4. Allein

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Gerrit wurde wach, als sein Gesicht plötzlich nass wurde. Zuerst fiel ihm auf, dass man ihm während er ohnmächtig gewesen war die Hände hinter dem Rücken gelöst und sie ihm stattdessen im Schoß zusammengeschnürt hatte, etwas fester diesmal, sodass er die Handgelenke nicht auseinander ziehen konnte und seine Oberarme seine Brust beinahe einschnürten. Seine Ohren klingelten und sein Kopf fühlte sich an wie frisch gespalten und keuchend fuhr er ein Stück empor und versuchte sich zu orientieren. Doch er blickte direkt in die Birne einer Taschenlampe und wurde geblendet, sodass er die Augen schmerzerfüllt wieder schloss.

„He, aufwachen Bulle!“, fuhr ihn eine Stimme an, die er als die eines seiner Entführer erkannte. Mühsam öffnete er die Augen wieder und versuchte in eine andere Richtung zu sehen als vorher. Der Lichtkegel leuchtete immer noch in sein Gesicht, doch da Gerrit nicht mehr hinein sah, war es nicht mehr ganz so schlimm hell. Gerrit fragte sich, ob ihm mit Absicht ins Gesicht geleuchtet wurde, damit er niemanden identifizieren konnte. Also bemühte er sich an der Lampe vorbei zu spähen, konnte jedoch erkennen, dass seine Entführer weiterhin ihre blöden Masken trugen. Keine Chance für ihn irgendetwas zu erkennen. Jetzt spürte Gerrit einen Schlag gegen den Arm, was ihn zwang den Blick auf einen der beiden Männer zu richten, der sich vor ihm aufbaute. Gerrit fühlte sich nicht gut, sein Kopf wollte platzen, während seine Brust sich inzwischen eiskalt anfühlte und jede Bewegung Schmerzwellen wie ein Spinnennetz durch seinen Körper jagte.

Gerrit vermutete, dass er einiges an Blut verloren hatte, doch noch war ihm nicht ganz kalt und er war immer noch wach genug, um aufmerksam zu sein, also konnte es noch nicht lebensbedrohlich sein. Er wollte erneut versuchen die Männer dazu zu bringen ihn gehen zu lassen, doch er kam nicht einmal dazu einen Satz zu beginnen. Plötzlich und ohne Vorwarnung hielt ihm einer der beiden, der Kerl mit der dunkleren Stimme, eine Waffe an die Schläfe und zog ihn am Nacken grob ein Stück nach oben. Gerrit entfuhr ein Stöhnen und konnte nicht verhindern, dass ihm Tränen in die Augen steigen wollten. Der Schmerz wollte ihm die Luft abschnüren und der Ganove musste wohl erkennen, wie sehr diese Position Gerrit zu schaffen machte, denn er ließ ihn wieder los und beschränkte sich nun darauf weiterhin den Lauf der Waffe auf seine Stirn zu richten. Gerrit spürte wie ihm die Schweißperlen auf der Stirn standen, während er noch versuchte seinen verzweifelten Pulsschlag zu beruhigen. Sein Körper zitterte wie Espenlaub und bestand nur aus Schmerzen - es wäre ihm in diesem Moment sogar egal, wenn der Kerl vor ihm abdrückte, Hauptsache der Schmerz verschwand.

Malia hinter ihm machte einen Laut und Gerrit spürte ihre Hand an seinem Hals, doch der andere Ganove brüllte sie direkt an: „Finger weg von dem Kerl, Püppchen! Der sollte sich erst einmal anziehen, bevor du ihn überhaupt ansehen darfst.“ Malia ließ ein Geräusch hören, das an das Fauchen einer Katze erinnerte, ließ ihre Hand aber sinken und packte stattdessen das aufgerollte T-Shirt, um es über Gerrits Brust und seine Verletzung zu ziehen. Gerrit hatte seine Flanke nicht angesehen, das einzige was er bei einem kurzen Blick noch registrierte war, dass die eigentlich weißen Binden rot getränkt waren, dann war die Wunde unter dem T-Shirt verschwunden. Die Entführer ließen es ruhig geschehen und warteten kurz bis Malia das Kleidungsstück wieder hinunter gezogen hatte. Erneut sprach der Kerl, dessen Waffe sich nun an Gerrits Schläfe schmiegte, damit er ihm ins Gesicht leuchten konnte: „Bulle, jetzt mal zugehört. Wir wollen unsere Beute haben, die wir wegen dir liegen lassen mussten. Ihr packt doch so Zeug direkt weg, in diese Kammer. Dieses Reservatending. Wie kommen wir daran?“ - „Asservatenkammer“, hustete Gerrit leise und der andere gab ihm einen kräftigen Schlag gegen die Schulter, der in Gerrits ganzem Körper wiederhallte. „Klugscheißer kann keiner leiden, pass auf, dass mir der Finger nicht abrutscht. Also los, mach’s Maul auf, wie kommen wir da rein?“, fragte er erneut, während Gerrit fieberhaft überlegte wie er die Ganoven austricksen konnte. „Wird’s bald!“, donnerte der Mann mit der höheren Stimme von hinten und Gerrit war klar, dass ihm die Zeit weglief.

Wo ist Gerrit Grass?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt