» Scheiße.« Ich wischte über mein Gesicht. Starrte den roten Umschlag vor mir an. Ich war so ein vollkommender Vollidiot.
Ich drehte den Umschlag in meinen Fingern. Es war der Brief von Azulas toten besten Freundin. Ich hatte die Post mit hochgenommen, aber Azula hatte so einen schlechten Tag gehabt, dass ich ihr den Brief einfach nicht geben wollte.
Ich hatte ihn unauffällig in meinen Rucksack gesteckt.
Das war nun schon fast zwei Wochen her und ich hatte es einfach vergessen.
Okay, das war kein Problem. Azula wusste nicht, dass der Brief da war und ich konnte ihr einfach sagen, dass er angekommen war oder ich sagte ihr, dass ich vergessen hatte ihn ihr zu geben.
Sie wird nicht sauer sein.
Sie-
Die Tür fiel ins Schloss und ich erstarrte mit den Rücken zu ihr.
» Hey Babe«, rief Azula. Ihre Schuhe landeten wie immer in der Ecke.
Ich drehte mich um, versteckte den Umschlag hinter meinen Rücken. Erstmal musste ich sehen wie es ihr ging. Sie lächelte zu mir auf.
» Alles in Ordnung?«
» Ja, alles bestens. Wie war die Arbeit?«, fragte ich, bevor ich sie zur Begrüßung küsste.
» Stressig, ich will einfach nur meine Füße hochlegen. Henry wollte später vorbeikommen, wenn das Sakura House geschlossen hat.«
» Cool«, antwortete ich, drehte den Umschlag in meinen Finger.
Ach verdammt.
» Ich hab etwas für dich.«
Sie legte den Kopf schief. Also nahm ich den Umschlag vor. Er sah mitgenommen aus, weil er in meinem Rucksack total zerknittert war. » Der Brief von Risa.«
Sie riss ihn mir aus den Händen. » Ich dachte schon Louisa hätte ihn vergessen.«
Ich rieb über meinen Hinterkopf. » Ehrlich gesagt, habe ich ihn vergessen.«
Ich konnte und wollte sie nicht anlügen. Eine Falte bildete sich auf ihrer Stirn, als sie mich mit schief gelegtem Kopf ansah.
» Ich hatte ihn aus dem Briefkasten geholt und wollte ihn dir geben, aber dann kamst du weinend aus der Kammer und... Dann habe ich den Brief in meinen Rucksack gesteckt und vergessen. Wirklich, ich wollte ihn dir geben. Als ich ihn grade gefunden habe-«
» Schon gut.« Sie griff meine Hand bevor ich nach ihr greifen konnte. » Jetzt habe ich ihn ja.«
» Es tut mir leid.«
» Wie lange war er jetzt in deinem Rucksack?«
» Zwei Wochen.«
» ZWEI WOCHEN?« Sie riss die Augen auf. » Du weißt genau wie ungeduldig ich auf diesen Brief warte, Yves.«
» Ich habs vergessen, du hast ihn auch nicht mehr erwähnt und er war im Seitenfach.«
» Gut, okay. Okay.« Sie ließ mich los und setzte sich auf die Couch. Noch immer hatte sie ihre Jacke über ihrem Arbeitsklamotten an. Ich habe ihr schon so oft gesagt, dass sie sich auch dort umziehen könnte, damit sie nicht fror, aber sie hörte mir einfach nicht zu. Wir hatten maximal zehn Grad und Azula war nunmal klein und dünn. Ich wollte nicht, dass sie krank wurde, aber sie ignorierte es immer wieder.
Sie starrte den Umschlag an, aber öffnete ihn nicht.
» Wie wäre es, wenn du dich erstmal umziehst und dann-«
» Sei still«, zischte sie.
Sie war wütend. Ich verstand es.
Also ließ ich mich aufs Bett fallen. Nach meiner schlaflosen Nacht war ich wahnsinnig erschöpft, aber ich konnte einfach nicht nicht auf Azula warten. Es war immer noch ein komisches Gefühl, wenn sie auf Arbeit war, aber ich nicht. Lieber würde ich den ganzen Tag im Sakura House verbringen, auch wenn ich nie wieder einen Fuß da reinsetzen wollen würde. Nur leider arbeitete ich noch immer dort.
Mit der flachen Hand knallte Azula den Brief auf den Couchtisch, bevor sie ihre Jacke von ihrem Körper riss und auf die Couch warf. Dann riss sie den Kleiderschrank auf und rupfte sich einen Pullover aus dem Haufen, sowie eine Jogginghose.
Ich sah ihr dabei zu, wie sie sich wütend umzog. Wie konnte ich es besser machen? Sollte ich gehen? Bleiben, mich neben ihr setzen und sagen, dass sie den Brief öffnen sollte, wenn sie bereit dafür war? Mich entschuldigen, weil ich ein Idiot war? In die Küche gehen und beginnen etwas zu essen zu machen, obwohl sie wahrscheinlich keinen Bissen essen würde?
Ich wusste es nicht und dass machte mich so nervös, dass meine Beine wippten und ich mit den Knöcheln knackte. Azula bemerkte es und sah mich an. Ihre Wut verpuffte und sie kam zu mir. In den großen Klamotten, weil sie einen Pullover von mir erwischt hatte, sah sie noch kleiner aus. Sie nahm mein Gesicht in die Hände, die noch immer in den Ärmeln streckten, da sie einfach zu lang waren.
» Ich bin nicht sauer, ich glaube dir, wenn du sagst du hast es vergessen.«
» Du bist sauer«, sagte ich. » Wenn nicht auf mich, dann auf was anderes«, fügte ich hinzu, damit sie mich nicht falsch verstand.
Meine Beine wippten immer noch und ich konnte meine Finger nicht still halten, also griff ich nach dem Stoff, der nach ihrem Waschmittel roch. Ich fühlte mich wie ein kleiner Junge, es war schrecklich. Beinah so wie damals, als mein Vater auf meine Mutter losging und ich zitternd in meinem Bett saß und nichts tun konnte.
So fühlte ich mich jedes Mal, wenn ich begann vor Azula rumzuzappeln und sie versuchte mich zu beruhigen.
» Ich bin sauer, weil ich den Brief nicht öffnen kann«, sagte sie ruhig. » Jetzt hör auf zuzappeln, Yves.« Sie küsste meine Stirn und strich über meine Haare, die verwuschelt in meiner Stirn lagen. Bei ihrer Berührung beruhigte ich mich sofort. Ich legte meinen Kopf an ihre Brust und atme ihren Geruch ein.
Ich war so wahnsinnig erschöpft. Dabei sollte ich anstatt mich so aufzuführen, für sie da sein.
» Du hast nicht geschlafen oder?«, fragte sie.
» Nein«, nuschelte ich in den Stoff.
» Sieht man dir an. Leg dich hin und ruh dich aus.«
» Nein, wenn du den Brief öffnest, will ich für dich da sein.«
» Ich werde ihn eh noch nicht öffnen.«
» Aber-«
» Pssht.« Sie massierte meine Kopfhaut. Meine Augen fielen zu. Sie begann zu summen. Ich erkannte das Lied nicht, aber das ist meistens der Fall, wenn sie vor sich hinsummte.
» Azula«, nuschelte ich, versuchte wirklich nicht einzuschlafen. Doch sie drückte mich sanft nach hinten, hörte nicht auf durch meine Haare zu fahren und ich schlief ein.
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Two Empty Hearts
Romance» Teil 1 des Empty-Heart-Duetts Azula Blackburn möchte einen Neuanfang, leider fällt dieser total ins Wasser. Wortwörtlich. Durchnässt befindet sie sich schließlich im » Sakura House«, statt bei ihrem Bewerbungsgespräch. Dort trifft sie auf die Wesc...