Danny.
So einfach konnte das sein. Danny. Danny. Es war Danny! Verdammt nochmal, das war ja wie ... in einer Detektivgeschichte. Die Reihe an Verdächtigen wurde geprüft und wer war es? Der, dem man es am wenigsten zutraute. Nun ja ... das war zu kurz gedacht, aber trotzdem. Selbst als Conny Sam eröffnet hatte, was Danny gesagt hatte, hätte er ihn nicht unbedingt auf der Liste der Verdächtigen ganz nach oben gesetzt. Oder er hatte es nicht wahr haben wollen, dass der Typ, mit dem er so viele schöne Momente verbracht hatte, ihn derart hintergehen würde.
War es Wut? War es Enttäuschung? Da war wieder dieses lähmende Gefühl, das sich in Sams Körper verteilte wie das Narkosemittel vor einer Operation. Man merkte, wie es schleichend den ganzen Organismus einnahm, bis es sich vollkommen ausgebreitet hatte. Und dann waren alle Lichter plötzlich aus. Sam sah in Connys besorgtes Gesicht. Was dachte sie? War da eine Spur Mitleid, weil Sams Illusion gerade am Zerfallen war oder war da auch etwas Angst, dass der gute, alte, impulsive Sam eine Dummheit begehen würde?
"Wow", sagte Sam mit rauer Stimme. "Du hast es echt getoppt."
Die Worte flossen durch Sams Verstand und reaktivierten ihn. Sein Herz schlug immer schneller und fing an, sich selbst zu überbieten. Fluten an rasender Energie rauschten durch Sams Arme und Beine. Wut-Energie. Reine, pure Wut-Energie. Aber sie veranlasste ihn nicht dazu, etwas zerstören zu wollen. Sie sammelte sich in seinem Kopf und fing an zu verpuffen, wann immer dieser Name in fetten Buchstaben vor seinem inneren Auge aufleuchtete. Danny. Anders als bei den ganzen für Sam standardmäßigen exothermen Reaktionen blieb das ganz große Gewitter diesmal aus.
Anders als früher waren Sams Gedanken klar. Keine Handlungsanweisungen, die an seine Arme und Beine gesendet wurden. Stattdessen ein unendliches Skript, das durch seinen Verstand rauschte; codierte Botschaften, die er in der Schnelligkeit nicht lesen konnte. Ihm gingen unendliche Fragen durch den Kopf. Aber die würde er später fragen. Jetzt würde er mit Danny reden müssen. Ernsthaft reden. Und danach sollte der Kerl ihm am besten nie wieder mehr unter die Augen kommen.
"Sam ...", flüsterte Conny. Nun wollte sie Antworten von ihm. Was wirst du tun? Die Frage stand ihr regelrecht ins Gesicht geschrieben.
"Scheiße, verdammt! Was soll ich sagen? Ich war enttäuscht, als du mir gesagt hattest, dass Danny dir geraten hat, sich von mir zu trennen. Aber jetzt? Jetzt fühlt es sich noch schlimmer an. Nicht einmal wie Salz in einer Wunde. Viel schlimmer. Ach, verdammt ... ich bin echt froh, dass du hier bist", sagte Sam und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Seine Stimme klang heiser, wie die eines Wolfes, der schon zu oft den Mond angeheult hatte. Trotz der überwältigenden Wut wollte er nicht schreien. Conny hatte es nicht verdient, angeschrien zu werden.
Sie antwortete nicht, aber in ihren Augen konnte er ablesen, dass das die richtige Antwort gewesen war. So absurd beschissen diese Situation auch gerade war, er hatte unwissentlich genau das Richtige gesagt. Es musste der für seine Verhältnisse ruhige und beinahe gefasste Ton sein, in dem Sam diese Antwort vorgetragen hatte. Der Ton macht die Musik. Kam ihm das nicht irgendwie bekannt vor? Das jugendlich-weiche Gesicht des Wärters huschte durch Sams Kopf. Ja, ja. Der Ton macht die Musik.
"Und jetzt? Willst du jetzt immer noch mit ihm reden?", fragte Conny.
"Ja. Ja, natürlich, ich kann das nicht so stehen lassen. Ich will es von ihm hören", sagte Sam.
"Und was erhoffst du dir davon?", frage Conny.
"Ich will es einfach wissen. Kannst du das nicht verstehen? Aber ich werde erst einmal mit der Schaufensterpuppe hinterm Berg halten. Ich ... wir statten ihm einen Besuch ab. Ich sage ihm, dass ich freigekommen bin, weil es einen kleinen Fehler gegeben hat. Ich will hören, was er dazu sagt ...", sagte Sam. Seine Stimme klang gehetzt. Ja, er wollte hören, was Danny zu sagen hatte. Aber was ihn nervös machte war, dass er Conny nichts versprechen wollte, das er vielleicht nicht halten konnte.
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Höchstgeschwindigkeit
Mystery / ThrillerDer vor Selbstbewusstsein strotzende Sam hat neben der Liebe zu seiner Freundin die Leidenschaft fürs Rasen. Vollgas zu geben und den Fahrtwind rauschen zu hören, sind die Dinge, die er braucht, um von seinen Sorgen loslassen zu können. Blitzerfotos...