Auf unseren Hof angekommen, blieb Jungwon stehen und drehte sich zu mir um. Ich war ebenfalls automatisch stehen geblieben und schaute ihn abwartend an.
"Hast du vielleicht Lust heute wieder mit uns mitzukommen, zum Basketball spielen? Du warst Letztens ziemlich gut darin.", meinte er. Ich zuckte mit den Achseln. "Weiß ich noch nicht...Es...hat aber echt...Spaß gemacht mit euch." Jungwon schmunzelte. "Du bist immer eingeladen mitzukommen."
"Hey, Jungwon, Hey Ally!", hörte ich hinter ihm Jakes Stimme. Sofort wendeten sich unsere Blick auf den Jungen, der an seiner Eingangstür stand und uns erfreut zuwinkte. Er muss wohl gesehen haben, dass wir gekommen waren.
"Naja, du kannst es dir ja noch einmal überlegen.", sagte Jungwon noch, bevor er sich verabschiedete und zu Jake ging. Dieser wollte mich jedoch nicht so schnell gehen lassen und rief mir noch schnell zu: "Willst du auch reinkommen? Meine Mutter hat gerade gekocht."
Ich schüttelte den Kopf zur Antwort. In mir wusste ich, dass ich es später bereuen würde, aber ich brauchte jetzt kurz Zeit für mich.
"Komm aber ruhig rüber, wenn du magst. Wir sind die ganze Zeit hier.", sagte er noch, bevor ich zu mir ins Haus ging.
~
Nach den Hausaufgaben, überlegte ich, was ich jetzt machen sollte. Mir erschien das Buch, was ich angefangen, hatte in den Blick und nahm es zur Hand, um weiterzulesen. Jedoch klappte es irgendwie ja doch nicht, denn die letzten Worte von Jake und auch die von Jungwon gingen mir nicht mehr aus den Kopf und ständig überlegte ich hin und her, ob ich rübergehen sollte oder lieber nicht. Vielleicht würde ich mich ja tatsächlich mit ihnen anfreunden, denn immerhin waren sie eigentlich ganz nett...
Ich seufzte und legte das Buch nachgebend zur Seite. Ich stand auf und trottete die Treppen nach unten, von wo ich schon klirrende Geräusche aus der Küche hören konnte. Hia musste wohl das Geschirr vom Mittagessen gerade sauber machen.
Unbemerkt begab ich mich zu ihr und setzte mich an die Kücheninsel auf einer der hohen Hocker. Es gab mir irgendwie Sicherheit, wie Hia mich behandelte. Man merkte, dass sie nur das Beste für mich wollte und auch nichts von mir verlangte. Sie lies mich praktisch mein Leben selber einrichten. Natürlich, die Arzttermine und so, da konnte sie nichts gegen machen, aber trotzdem fühlte ich mich bei ihr wohl. Sie gab mir das Gefühl...zu Hause angekommen zu sein.
"Hey, du Hübsche!", gab sie zu bemerken und lächelte mich an, während sie eine Schüssel abtrocknete. "Wolltest du was Bestimmtes?" Ich schüttelte den Kopf und blickte aus dem Küchenfenster.
Dass sie mich hübsch finden konnte verstand ich nicht, denn auch wenn ich nur schwarzweiß sehen konnte, waren die vielen Narben, die auf meinem gesamten Körper verteilt waren noch leicht im Spiegel zu erkennen. Vor allem der fette Strich, über mein Auge, welches ich immer mit Make-Up versuchte zu verstecken. Zum Glück hatte Hia mir dies gekauft, sonst gäbe es in der Schule nur Geläster über mich, als gäbe es das nicht schon genug.
"Jake hatte gefragt, ob ich nicht rüber kommen will. Jungwon...ein Freund von ihm, ist auch da.", redete ich laut meine Gedanken aus. "Ist doch schön! Du warst doch schonmal mit seiner Truppe mit und es war doch auch ganz gut, oder nicht?" Ich nickte. "Also...dann geh doch ruhig rüber. Jungwon ist ein echt lieber Junge, ich denke da brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Vielleicht werdet ihr ja auch gute Freunde, ihr drei.", meinte Hia, lächelte mich kurz an und lies mich mit diesen Worten in der Küche alleine. Motivierende Gedanken machten sich miteinmal in mir breit. Irgendwie tat es voll gut sich mit Hia auszusprechen.
Noch einige Zeit zögerte ich, doch dann riss ich mich zusammen, stand auf und zog mir meine Sneakers über. Sie hatte Recht, bei Jake und Jungwon brauchte ich keine Sorgen zu haben, denn irgendetwas in mir fühlte sich sicher bei ihnen. Ob es ein Gefühl war, welches zu einer Freundschaft gehörte?
Gerade war ich rüber und klingelte, da fiel mir ein, dass ich mein Make-Up ja entfernt hatte, nachdem ich in mein Zimmer angekommen war. Was tat ich jetzt? Sie würden die Narbe sehen und dann war's das. Sie würden Fragen stellen und die bekam ich schon oft genug von der Therapeutin. Vielleicht würden sie es auch ausversehen weitererzählen und irgendwann...
Da ging jedoch schon die Tür auf und automatisch setzte ich meine Kapuze tief über den Kopf, mit der Hoffnung es war auch wirklich tief genug. Jakes Mutter, Silvia, stand an der Tür und strahlte mich an, als sie mich erkannte.
"Hey, Ally! Freut mich, dass du uns auch mal besuchen kommst. Du bist aber sicher nicht für mich hier, oder?", fragte sie und zwinkerte mir zu. Ich schüttelte den Kopf. "Dann komm doch rein!" Ich tat, was sie sagte und blickte mich neugierig im Haus um. Es war kleiner, als Hias Haus, von außen, wie auch von Innen. Lauter Kleinigkeiten hingen an den Wänden oder lagen auf der Kommode.
"Geh einfach die Treppe hoch und dann die letzte Tür rechts im Flur, da ist Jakes Zimmer.", meinte sie und nickte mir aufmunternd zu. "Danke!", meinte ich knapp und leicht verwirrt. Hoffentlich fand ich es auch.
Ich trappte also die hölzerne Treppe hoch und versuchte ihrer Beschreibung zu folgen. Das Problem war jetzt nur noch meine Rechts-Links-Schwäche.
Doch da hörte ich das warmherzige Lachen, welches ich immer erkennen konnte. Also ging ich nach dem Geräusch und öffnete vorsichtig die Tür.
Unsicher spähte ich hinein, wobei mein Blick erstmal auf ein einfaches Bett und ein offenes Fenster fiel, danach auf die Jungs, die auf den Teppichboden saßen und nun überrascht zu mir schauten.
"Hi, Ally! Komm doch gerne rein!", begrüßte mich Jake herzlich. Ich öffnete die Tür ganz und machte vorsichtige Schritte in den Raum. Die Tür lies ich unauffällig ein Stück offen, so wie ich es lieber hatte. Ich wollte nicht, dass ich wieder eine Panikattacke bekam, wie im Mädchenheim. Vor allem sollten die Jungs mich nicht so kennenlernen.
"Komm setz dich doch! Wir spielen gerade ein Kartenspiel. Willst du vielleicht mitspielen?", bat Jake an. Ich zog meine Kapuze noch ein Stück weit über mein Gesicht und gesellte mich neben den Beiden auf den bunten Teppich.
Vor mir lagen ein Haufen sortierter Karten in verschiedene Stapeln gelegt, was mich verwirrte. "Kennst du das Spiel?", fragte Jungwon. Ich schüttelte den Kopf. "Kein Problem! Wir erklären es dir und fangen dann eine neue Runde an. Also natürlich wenn du denn mitspielen willst?" "Kann machen!", meinte ich schulternzuckend. "Okay, cool, also..."
Aufmerksam hörte ich den Jungs zu und beobachtete genau, was sie machten, als sie ein Beispiel brachten. Es schien ziemlich spannend auszusehen. Im Heim hatte ich mich immer gefragt, wieso die Mädchen mit den Steinen oder den Karten so hin und her legten, doch jetzt, wo es mir jemand zeigte und ich es auch selber ausprobierte, merkte ich wie viel Spaß es machte. So viel Freude war in der Luft verbreitet und wir lachten viel.
Ja...ich wusste es nicht, doch ich konnte noch lachen. Wie von selber kamen aus mir diese Geräusche und meine Mundwinkel konnten gar nicht mehr aufhören zu zucken und meine Zähne zum Vorschein bringen. Es fühlte sich einfach nur richtig an...
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Scars // Enhypen Jungwon FF
FanfictionAlly, 16 Jahre, trägt mit sich eine schwere Vergangenheit, die ihr ganzes Leben zerstört hat. Sogar Farben kann sie schon nicht mehr sehen und überall auf ihrem Körper sind Narben verteilt. Als sie zu einer Pflegemutter geschickt wird, geht sie auc...