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- Imke -

„Na, das klingt doch, als hättest du einen mehr als gelungenen Abend gehabt.“
„Ja, kann man wohl sagen“, sage ich und nicke leicht, während ich das Handy an meinem Ohr ein Stück zurechtrücke, „Florian ist wirklich sehr nett und wir haben uns richtig
gut miteinander unterhalten.“
„Was ja auch keine große Kunst ist, wenn man bedenkt, dass der eine Typ nur über seine Arbeit geredet hat und der andere gar nicht erst aufgetaucht ist“, entgegnet Evelyn, wobei ich ihren immer noch vorhandenen Ärger darüber deutlich in ihrer Stimme höre, bevor sie sich leicht räuspert, „aber umso mehr freue ich mich natürlich, dass ihr euch so gut verstanden habt. Wie seid ihr zwei denn jetzt verblieben? Wollt ihr euch nochmal treffen?“
„Ja, schon“, ich setze mich an den Küchentisch und schlage die Beine übereinander, „zumindest hat Florian mich gefragt, ob wir uns noch einmal sehen wollen. Aber ob daraus auch
wirklich etwas wird...“
„Jetzt sei doch nicht so pessimistisch, Liebes“, unterbricht Evelyn mich streng und ich höre an dem knarrenden Geräusch, dass sie sich etwas aufgerichtet hat, „habt ihr Nummern ausgetauscht?“
„Ja, aber...“
„Gut. Dann gib ihm drei Tage. In der Zeit sollte er sich eigentlich bei dir gemeldet und ein neues Date mit dir
vereinbart haben.“
„Und du kommst ausgerechnet auf drei Tage, weil...?“
„Weil ich eine Frau, an der ich ernsthaftes Interesse habe, nie länger als drei Tage warten lassen würde. Und so, wie du mir Florian und eure gestrige Unterhaltung geschildert hast, scheint er ernsthaftes Interesse an dir zu haben. Auch wenn du das wahrscheinlich nicht gemerkt hast, nicht wahr?“
„Oh, ich bitte dich, Evelyn“, seufze ich und fahre mir mit einer Hand durch die Haare, „das kann man doch noch gar nicht so genau sagen. Dafür ist es noch viel zu früh. Florian und ich lernen uns doch gerade erst kennen.“
„Na und? So etwas spürt man doch schon nach den ersten Minuten“, erwidert Evelyn und ich erkenne an dem Tonfall ihrer Stimme, dass sie mit dem Kopf schüttelt. „Meine Güte,
Imke. Hast du dich denn noch nie auf Anhieb von einer Person angezogen gefühlt? Oder gedacht, dass da irgendetwas ist, was euch verbindet? Etwas ganz Besonderes?“
Doch...nur nicht bei Florian...
Aber anstatt diese Worte auszusprechen und Evelyn zu
weiteren und für mich wahrscheinlich sehr unangenehmen Fragen zu verleiten, zwinge ich meine Mundwinkel dazu, sich zu einem amüsierten Schmunzeln zu heben.
„Bei all dem romantischen Gerede wundert es mich ehrlich gesagt, dass du noch ungebunden bist, Evy.“
„Vorsicht, Imke. Nur weil ich das Singleleben bevorzuge, bedeutet das noch lange nicht, dass ich kein Verständnis für Romantik habe. Eigentlich solltest du mich darin sogar um Längen übertreffen, wenn man bedenkt, wie viele Kitschromane du in den vergangenen Jahren übersetzt hast.“
Evelyns Bemerkung lässt ein leichtes Lachen über meine Lippen stolpern, welches mir jedoch kurz darauf im Hals stecken bleibt, als Tessa in einem meiner übergroßen Schlafshirts in die Küche tapst und im Gehen ihre noch vom Duschen leicht nassen Haaren in einen Pferdeschwanz zusammenbindet.
Oh Himmel...
Ich meine, ich wusste ja, dass Tessa duschen wollte.
Nachdem sie am Küchentisch sitzend den letzten Schluck ihres Kaffees getrunken und ihre Tasse zurück auf die Tischplatte gestellt hatte, hat sie mich leise und fast schon ein wenig schüchtern gefragt, ob das für mich in Ordnung wäre, was ich natürlich sofort bejaht habe. Zusammen mit der Bemerkung, dass dieses Bedürfnis auch mehr als nachvollziehbar sei, nachdem sie eine Nacht auf dem Sofa und in ihren Sachen vom Vortag verbracht hat.
Und ich hatte ihr in diesem Zuge auch erlaubt, sich an meinem Kleiderschrank zu bedienen, um so wenigstens nach dem Duschen in frische Sachen schlüpfen zu können.
Wenn ich allerdings gewusst hätte, dass Tessa sich für dieses recht...knappe...Schlafshirt entscheiden würde, hätte ich meine Aussage vielleicht noch einmal überdacht oder ihr zumindest etwas anderes rausgelegt.
Etwas was weniger...knapp ist...
Als Tessa meinen starren Blick bemerkt, bleibt sie stehen und schaut für einen Moment an sich herunter, ehe sie wieder aufsieht und mir einen verunsicherten Blick zuwirft.
„Ähm, stimmt etwas nicht, Imke? Hätte ich das vielleicht doch nicht anziehen sollen?“, fragt sie, wobei ich ein leichtes Zittern in ihrer Stimme höre.
„Nein, ähm...“, ich räuspere mich, wenn auch vielleicht ein wenig lauter als ursprünglich beabsichtigt, „nein, alles in Ordnung, Tessa.“
„Tessa?“ Evelyns Stimme lässt mich erschrocken zusammenzucken und ich könnte mich ohrfeigen, dass ich für einen Moment vergessen habe, dass ich immer noch mein Handy an mein Ohr drücke, „ist Tessa etwa bei dir, Imke?“
„Ähm...ja, Evy“, erwidere ich und sehe, wie sich Tessas Augenbrauen bei der Nennung von Evelyns Spitznamen ein Stück heben, „Tessa hat vergangene Nacht bei uns übernachtet.“
„Übernachtet?“ Auch wenn ich Evelyns Gesicht nicht sehe, kann ich das irritierte Stirnrunzeln in ihrer Stimme hören.
„Wieso das denn?“

Liebe Zwischen Den Zeilen (Imke & Tessa) (girlxgirl) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt