Wenn man Conny vor ein paar Tagen gefragt hätte, was sie von Ella hielt, dann hätte sie gesagt, sie sei eine gut aussehende, junge Frau, mit der man auskommen konnte. Man konnte mit ihr Gespräche führen und sich eben oberflächlich über die Belanglosigkeiten des Alltags unterhalten. Das war es schließlich auch, was sie im Restaurant getan hatten. Nette Plauderei, mehr nicht. Was machst du nach der Schule? Was willst du beruflich erreichen? Was sind deine Ziele im Leben?
Ella war nicht in besonderem Maße humorvoll oder sonst irgendwas, aber man kam mit ihr zurecht. Wenn jemand anderes einen Witz machte, dann lachte sie höflich. Wenn jemand etwas Trauriges erzählte, dann zeigte sie Mitleid. Vielleicht konnte man mit ihr auch tiefere Gespräche führen, wenn man sich auf ein längeres Gespräch mit ihr einließ. Nur hatte es dazu für Conny bis dato noch keinen Anlass gegeben.
Nun saß diese junge Frau neben ihr auf einer Bank mitten auf dem Feldweg, der sonst ein Ruhepol für Conny war. Äußerlich war auch alles ruhig und denkbar idyllisch. Es war ein angenehmer Tag, an dem man das Ende des Sommers schon ablesen konnte, die Sonne hatte jedoch noch genug Strahlkraft, damit man das Ende der heißen Monate verdrängen konnte.
Die Natur spielte sich friedlich um Conny und Ella herum ab, wie ein hübsches Hintergrundbild. Zaghaft wagte sich ein Zitronenfalter in die Nähe der beiden, entfernte sich jedoch wieder, als wolle er die beiden jungen Damen höflichkeitshalber nicht stören. Oder als würde er die Stimmung fühlen können, die um die beiden herum spürbar war. Der Sturm schien sich nun zwischen den beiden jungen Frauen zusammen zu brauen. Etwas Unausgesprochenes, das knisterte wie Strom.
"Jetzt will ich aber alles wissen, jedes Detail", forderte Conny.
"Ja, ja. Lass mich überlegen, wo ich anfangen soll ...", sagte Ella und ließ ihre Augen über die Apfelbäume wandern, unter denen die heruntergefallenen Äpfel zu gären begannen und einen fruchtig-süßen Duft verströmten.
An jedem anderen Tag hätte dieser Duft Conny dazu animiert, einen Apfelkuchen backen zu wollen oder ein Stilleben mit einem Korb voll Äpfel zu malen, aber heute nahm sie ihn nur am Rande wahr. Heute hatte die Künstlerin und Hobby-Bäckerin Conny Sendepause.
"Vielleicht an dem Tag, an dem wir essen waren", half Conny Ella auf die Sprünge.
"Nein, nein. Die Puppe hatte er nämlich schon davor besorgt. Ich kann dir ehrlich nur sagen, dass er sie angeblich vom Sperrmüll hat. Was ich aber nicht glaube. Egal, auf jeden Fall lag diese bescheuerte Puppe eines Tages bei ihm im Kofferraum. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie ich mich erschreckt habe, als ich den Deckel aufgemacht habe, um unseren Einkauf zu verstauen und dann dieses Ding da lag ...", erzählte Ella und lachte nervös.
"Warum hast du nichts unternommen, wenn du von der Puppe gewusst hast?", fragte Conny verständnislos. Ella machte eine abwehrende Geste mit der Hand.
"Lass mich weiter erzählen, das kommt alles noch. Also, ich hatte die Puppe entdeckt und Danny darauf angesprochen. Er meinte nur, er würde Sam einen Schrecken einjagen wollen. Er hatte sich große Sorgen um ihn gemacht, hatte aber gleichzeitig bemerkt, dass er sich nichts sagen lassen will. Und obendrein hat er sich auch sehr um dich gesorgt. Weil er gesehen hat, dass du trotz allem doch immer wieder zu ihm ins Auto steigst ...", sagte Ella.
"Was hätte ich denn tun sollen? Auf mich hat er genauso wenig gehört wie auf Danny und alle anderen, die ihm etwas sagen wollten", wehrte sich Conny.
Ella zuckte die Schultern als würde sie diese Grundsatzdiskussion lieber auf ein Später vertagen wollen, das es nicht geben würde. Dann fuhr sie fort: "Ich habe ihn dann natürlich gefragt, was er denn genau damit vor hatte. Und er hat mir gesagt, er würde sie einfach nur nachts auf die Motorhaube von Sam legen wollen, mit einem Zettel darauf. Auf dem sollte so etwas wie 'Es kann jederzeit passieren' oder so stehen. Keine Ahnung. Ich fand die Idee bescheuert und habe ihm das auch gesagt. Dann hat er fortan nichts mehr davon erwähnt und ich dachte auch, dass er die Idee selbst verworfen hatte", sagte Ella.
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Höchstgeschwindigkeit
Mystery / ThrillerDer vor Selbstbewusstsein strotzende Sam hat neben der Liebe zu seiner Freundin die Leidenschaft fürs Rasen. Vollgas zu geben und den Fahrtwind rauschen zu hören, sind die Dinge, die er braucht, um von seinen Sorgen loslassen zu können. Blitzerfotos...