Prinz Jack
Der kalte Prinz eilte über die Wiesen des Erdkönigreiches und hinterließ eine frostige Spur im seichten Gras. Er stürmte so schnell wie ein tobender Schneesturm durch die verzauberten Wälder, dass die Waldfeen den aufgewühlten Prinzen nur als einen düsteren Schatten wahrnahmen. Sie schleuderten dem Prinzen Flüche hinterher und riefen ihm entgegen, wie er es wagen konnte, ihre "eintönigen" Wiesen mit seinem Frost zu verunstalten. Die Waldfeen zürnten so sehr über ihn, dass sie sogar versuchten, dem Prinzen Dornenhecken nachzujagen. Doch er besaß eine Fähigkeit, die die Feen daran hinderte, ihr Vorhaben umzusetzen. So entkam Jack den bissigen Dornenranken und setzte seine unfreiwillige Flucht fort.
Er hatte den Verdacht, dass Königin Spring sich bei der Weide aufhielt, denn als Herrscherin von Lorule war sie zu verantwortungsbewusst, um sich von der Weide zu entfernen, wenn eine noch größere Gefahr drohte, als sie es ohnehin schon tat. Doch ohne seiner Mutter fand Jack den Weg nicht so leicht und konnte sich nur vage daran erinnern, wo die heilige Quelle der Erdlichtgöttin Terrania gewesen war. Zwar war er jedes Jahr während des Winters im Herzen von Lorule tätig gewesen, doch hatte ihm der Wald ansonsten nicht sonderlich am Herzen gelegen. Er wusste weder, welcher Baum sich wo befand, noch wie man die heilige Quelle finden oder dorthin gelangen konnte. Doch eine Spur aus Blumen ließ ihn schnell erkennen, dass er auf dem richtigen Weg war. Trotz seiner Bemühungen, die Gedanken an seine Mutter zu vertreiben, fand er es schwer, sich auf das aktuelle Geschehen zu konzentrieren. Immer wieder verlor er die Spur des blauen Enzians und musste umkehren, um den richtigen Weg wiederzufinden. Nach vielen Umwegen und der damit einhergehenden verlorenen Zeit, die er sich selbst zuschrieb, erreichte er nach einer Stunde das offene Weidentor, das die heilige Quelle beschützte. Es stand immer noch offen, und die Tiere des Waldes hatten sich davor versammelt, als würden sie das geöffnete Tor bewachen. Ein kleines Rehkitz näherte sich ihm und schnupperte an seinem eisblauen Gewand. Die Augen des Rehs spiegelten eine wunderschöne Sternennacht wider, die jedoch von bitterlicher Traurigkeit erfüllt schien. Jack erkannte sofort, dass dieses zauberhafte Tier tief betrübt war.
Als der außer Atem geratene Prinz den Kopf des faszinierenden Wesens zärtlich streichelte, ergriff es sanft den Saum seines Ärmels. Das Reh zog den Prinzen zur Quelle hin, wo die betrübte Königin an der toten Weide kniete und betete. Das kleine Kitz ließ ihn los und blickte ein letztes Mal mit einem sehnsüchtigen Blick des Sternenmeers zu ihm, bevor es in den Wald zurückkehrte. Die melancholische Königin beherrschte mit einer anmutigen Geste dichte Laubteppiche aus dunkelblauen Gedenkemein, die sich um die tote Weide legten.
»Königin Spring!«, rief er in einer dringenden Tonlage, die die Königin sofort aufschauen ließ und ihre tiefe Gedankenwelt unterbrach. Überrascht blickte sie in Jacks trübe Augen, und während sie in seinen eisigen Blick eindrang, spürte sie sofort seine Besorgnis. Noch immer um Atem ringend und bemüht, nicht in Tränen auszubrechen, stützte sich Jack erschöpft auf seine Oberschenkel und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Jack? Was ist passiert? Geht es
Euch gut?«
Sie ließ ihr langes Kleid über ihre Knöchel gleiten, näherte sich ihm in schwebenden Schritten und legte ihre zarte, besorgte Hand auf seine Schulter.
»Meine Mutter- Sie ist- «
Nach einer kurzen Atempause blickte er mit tränenverschleierten Augen auf und fuhr mit den nächsten Worten fort:
»Sie ist erfroren!«
Ein kalter Schauer durchfuhr ihn, als er die grausame Realität aussprach und der Kloß in seinem Hals verursachte immer schmerzhafteres Brennen. Für eine betäubende Sekunde konnte Jack keine Emotion spüren, doch dann begannen seine Adern zu kochen, und eine unaufhaltsame Welle der Wut erfasste sein Herz. Es war ein Zorn, den er der Finsternis zuschrieb, als er den undurchsichtigen, finsteren Nebel in der leuchtenden Glaskuppel tanzen sah.
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Das letzte Element
Fantasy~Buch 1~ Die Schatten umhüllten Garon vollständig und tanzten wie düstere Geister um ihn herum. Obwohl Lyra wusste, dass sie nicht über besondere Fähigkeiten verfügte, um sich mit ihm im Duell zu messen, fürchtete sie sich nicht vor ihm. Tief in si...