Freunde, fröhlichen Nikolaus euch allen :D
Unruhig tippte Nika mit ihren Fingernägeln auf dem Waschbecken herum und starrte auf das Teststäbchen, das sie dort vor wenigen Minuten abgelegt hatte. Sie glaubte, wahnsinnig zu werden, weil es so lang dauerte, bis es ein Ergebnis anzeigte. Dabei wusste sie nach ihrem gestrigen Abend mit Marten nicht einmal, was sie sich zu sehen wünschte.
Bisher hatte sie immer geglaubt, sollte sie eines Tages noch einmal schwanger werden, würden sie sich beide wahnsinnig darüber freuen. Nach ihrer Fehlgeburt war klar, dass sie sich niemals gegen ein Kind entscheiden würden. Aber Marten war in der letzten Zeit so viel unterwegs, dass sie glaubte, seine Prioritäten könnten sich dahingehend geändert haben.
Sie hatten lang nicht mehr über das Thema Kinderkriegen gesprochen, also war sie sich nicht sicher, ob er noch immer eine Familie mit ihr gründen wollen würde oder sich damit gedanklich überhaupt nicht mehr beschäftigte. Eigentlich hatte sie gestern nach dem Essen mit ihm offen über ihre Zukunft sprechen und ihm dann von Shirins – und inzwischen auch ihrer eigenen – Vermutung erzählen wollen. Doch dann waren sie unverhofft Paul über den Weg gelaufen. Zu ihrer Erleichterung hatte er sich nur auf ein Wortgefecht eingelassen, statt – wie zuerst von ihr befürchtet – unmittelbar auf ihn loszugehen. Allerdings hatte er im Nachhinein durchblicken lassen, dass er sich nur unzureichend verändert hatte und Konfrontationen noch immer nur notdürftig aus dem Weg ging. Seine lapidare Antwort auf ihre Frage, wie er sich ein Leben mit Kindern vorstellte und was für ein Vorbild er ihnen sein wollen würde, hatte sie daran zweifeln lassen, dass er für eine Vaterschaft überhaupt schon reif genug war. Viel mehr hatte sie den Eindruck, im Fall eines Falles auf zwei Menschen aufpassen zu müssen.
Nika schob die Gedanken beiseite und strich sich das blonde Haar nach hinten, ehe sie sich noch einmal nach vorn beugte und mit wild klopfendem Herzen wieder auf den Teststreifen sah. Ihr wurde beinah schwindelig, als sie erkannte, dass es endlich ein Ergebnis zeigte. Mit zitternden Fingern griff sie danach, während das Blut durch ihre Adern rauschte, ihr gleichzeitig heiß und kalt wurde und sie das Gefühl bekam, sich einmal mehr an diesem Morgen übergeben zu müssen. Tränen schossen ihr in die Augen, als sie erkannte, dass sie tatsächlich schwanger war. Sie war so verblüfft, dass sie sich auf die Toilette sinken ließ, den Blick auf das Stäbchen in ihren Fingern gerichtet. Allein die Vorstellung, ein Baby unter ihrem Herzen zu tragen, löste eine Welle des Glücks in ihr aus, doch gleichzeitig flutete sie das Gefühl von Angst und Unsicherheit.
Ihre Beziehung war seit Beginn immer wieder neuen Herausforderungen ausgesetzt. Sie hatten bisher jede Hürde gemeistert, aber die Gewissheit, dass dieses Baby sie lebenslang miteinander verbinden würde und sie von nun an immer einen Weg finden musste, sich mit ihm zusammenzuraufen, ganz egal, was passierte, ließ sie nervös werden. Wieso hatte sie auch nicht mit dem Test gewartet, bis Marten aufgestanden war? Nun saß sie hier, ganz allein, völlig überfordert, irgendwo zwischen unendlichem Glück und riesiger Unsicherheit, und hatte Bedenken, sich aufrichtig darüber zu freuen. Schwer seufzend klemmte sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Wann hatte sie aufgehört, mit Marten über solche wichtigen Dinge zu sprechen und weshalb gelang es ihr überhaupt nicht mehr, ihn einzuschätzen, was seine Einstellung bezüglich der Familienplanung anging? Was ließ sie glauben, er könnte überhaupt zweifeln? Schließlich hatte er den Verlust ihres Kindes damals ebenso betrauert wie sie selbst. Sie waren sich danach immerhin einig gewesen, dass sie es irgendwann noch einmal versuchen wollten.
Je länger sie so dasaß und ihre Ängste immer mehr von ihr Besitz ergriffen, desto wütender wurde sie; nicht auf ihn, sondern auf sich selbst. So sehr hatte sie damals unter dem Verlust gelitten. Es fühlte sich fast an wie Verrat, die Freude von schlechten Gedanken trüben zu lassen. Sie würde dem nun ein Ende setzen, Marten aufwecken und mit ihm darüber sprechen; etwas, das sie längst hätte tun sollen, um sich in diesem Augenblick weniger verloren zu fühlen.
Kurzerhand verließ sie das Badezimmer und bahnte sich ihren Weg durch den Flur zum Schlafzimmer. Ihre schwitzigen Finger fest um das Teststäbchen geschlungen, öffnete sie mit rasendem Herzen die Tür. Doch als sie Marten schlafend auf dem Bett liegen sah, alle viere von sich gestreckt, verließ sie ihr Mut sofort wieder. Sie wusste schließlich, wie launisch er werden konnte, wenn sie ihn unverhofft aus dem Schlaf riss. Ob das eine gute Grundlage für eine so wichtige Unterhaltung war? Einen Moment stand sie einfach nur so da, schaute auf ihn herab und überlegte, was nun richtig war. Plötzlich hatte sie das Gefühl, die bedrückende Enge der Wände nicht mehr auszuhalten und keine Luft mehr zu bekommen.
Ohne weiter darüber nachzudenken, schnappte sie sich im Flur ihre Winterjacke, streifte sie über und schlüpfte in ein Paar Boots, ehe sie schnellen Schrittes die Wohnung verließ. Vor der Tür angekommen, schlug ihr die kalte Dezemberluft entgegen. Der Himmel hing voller grauer Wolken und es nieselte ein wenig, doch sie setzte einen Fuß vor den anderen und huschte an Martens geparktem Wagen vorbei auf den Gehweg. Kopflos lief sie die Straße hinunter, vorbei an weiteren geparkten Autos bis zur Einbiegung, die in den kleinen Park hinter dem Haus führte, in dem sie so häufig mit Chopper spazieren gingen. Als sie sich kurz darauf auf einer Parkbank wiederfand, zog sie abermals das Teststäbchen aus der Jackentasche und schaute lächelnd darauf. Dabei strich sie mit der anderen Hand über ihren Bauch. Eine wohlige Wärme erfasste sie. Konnte das tatsächlich sein?
Da es ihr allein nicht gelang, ihre Gedanken zu ordnen, entschied sie sich, das Gespräch mit der Person zu suchen, die selbst erst kürzlich Mutter geworden war, zog ihr Smartphone hervor und klickte sich bis zu Cassies Nummer durch. Sie kannte all ihre Sorgen und Bedenken, denn sie hatte mit John ähnliches durchgemacht. Während sie ihre Nummer wählte, wippte sie nervös mit dem Fuß auf und ab. Es dauerte eine ganze Weile, bis Cassie ans Telefon ging.
„Hey...", trällerte sie fröhlich.
„Hey", grinste Nika, die durch die gute Laune augenblicklich angesteckt wurde.
„Schön, dass du anrufst. Ich habe gerade eben an dich gedacht."
Nika zog eine Augenbraue hoch.
„Ach ja?"
„Ja. Ich habe zu John gesagt, dass ich gern wieder mit dir zum Training bei Taylan gehen würde...", erzählte Cassie leichthin. Nika schmunzelte, wissend, wie John dazu stand.
„Da hat er sich sicher gefreut", kommentierte sie grinsend.
„Und wie!", platzte es aus Cassie heraus. „Ich erlebe schließlich sonst nicht mehr viel, da habe ich mir ein kleines Highlight hier und da wirklich verdient."
„Ich kann dir auch einfach ein neues Paar Schuhe kaufen", hörte Nika John im Hintergrund rufen. Sie konnte förmlich hören, wie Cassie grinsend die Augen verdrehte.
„Jetzt gerade könntest du mir eine ganz andere Freude machen und Kaia wickeln, damit ich in Ruhe mit Nika quatschen kann", konterte Johns Freundin. „Hier. Nimm sie bitte mal."
Er sagte irgendetwas, doch Nika konnte nicht verstehen, was es war.
„Endlich allein", sagte Cassie erleichtert. Nika lächelte.
„Alles gar nicht so leicht, oder?", hakte sie nach.
„Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal Zeit hatte, in Ruhe zu duschen", erzählte Cassie lachend. „Aber glaub mir – Kaia ist all das Wert."
Augenblicklich wurde Nika warm ums Herz. Es war so schön zu sehen, wie Cassie in ihrer neuen Rolle als Mutter aufging, nachdem sie so hart dafür hatte kämpfen müssen, überhaupt ein Baby zu bekommen. Als ihr der eigentliche Grund ihres Anrufs wieder in den Sinn kam, biss sie sich auf die Unterlippe.
„Ist John jetzt weg?", erkundigte sie sich sicherheitshalber.
„Ja, er ist gerade mit Kaia hochgegangen", erzählte Cassie. „Und ich nutze den Moment, um mir endlich mal einen Kaffee zu machen."
Nika runzelte die Stirn.
„Geht der nicht in die Muttermilch über?"
„Ein bis zwei Tassen sind okay, hat meine Ärztin gesagt", antwortete Cassie, ehe im Hintergrund Geschirr klapperte. „Aber um sicherzugehen, trinke ich nachmittags und abends keinen mehr, damit Kaia keine Schwierigkeiten mit dem Schlafrhythmus bekommt."
„Hmm", machte Nika, denn eigentlich war sie gedanklich bereits damit beschäftigt, wie sie es Cassie sagen sollte.
„Ich bin schwanger."
Wurde ja auch Zeit, würde ich sagen. Oder? Freut ihr euch? Also alle außer Chichi dürften jetzt voll aus dem Häuschen sein :D
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All I want for Christmas 2 | Adventskalender 2022
Krótkie OpowiadaniaEigentlich ist alles wie immer; weder Nika, noch Marten haben sonderlich große Lust, Weihnachten mit Nikas spießiger Familie zu feiern. Da kommt es Marten ganz gelegen, dass er sich gerade wieder mal in neue Schwierigkeiten hineinmanövriert hat. Blö...