Kapitel 37

208 6 3
                                    

TW SVV
"Ich habe 2 Gründe gegen das reden vergessen. 1. macht es Menschen nur besorgter und 2. sagt man meistens mehr als man wollte und fühlt sich dann schlecht." fing Jacky nach etwas Stille wieder an.
"Aber wenn du es erzählst war es vielleicht auch was, was dringend mal raus musste. Und die Sorge ist meistens auch begründet. Aber auch geringer, wenn man weiß was los ist. Worauf man achten muss und so." erklärte Phil die andere Perspektive.
"Sagen einem nicht sonst alle immer man soll trauern so lange und wie man will? Warum wollen mich dann jetzt alle zwingen zu tun was sie für richtig halten?"
"Stimmt schon, aber manche Menschen schaffen die Menge an Trauer nicht alleine mit ihren Mitteln. Oder greifen zu Verletzungen." erklärte der Arzt und sah seine Kollegin an.
"Denkst du etwa?" fragte Jacky etwas erstaunt.
"Ja. Es passt alles. Du hast einen extremen Hass auf dich selbst, du gibst dir die Schuld für alles und hast schon viel verloren, also eigentlich alles." begründete er seine Theorie.
"Mache ich aber nicht. Ich schneide mich nicht selbst."
"Es gibt auch andere Formen davon."
"Hast du schonmal jemanden verloren, der dir wichtig war?"
"Nicht wirklich, nur meine Uroma las ich klein war. Ich kannte sie nicht wirklich, ich war 5."
"Das ist ein Ereignis was einen komplett aus der Bahn schmeißt. Da ändern sich der Alltag schon mal. Was du als verletzend siehst, ist nur kurz. Bei mir halt dann wieder dauerhaft, weil ich irgendwie immer um jemanden Trauer."
"Wollen wir wieder hoch gehen oder hier sitzen bleiben?"
"Ich komme gleich nach, ich würde erst kurz duschen gehen."
"Ok, komm danach einfach runter."

"Wo ist Jacky?" fragten Alex und Birgit sofort, als Phil ohne sie den Raum betrat.
"Duschen. Wir haben etwas geboxt und geredet. Hat einer von euch schon jemanden Verloren? Also jemand der euch sehr wichtiger?"
"Nein. Warum fragst du?" meinte Birgit.
"Wurde ich eben gefragt. Ich denke sie hat das Gefühl, wir wissen nicht ansatzweise wie sie sich fühlt. Wenn die Antwort ja wäre, sollte man es ihr erzählen."
"Ich habe meine kleine Schwester verloren. Also ich war 4 und sie eine stille Geburt. Das kann man so ganz nicht vergleichen."
"Doch, sie hat ihre kleine Cousine, die wir eine Schwester war, mit 5 sterben sehen. Sie hat sie zwar vorher kennen gelernt."
"Das ist schlimmer, ich kannte sie ja zu keinem Zeitpunkt."
"Könnt ihr bitte damit aufhören?" unterbrach Jacky die Diskussion.
"Womit?"
"Trauma zu vergleichen. Wem es schlimmer geht und wer mehr leiden darf?" meinte die jüngste und setzte sich auch aufs Sofa.
"Was machen wir heute?" fragte Birgit.
"Wandern." schlug Jacky vor.
"Gute Idee. In einer halben Stunde?"
"Passt."
Uns so verbrachten die 4 den ganzen Tag in den Bergen.
Abends saßen sie wieder auf dem Sofa.
Jacky wollte kurz telefonieren und so redeten die drei alleine.
"Die Liste habe ich Mental abgearbeitet. Ihr?" fragte Birgit.
"Auch." meinten die beiden.
"Sie schläft nicht genug, sie war nachts schon wieder wach." berichtete Phil zu Punkt 1.
"Gefühle sind würde ich sagen Chaos oder nicht vorhanden."
"Ich gehen von unterdrückt aber sie brodeln hoch."
"Ich denke zu SSV das sie es passiv macht, mit ihrem Lebensstil."
"Wir sollten darüber mal mit ihr reden." meinte Alex.
"Worüber?" fragte Jacky.
"Wir haben am ersten Abend eine Liste gemacht mit ein paar Punkten, die wollen wir mit dir durchsprechen. Dazu musst du aber erzählen und wissen, dass wir nur deine Situation einschätzen wollen, nicht dir Vorwürfe machen oder so." erklärte Birgit und gab sie Jacky.
"Was kannst du dazu sagen?"
"Ich schlaf genug, ich esse genug, ich habe meine Gefühle und Gedanken unter Kontrolle, ich arbeite nicht mehr und Hobbys habe ich auch." meinte Jacky.
"Nein. Wir haben das mal beobachtet."
"Du bist kein Roboter, der nur funktionieren muss. Du darfst auch fühlen und so."
"Würde ich nicht genug schlafen und essen, dann würde ich krank werden."
"Du wirst krank. Ich weiß nicht ob du das merkst, aber du bist nicht mehr fit. Nicht so wie du es mal warst."
"Ich habe euch beim Wandern eben abgehängt." meinte Jacky.
"Du siehst krank aus, auch wenn du noch leistungsfähig bist. Schau mal in den Spiegel, dann siehst du das."
"Dann setzte ich den zweiten Punkt gleich mal um und gehe Schafen." verabschiedete sich Jacky.
Etwas später wollte Phil nochmal nach ihr sehen und klopfte an die Tür.
Als er keine Antwort erhielt, öffnete er die Tür einen Spalt. Er sah sie auf dem Bed liegen, Kopfhörer auf und einen starren Blick. Etwas später in der Nacht passierte das gleiche Szenario. Nur diesmal setzte er sich zu Jacky, die sich ein Buch ansah.

Jeder trägt seine Last - nur nicht jeder zeigt sieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt