Kapitel 1

65 8 0
                                    

Felix POV

"Mach schnell sonst kommst du wieder zu spät. Pass auf dich auf!" Ohne etwas darauf zu antworten ziehe ich meine Schuhe an und lasse das perfekte Haus zurück. Es ist zwar sauber, aber etwas unordentlich im Garten. Vor dem großen Küchenfenster steht das Gras bis zum Fensterbrett, damit die Insekten in dieser Großstadt wenigstens etwas Natur genießen können. Ich liebe es in diesem Haus und noch mehr liebe ich es in meinem Bett, was echt beschissen ist, denn ich verschlafe jeden zweiten Tag.

Scheiße! Ich bin schon wieder zu spät. Noch einmal und ich werde dem Unterricht verwiesen. Schon wieder. Das kann ich mir nicht erlauben. Vor allem weil wir mitten im letzten Jahr sind und ich viel zu viel verpassen würde. Meine Noten würden abstürzen und das kann ich mir nicht erlauben. Alles muss immerhin perfekt sein, wenn ich Arzt werden will.

Ein paar Straßen von dem Haus entfern, in dem ich groß geworden bin, befindet sich eine kleine Einkaufsstraße, die ich immer passieren muss, um weiter in die Innenstadt und zu meiner Schule zu kommen. Doch irgendwas ist anders als sonst und dann höre ich die schrille Sirene. Zuerst denke ich, das meine Kopfhörer den Geist aufgegeben haben - immerhin sind die schon fünf Jahre alt - doch es stammt von dem Laden auf der anderen Straßenseite. In diesem Schmuckgeschäft ertönen mehrere hektische Schreie und viele Passanten verdoppeln ihre Geschwindigkeit. Völlig in Trance bleibe ich stehen, obwohl es deutlich besser wäre, wenn ich schnell verschwinde. Dann donnert ein Schuss. Schneller als mein Gehirn es realisieren kann, drückt sich mein Körper an das Auto vor mir. Lauthals brüllt ein Mann aus dem Laden. Ein zweiter Schuss ertönt und die Zeit scheint still zu stehen. Ganz kurz spüre ich den Schock der Menschen um mich herum, dann merke ich, wie die Panik ausbricht... Aus dem Laden dringen Schreie und mir fällt nichts besseres ein, als mich an das lebensrettende Auto zu pressen, was mich und den Schützen im Laden voneinander trennt. Dann bricht pures Chaos aus, was ich nur hören kann.

Toll Felix, wieder kommst du zu spät. Wenigstens ist es diesmal berechtigt. Dann höre ich von weitem endlich die Polizeisirenen und wenig später stehen sie überall. Mein Atem geht schnell und ich versuche meinen Puls wieder in den normalen Bereich zu bekommen, wärend ich weiter am Boden hinter dem Auto hocke. Noch einmal lasse ich alles was gerade passiert ist in meinem Kopf abspielen. Es sind Schüsse gefallen. Garantiert ist jemand verletzt. Doch anstatt ich irgendwas mache, verharren meine Muskeln in der selben Position, obwohl mein Gehirn sagt, das sie sich bewegen sollen.

"Hallo?" Plötzlich ist eine Stimme ganz nah bei mir und ich zucke heftig zusammen. "Geht es Ihnen gut? Können Sie aufstehen?" Der Polizist der mit mir spricht ist groß gewachsen und hält mir seine Hand hin. "J-ja mit geht es gut. Was ist passiert?" Ohne seine Hilfe in Anspruch zu nehmen, stütze ich mich auf und missachte die letzten verkrampften Muskeln meiner Beine. Immerhin wurde ich nicht verletzt. Keine Ahnung wie lang ich hier unten saß aber langsam beruhigen sich meine Gedanken und mein Herz. "Wie heißen Sie?" "Felix Lee." Er nickt, notiert es sich. "Sie haben alles mitbekommt?" Ich nicke. "Dann melden wir uns nochmal bei ihnen." Er nimmt meine kompletten Personalien auf und sieht mich nochmal prüfend an. "Geht es Ihnen wirklich gut?" Wieder nicke ich. "Ist jemand verletzt?" "Darüber dürfen wir noch keine Auskunft geben." Er lächelt schmal.

"Chris!" Er sieht hinter sich, zu einem muskulösen Mann, der sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. "Das bin ich. Sie werden von uns hören." Meint er noch, bevor er geht, dem Polizisten kurz auf den Rücken klopft und dann mit ihm im Laden verschwinden.

Damit bleibe ich allein stehen, während ich den Schmuckladen noch einmal musstere und mich dazu entscheide nicht zur Schule zu gehen. Meine Mutter wird eine Entschuldigung schreiben. Wärend ich nach Hause laufe, kann ich das von vor einer Stunde nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Jemand hätte mich erschießen können und ich hätte es nicht verhindern können. Ich will Arzt werden und konnte nicht helfen.

Du willst aber auch kein Militärarzt werden. Also alles gut. Beruhigt mich meine innere Stimme und erneut atme ich tief durch, um den Schock endlich aus meinem Körper zu vertreiben.

Love Juri

Love The Policeman - Changlix Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt