9.Kapitel

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Am nächsten Tag war Liane schon um 5 in der Früh im Krankenhaus, da sie eine langgeplante Herz-OP durchführen musste, die niemand anderer sonst hätte machen können. Als sie um 10 damit fertig war, waren bereits alle anderen eingetrudelt und sie begannen ihren Arbeitstag. Liane wollte sich gerade etwas zu essen holen, als das Telefon des Krankenhaus zu klingeln begann. Das bedeutete nie etwas Gutes. Bailey hob ab und ihr Gesichtsausdruck sagte alles. "Leute, alle herhören! Die Fähre von Seattle ist verunglückt, wir wissen noch nichts genaueres, bis jetzt gibt es mehrere Verletzte und 5 Tote. Wir müssen auf alles vorbereitet sein. Wir fahren in Triage Teams zum Unfallsort. Grey, Stevens, Karev, ihr kommt mit mir. Yang und O'Malley, ihr bleibt hier und versorgt die hereinkommenden Personen. Alle anderen Ärzte bleiben ebenfalls hier und kommen nach, falls sie gebraucht werden. Damit stürmte sie davon und das Warten begann. Liane lief ungeduldig den Flur auf und ab und musste sich zusammen reißen um nicht laut aufzuschreien. Sie hasste diese Hilflosigkeit. Hier konnte sie nichts tun, nur warten, und sie hasste warten. Nach einer halben Stunde reichte es ihr. Sie packte alles zusammen was sie brauchte und befand sich 5 Minuten später am Helikopter-Landeplatz, um mitgenommen zu werden. Kurz bevor der Helikopter landete kam Derek auf sie zu gerannt, ebenfalls in voller Montur und mit seinem Equipment. "Ich komme auch mit, ich kann das sonst nicht. Außerdem ist Meredith dort." Verständnisvoll nickte Liane, in diesen Sachen waren Derek und sie immer schon ähnlich gewesen.

Wenig später landeten die beiden an der Unfallstelle und Liane musste zweimal hinschauen um glauben zu können was sich vor ihren Augen abspielte. Es war pures Chaos. Hunderte Menschen lagen am Boden, die Fähre war noch halb im Wasser und sie konnte jetzt schon feststellen, dass viele den heutigen Tag nicht überleben würden. Sie überlegte noch kurz wo sie anfangen sollte, diese Entscheidung wurde ihr aber von einem herbeieilenden Rettungssanitäter abgenommen. "Wir haben einen Verletzten im Schiff, wir können ihn noch nicht transportieren, er hat eine eingequetschte Brust und sein Bein steckt unter einem Balken fest." Liane nickte nur und rannte zu der angegebenen Stelle. Schon von Weitem konnte sie Hilfeschreie hören und sie begann noch schneller zu laufen. Jetzt zählte jede Sekunde. Schlitternd kam sie vor der Person zum Halten und checkte ihn ab. Es war ein junger Mann, Anfang 20 und immer wieder gab er ein leises Wimmern von sich. Sie besah sich seine Brust und musste feststellen, dass sich ein Stück Metall in seine Lunge gebohrt hatte. Liane wusste, dass das in den meisten Fällen tödlich endete und so schickte sie ein stilles Gebet Richtung Himmel. Dann machte sie sich an die Arbeit.

Verschwitzt und mit Blut beschmiert stand Liane da und konzentrierte sich darauf zu atmen. In den letzten 4 Stunden hatte sie über 10 Personen versorgt, eine Not-OP durchgeführt und zahlreiche Knochen gerichtet. Doch jetzt war es genug. Überall war so viel Leid und Schmerz. Sie hatte den jungen Mann verloren, und obwohl sie diese Situation als Ärztin gewohnt war, war es doch schlimm für sie mit ansehen zu müssen wie die Menschen vor ihren Augen starben und sie nichts mehr für sie tun konnte. So viele Leichensäcke lagen mittlerweile aufgereiht nebeneinander, so viele welche mit Kindern belegt waren. Einatmen, ausatmen, sagte sie sich selber und versuchte die Trauer nicht die Oberhand über sie gewinnen zu lassen, sie konnte später trauern. "Liane! Ich brauche dich!" Derek kam auf sie zu gerannt, in einem ähnlichen Zustand wie sie, doch er trug jemanden. Beim Näherkommen musste Liane mit Schrecken feststellen, dass diese Person Meredith war und Dereks Gesicht mit Panik durchzogen war. "Sie, sie ist im Wasser gewesen, ich weiß nicht wie lange. Sie atmet nicht. Oh Gott, Liane, bitte ich kann sie nicht verlieren!" Sofort sprang sie in Action, eine Rettungsfahrt und einen Anruf später befanden sie sich bereits im Krankenhaus und wurden von allen umringt. Sie taten alles, was sie konnten, Meredith wurde beatmet, in Heizdecken eingewickelt und 24/7 beobachtet. Doch ihr Zustand veränderte sich nicht. Irgendwann war Liane gegangen, sie konnte einfach nicht mehr. Sie hatte sich in einer stillen Ecke die Wand runterrutschen gelassen und war einfach am Boden sitzen geblieben.

In dieser Position fand Mark sie, der sie schon überall gesucht hatte und sich große Sorgen gemacht hatte. Als sie den Anruf von Derek bekommen hatten, wusste er für kurze Zeit nicht, wer von den beiden Frauen ins Wasser gestürzt war. Er hatte Todesängste ausgestanden. Und als dann klar wurde das es Meredith und nicht Liane war, oh Gott, er hatte fast angefangen zu weinen. Er konnte sich nicht ausmalen, was er ohne Liane machen würde. Und jetzt sah er sie dort sitzen, wohlauf, müde und erschlagen, aber am Leben. Und Mark wusste, dass er Liane irgendwann einmal sagen musste, was sie eigentlich für ihn bedeutete und so nahm er sich ein Herz und trat einen Schritt vor. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Sie hatte ihn noch nicht gesehen. Er konnte das nicht, er wollte, aber er konnte es nicht. Nochmal trat er einen Schritt vor, doch genau in diesem Moment kam Addison auf ihn zu und der Moment war vorbei. "Mark wir müssen reden, hast du kurz Zeit?" Er nickte und folgte ihr.

Salvation-Mark SloanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt