Kapitel 6

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Felix POV

"Hast du die Hausaufgaben? Felix? Hallo?" Jisung schnipst mir vor der Nase rum. "Warum so abgelenkt. Hilf deinem besten Freund." Ich bin so beschissen aufgeregt. Diesmal war alles richtig. Changbin und ich schreiben seit ein paar Tagen und heute hatte er mich nach einem Date gefragt. Ein richtiges Date! Ich hatte noch nie ein Date. Ich hatte mir früher so sehr gewünscht meinen ersten Kuss beim bei so etwas schnulzigem zu verlieren. Stattdessen habe ich ihn an ein Mädchen beim Wahrheit oder Pflicht Spiel verschenkt, was absolut keine Gefühle in mir aufgebracht hat.

"Ist irgendwas?" Fragt jetzt auch Hyunjin. "Ich muss euch was sagen." Beide schauen mich erwartungsvoll an. "Ich habe ein Date also eine Verabredung." "Was!? Mit wem und wann? Heute?" Ich nicke. "Es ist heute und ich fühle mich ganz wackelig." Kurz stoppe ich. Keine Ahnung, was sie von den zwölf Jahren Altersunterschied halten. "Und es ist mit Changbin. Dem Typ auf der Party vor ein paar Wochen." Sie nicken aufgeregt. "Wie könnte man den vergessen. Er hat dich völlig um den Finger gewickelt. Aber ich dachte, er hat dir einen Korb gegeben." Ich schlage Jisungs Arm, um ein wenig Anspannung abzuschütteln. "Ah, wofür war das denn?" "Nur so. Ich hab so schiss. Außerdem hatte ich noch nie ein Date. Was ist, wenn ich alles falsch mache und er mich vielleicht doch nicht so anziehend findet?" "Komm runter!" Jisung schüttelt meine Schultern kräftig durch.

"Wann ist es denn?" "Eine Stunde nach der Schule in einem total schönen Café. Ich habe es mir natürlich angeschaut und mir dazu ein Outfit erstellt. Immerhin will ich weder zu overdressed oder underdressed kommen. Außerdem..." Hyunjin hält mir den Mund zu. "Es scheint als wärst du vorbereitet. Warum machst du dir so viele Gedanken?" Verwundert sehe ich ihn an. "Nur mein Outfit ist perfekt. Es gibt so viele Sachen die falsch laufen können. Vor allem, weil er bestimmt zehn mal so viel Erfahrung hat wie ich." Jisung verdreht die Augen. "Naja, er ist halt zwei, drei Jahre älter als du, das sagt gar nichts aus." "Hm." "Warum ziehst du so ein Gesicht? Unser Felix schafft das schon. Jetzt sag mir endlich, ob du die Hausaufgaben hast. Wenn ich die nochmal vergesse, bekomme ich extrastunden." Wortlos schiebe ich Jisung meine Aufzeichnungen hin, der sie sofort abschreibt.

Mach dir doch nicht immer so viele Gedanken. Es wird schon alles gut gehen.

Vor dem großen Spiegel in meinem Zimmer fühle ich mich heute besonders gut. Das dunkle Grün meines Hemdes passt perfekt zu der edlen Stoffhose und ich fühle mich hübsch. Noch einmal betrachte ich meine zahlreichen Ohrringe. Mit sechzehn habe ich meinen ersten Helix bekommen und hab seitdem wie eine Sucht, was bedeutet, das ich jetzt mehrere an jedem Ohr habe. Plus einen Industrial in meinem linken Ohr. Meine Mutter wirft immer einen leicht skeptischen Blick darauf, so wie mein Sportlehrer, der mich schon mehrmals verwarnt hat, doch mir gefällt es. Leicht nervös spiele ich mit meinem Zungenpiercing, während ich mit dem Bus zu dem Café fahre. Fast genau davor hält er an der Haltestelle und ich merke mit schrecken, das ich schon fünf Minuten zu spät bin. Was gibt das für einen Eindruck?

Doch er selbst ist noch nicht anwesend. Ist er etwa auch so jemand wie ich, der egal wie früh er startet immer zu spät kommt? Wahrscheinlich, denn auch nach weiteren fünf Minuten kommt er nicht. Vielleicht steht er im Stau? Ohne etwas zu Bestellen warte ich weitere zehn Minuten und werde langsam unruhig. Ich glaube nicht, das er mich hier sitzen lässt. Doch mittlerweile kommt er schon zwanzig Minuten zu spät. Ich sollte ihn anrufen. Ich tippe auf seinen Kontakt und höre wie es wählt. Doch er nimmt auch beim dritten mal nicht ab. Vierzig Minuten warte ich auf ihn, wenn er dann nicht da ist, gehe ich. So ein Idiot! Traurig spiele ich mit meinen Händen, während ich den Leuten auf der Straße zusehe.

Ich warte eine ganze Dreiviertelstunde und bestelle mir allein einen Kaffee. Der will mich doch verarschen! Deprimiert trinke ich und höre beiläufig der Musik zu, die hier wirklich gut ist. "Darf es noch etwas sein?" Ich schaue den Kellner an und schüttle den Kopf. "Eigentlich warte ich auf jemanden." Der Kellner sieht mich etwas lächelnd an. "Entschuldigen Sie die frage, aber sind Sie Felix Lee?" Verwirrt nicke ich. "J-Ja, woher wissen Sie..." "Changbin hat von Ihnen erzählt." Jetzt werde ich erst richtig aufmerksam. "Felix reicht komplett aus." Meine ich. Ich mag es immer noch nicht, wenn mich Menschen so förmlich ansprechen. "Wissen Sie warum er nicht kommt?" Er zuckt nur die Schultern. "Seine Arbeit ist ziemlich unvorhersehbar. Er hat garantiert einen Einsatz." Immernoch deprimiert nicke ich. "Dann bringt es wohl nichts, hier noch weiter sitzen zu bleiben?" Er nickt. "Es tut mir wirklich leid. Changbin ist eigentlich ein sehr vertrauensvoller Mensch. Euer Start ist so mittelmäßig würde ich sagen." Er versucht mich sichtlich aufzumuntern, was leider absolut nicht funktioniert.

Ich hatte schon die wildesten Fantasien, was heute alles passieren würde, doch das er gar nicht kommt... Das Szenario bin ich nicht durchgegangen. Etwas traurig stehe ich von meinem Platz auf. "Dann würde ich jetzt einfach gern bezahlen." Ich lächle leicht, damit der Mann vor mir denkt, seine Aufmunterung hätte funktioniert. Er soll sich nicht schlecht fühlen, weshalb ich einfach schmunzle und so tue als würde mir es nicht wirklich etwas ausmachen, versetzt worden zu sein. Ich bezahle meinen Betrag und ziehe meine Jacke über. "Ich heiße übrigens Minho. Vielleicht begegnen wir uns noch einmal." Ich winke ihm zum Abschied. "Hoffentlich." Wenn Changbin so weiter macht, glaube ich nicht daran.

Sobald die Tür zu fällt und mir der Wärme Sommer Wind ums Gesicht fährt, laufen mir Tränen über die Wangen. Diese sind völlig unnötig und sofort wische ich sie weg. Selbstmitleid. Changbin muss seine Abwesenheit gut begründen und selbst dann weiß ich nicht, ob ich mich noch einmal mit ihm treffe. Vollidiot. Aus lauter Wut gehe ich in meinen Lieblings Buchladen und kaufe mir gleich einen ganzen Stapel neuer Bücher. Changbin kann mich mal, mit seinem viel zu perfektem Aussehen und seinen wundervollen breiten Schultern. Dabei habe ich mir heute so viel Mühe gegeben.

Love Juri

Love The Policeman - Changlix Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt