam aus Norwegen. Gott diese nordischen. Er war meine erste große Liebe. Ich habe buchstäblich alles für ihn gemacht. Und er hat es ausgenutzt, dass ich so empfunden habe." Ich hörte ihn einmal tief durchatmen. „Was hat er dir angetan?" Seine Stimme war wütend und tief. Ich liebte es, wenn er so sprach und vor allem, wenn er so sang. „Irgendwann kam ich nach Hause und er fragte mich, ob ich ihm Geld leihen kann. In meinem jugendlichen Wahnsinn gab ich ihm. Dies fragte er mich irgendwann monatlich und dann wöchentlich. Ich gab und gab und gab." Ich schniefte kurz und wischte mir die Tränen weg. „Warum hast du das getan?" ,hörte ich ihn leise fragen. Er wusste die Antwort bereits, doch er wollte sie aus meinem Mund hören. „Weil ich ihn liebte." Ein Geräusch von der anderen Seite ließ mich vermuten, dass er aufgestanden war. Ich hörte die Schritte, die durch das Zimmer halten. „Du wolltest es hören." ,gab ich leise zu und die Schritte verstummten. „Ich weiß. Erzähl weiter." ,gab er leise zu. „Irgendwann konnte ich ihm nichts mehr geben. Meine Eltern haben sich von mir abgewandt. Eine anständige Frau gibt ihren Freund/Mann alles, was er braucht. Er wurde wütend. Also schlug er ein paar Mal zu. Jedoch hatte ich noch etwas Selbstbewusstsein. Dieses habe ich zusammengekratzt und bin gegangen. Zu meinen Eltern. Die ihn angerufen haben, um mich abzuholen. Also habe ich ihr Geld gestohlen und bin geflüchtet. Über eine Seite habe ich Ji kennengelernt, welche gerade ihr Zimmer vermietet hat. Und so entstand die Geschichte." Als ich von nebenan nichts mehr hörte, machte ich mir langsam sorgen. Leise stand ich auf und ging nochmal rüber zum Spiegel. Gott sah ich schrecklich aus. Warum musste man immer heulen, wenn man geschminkt war? Ich wusch mich schnell und kämmte mir meine Haare mit einer kleinen Bürste durch, welche hier im Bad war. Erst da blickte ich mich kurz um. Es war einfach typisch er eingerichtet. Es war in einem mattschwarz designt. Und selbst das wenige, was hier herum stand war schwarz oder dunkelgrau. Eine riesige Dusche mit Blick auf die Skyline von Seoul. Aber würde man nicht jeden dadurch sehen? Ich hörte ein leises klopfen, welches mich aus meiner Trance holte. An der Tür atmete ich nochmal ein und öffnete sie dann schließlich. Er stand vor mir und hatte nur noch seine Hose an. „Ich wollte duschen gehen." ,gab er leise zu und ich nickte nur und wollte austreten. „Das heißt nicht, dass ich will, dass du gehst." Und plötzlich war ich wieder das kleine Mädchen und wusste nicht, was ich tun sollte. „Ich habe keine Klamotten hier." ,gab ich leise zu und er grinste schelmisch. „Das würde mich jetzt nicht sonderlich stören. Lass uns duschen und dann gebe ich dir Sachen von mir. Und dann essen wir etwas und gehen ins Bett." Das war ein guter Plan. Und eine Dusche könnte ich wirklich gebrauchen, denn ich stinke unheimlich. Also fasste ich an meinen Reißverschluss und öffnete diesen.

Ich fand Kiki nirgends. Ich suchte ihn schon überall, denn ich wollte einfach nur nach Hause. Der Club verwirrte mich einfach nur und ich hatte keine Lust mehr, da Gracie auch nicht mehr da war. „Ich fahre dich. Ich habe kaum getrunken." Woni tauchte auf und ich schüttelte leicht den Kopf. „Er wird irgendwo sein und du hast hier drin keinen Empfang. Also komm schon." Was blieb mir schlussendlich übrig? Mein Kopf dröhnte und ich wollte einfach nur in mein Bett. Wir saßen im Auto und es lief ein ruhiges Lied. Dennoch war die Luft einfach am Knistern. Keiner sagte ein Wort oder machte einen Sound. „Was ist mit Yejin? Solltest du sie nicht nach Hause fahren anstatt mich?" ,fragte ich irgendwann, um diese gottverdammte Stille zu beenden. „Ihre Familie hat einen Fahrer geschickt. Sie sollte bereits zuhause sein." ,gab er trocken von sich und ich sah, wie wir an seinem Appartementkomplex vorbeifuhren. „Wo willst du hin?" ,fragte ich nervös und sah aus dem Fenster. „Ich wollte dir etwas zeigen." Na ganz toll. Die Autofahrt reichte ihm also noch nicht? Da musste er mir jetzt auch noch was zeigen? Da freuen wir uns natürlich super. Ich kratzte mich am Arm und versuchte, die Anspannung zu verdrängen. Woni merkte das und griff zu meinem Arm, um ihn runter zu nehmen. Er verschränkte seine Finger mit meinen, damit ich es nicht mehr tue. Jedoch machte mich seine Geste noch nervöser. „Tue dir nicht selber weh. Das wird nicht helfen." Gott wenn er wüsste, wie sehr mir das hilft. Nach einer Ewigkeit kamen wir auf einem Hügel an und er stieg aus, um mir die Tür zu öffnen. „Vertraust du mir?" ,fragte er mich leise und hielt mir gleichzeitig die Hand hin, damit ich sie ergriff. „Lass uns nach Hause fahren. Es wird nicht gut enden." ,widersprach ich, doch er hielt mir weiter die Hand hin und setzte einen Blick auf, welcher verriet, dass er keine Widerworte duldete. Also nahm ich schlussendlich an und stieg aus. Er ließ meine Hand nicht los und ging mit mir einen kurzen Weg zu einer Aussicht, wo niemand war. Dort war eine Bank und wir setzten uns. „Hier komme ich immer her, wenn ich nachdenken muss." Seine Hand in meiner. Das war alles, woran ich denken konnte. Und daran, dass ich ihn will. Egal wie sehr ich mich bemühe mit Kiki. Er hat mir geholfen, ihn eine Zeit lang zu verdrängen. Doch ich würde ihn nicht vergessen. „Willst du sie heiraten?" ,rutschte es aus mir heraus und bereute diese Frage zugleich. „Nein. Meine Eltern meinen aber dass es an der Zeit ist. Ich werde nicht jünger." ,gab er zu und ich legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab. „Aber so ist das hier nunmal und du kennst die Sitten und Gebräuche. Wer würde sich schon gegen seine Eltern stellen." Ich war froh, dass meine Eltern nicht so waren. Und ich frei entscheiden konnte. „Liebst du sie?" Anscheinend fand er diese Frage lustig, denn er lächelte und schnaubte kurz. Daraufhin stand ich auf und stellte mich hin, um die Aussicht zu genießen. Wieder fing ich an, meinen Arm zu kratzen und er kam zu mir und stellte sich hinter mich. Seine Arme umfingen mich und er drückte mich an sich. So standen wir einfach nur da. Sein Kopf auf meinen und wir genossen den Sternenhimmel. Irgendwann schloss ich die Augen und er wippte uns in irgendeinem Takt. Er summte vor sich hin und beruhigte mich dadurch. „Heirate sie nicht." ,sagte ich nach einer Weile und er hörte auf, weswegen ich mich zu ihm umdrehte. Endlich sahen wir uns in die Augen. Meine Hände glitten seine Oberarme hinauf und blieben in seinem Nacken liegen. „Ich bin hier. Bei dir. Komm du auch zu mir." ,flehte ich leicht. „Ji!" ,begann er leise, doch ich schüttelte den Kopf. „Nein nicht Ji. Lass es uns versuchen. Wir beide wissen ganz genau, dass Kiki und Yejin nur Auswege sind. Aber wir werden immer zueinander finden. Egal wie. Wir sind verbunden miteinander." Meine Hände legten sich nun an seine Wangen. Er sagte nichts und ich schluckte alles herunter, was mir einfiel. Dann zog ich sein Gesicht zu mir runter und küsste ihn leicht. Es war mehr ein Hauchen. Doch er legte dann seine Lippen auf meine und bewegte sie leicht. Ich schloss schmerzlich die Augen und erwiderte den Kuss. Er stöhnte leicht und umschlang mich mit seinen starken Armen, um mich näher an sich zu ziehen. Wir küssten uns einfach weiter, bis wir keine Luft mehr bekamen und uns lösen mussten. Er legte seine Lippen an meine Stirn und küsste mich dort, was einem Versprechen gleich kam. „Komm. Lass uns nach Hause." Diesmal nahm er nicht meine Hand, sondern ging einfach los. Und ich stand dort wie ein begossener Pudel. Im Aufzug blieb er stehen und kam nicht raus zu Kiki seinem Appartement. Da kannte ich meine Antwort. Er holte den Knopf raus und drehte ihn, damit er zu seiner Wohnung fahren konnte. Kurz bevor die Türen zugingen, sagte er: „Sorry." Doch davon würde es auch nicht besser werden. In Kiki's Appartement war es dunkel und still. Er war also noch nicht da und ich fragte mich, wo zur Hölle er steckte. 

Who do you Love? Monsta X Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt