Höchstgeschwindigkeit

Prolog

Die gütige Spätsommersonne hatte für den heutigen Tag ausgeglüht und so lag das ruhige Wohngebiet unter der stickigen Decke der beginnenden Nacht. Ein Papiertaschentuch trudelte im lauen Windzug träge über die Straße wie ein müßiger Fußgänger. In manchen Fenstern der Häuser auf der rechten Seite brannte Licht. Ab und an wanderten dunkle Silhouetten vorbei. Vorhänge wurden zugezogen. Irgendwo ratterte ein Rollo herab.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite raschelte es leise im Gebüsch. Ein kleines rotbraunes Eichhörnchen kam hervorgestoben und schaute sich mit seinen glänzend schwarzen Knopfaugen um. Wie Überwachungskameras schienen sie keinen bestimmten Punkt zu fixieren, sondern die ganze Umgebung im Blick zu haben. Viel zu sehen gab es hier jedoch nicht. Wachsam richtete das kleine Tier sich auf und spähte nach rechts, dann nach links, wie ein Kind, das demonstrieren wollte, wie man eine Straße richtig überquerte.

Eilig huschte es davon, durch den Lichtkegel einer Straßenlaterne. Keine Sekunde zu früh, denn mit brausendem Motor näherte sich ein blechernes Ungetüm, bretterte genau über die Stelle, an der zuvor Taschentuch wie Nagetier den asphaltierten Weg passiert hatten. Grell beleuchteten die Scheinwerfer die Straße, als der Wagen durch die Straße donnerte.

Ein dumpfes Poltern.

Quietschende Bremsen.

Und für einen ganz kurzen Moment wieder Stille.