11. Zusammen fallen

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Robert und Michael hatten sich das Foto der Vermissten und ihrem Freund geben lassen und sich erneut zu der Wohnung von Malia Pohl begeben. Robert hatte das Bild fotografiert und an Mia geschickt, doch auch dieses Mal hatte die Verbrecherkartei nichts ausgespuckt – falls der Exfreund wirklich dahintersteckte, war das wohl seine erste Straftat. Aber weshalb sollte der Mann erst einen Juwelier überfallen und dann schließlich seine Exfreundin? Waren Geldsorgen der Grund, oder stand etwas ganz anderes dahinter? Oder war der Mann etwa durchgedreht, hatte die Bank überfallen und es seiner Exfreundin gesteckt, die ihn dann an die Polizei verraten wollte? Hatte er sie vielleicht schon umgebracht? Solche und andere Fragen spukten den Kommissaren im Kopf herum und sie sponnen eine Idee nach der anderen, doch eine Antwort hatten sie für keine ihrer Fragen. Mia hatte ihnen zwar die Rufnummernhistorie gezogen, jedoch gab es nicht nur einen männlichen Namen auf dieser Liste mit denen ihre Vermisste häufig telefoniert hatte. Noch dazu handelte es sich bei dem vermeintlichen Entführer ja um ihren Exfreund, da war es noch unwahrscheinlicher, dass er sich überhaupt auf der Rufliste befand. Doch jetzt hatten sie immer noch nur ein Bild des Mannes und was ihnen fehlte war ein Name.

Das letzte Mal bei der Wohnungsdurchsuchung waren Michael und Alex ahnungslos gewesen nach was sie suchen sollten und auch jetzt hatten sie nur Roberts vage Ahnung, dass sich der Name des Freundes irgendwo in der Wohnung von Malia Pohl verstecken würde. Diesmal hatten sie die Wohnung schneller geöffnet bekommen, da der Hausmeister nicht im Haus war und seine Frau ihnen den Schlüssel aushändigte kaum, dass die beiden ihre Ausweise und den Durchsuchungsbeschluss gezückt hatten - eine hilfreiche Abkürzung, der Michael im Stillen Tribut zollte. In der Wohnung angekommen stellten sie jedoch erst einmal nichts auffallendes fest. Es schien nicht, als wäre jemand hier gewesen, das hätte aber auch die draußen postierte Streife mitbekommen müssen.

Michael war bereits einmal hier gewesen und seine Schritte trugen ihn direkt zu dem Büroeck in der Hoffnung, dass er dort noch etwas fand - jetzt wo er wusste nach was er ungefähr zu suchen hatte. Er wälzte Kontoauszüge und Rechnungen auf der Suche nach dem einen Namen, zog die gleichen Ordner heraus wie das letzte Mal Alex, in der Hoffnung den Namen auf einem der Kontoauszüge zu finden. Robert hingegen begab sich in die Küche und ins Schlafzimmer auf Suche nach verräterischen Fotos mit Widmung. In der Küche hatte er kein Glück, daher probierte er es im Schlafzimmer überall. In den Kommodenschubladen, im Kleiderschrank und zuletzt unter dem Bett. Dort fand er eine kleine Schatulle, die als er sie öffnete etwas Goldschmuck enthielt. Vorsichtig begutachtete der Kommissar die Ketten und Ringe, doch er konnte keine Widmung finden. Sichtlich enttäuscht packte er wieder alles zusammen und schob die Kiste unters Bett zurück. Plötzlich traf er auf Widerstand und konnte die kleine Box nicht wieder dahin schieben, wo er sie herhatte. Neugierig legte er sich auf den Boden und nahm sein Handy zur Hilfe, um etwas sehen zu können. Dort unter dem Bett, gut getarnt, lag ein schwarzer Schuhkarton. Robert streckte sich so lang, bis er mit den Fingerspitzen über den schwarzen Karton kratzte. Würde er hier fündig werden?

Alex stöhnte in ihrem Gefängnis gestresst auf und ließ ihren Blick aus dem Fenster schweifen, doch der Parkplatz blieb so ruhig wie vorher. Niemand war unterwegs, der ihr helfen konnte. Erneut griff Panik nach Alex‘ Herz und sie wusste genau, dass jeder Moment, den sie nicht nach Gerrit suchte, ihn umbringen könnte. Beim Gedanken an ihn rumorte etwas in ihrem Hirn, eine Erinnerung wollte an die Oberfläche treten, doch Alex schien es, als läge ein Schleier über ihren Erinnerungen. Gedankenverloren spielte sie mit dem Sicherheitsgurt, während sie angestrengt darüber nachdachte, was ihr entfallen war. Alex strengte sich an, ging jede Möglichkeit, jeden Fall, jede Konversation durch und mit einem Mal war alles wieder da.

Eingesperrt. Auto. Sicherheitsgurt.

Natürlich!

Es war zwar nicht Gerrit von dem sie die Information hatte, doch sie waren vor Jahren gemeinsam auf einem Seminar gewesen, in dem einer der Themenpunkte die Sicherheit von verschiedenen Automarken behandelt hatte. Damals hatte sie erfahren, dass es ältere Autos gibt, die die Zentralverriegelung durch zweimaliges Drücken der Fernbedienung so beeinflussten, dass das Auto von innen nicht geöffnet werden konnte. Wenn das der Fall war, blieb ihr nur eine Möglichkeit, sie musste die Scheibe einschlagen. Und sie wusste auch schon wie, das hatte ihr Gerrit damals verraten: Frontscheibe – Sicherheitsverbundglas, restliche Scheiben – Einscheibensicherheitsglas. Wie oft er das Alex vorgebetet hatte - natürlich nicht ohne sie vorher ungläubig anzusehen und sie zu fragen, ob sie verrückt war, so etwas nicht zu wissen. Was hätte Alex aber darauf sagen sollen? Sie hatte nun mal kein Interesse an Autos. Die waren zum Fahren da und Alex war bis dato noch nie in der Verlegenheit gewesen in einem eingesperrt zu sein.

Wo ist Gerrit Grass?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt