Lady Maridith
Es war ein eigenartiges Gefühl, ohne ein schützendes Licht durch den dunklen Wald zu stapfen, begleitet von der Finsternis. Maridith und drei weitere Dämonen liefen hinter Garon her, der die Finsternis beiseite schob, als würde er eine unsichtbare Wand zerreißen. Ihr kam der Gedanke, dass sich die Finsternis doch nicht so leicht bändigen ließ, wie er es ihr klarmachen wollte. Sie wirkte sehr wild und lechzte gierig nach Blut, auch wenn Garon sie mit seiner Macht zurückdrängte.
Es konnte nicht anders sein, davon war Maridith überzeugt, denn niemand konnte stärker sein als die Finsternis. Zu dieser Erkenntnis gelangte sie auch, als er ihnen sagte, dass trotz allem keiner in die glühenden Augen sehen durfte und die kratzenden Rufe ignoriert werden sollten. Es machte sie ebenfalls stutzig, dass er darauf bestand, die Angst zu verstecken, als würde sie mit einem Licht durch die Finsternis laufen. Letztendlich blieb für Maridith die Frage offen, was er nun wirklich beherrschte. War Garon wirklich so mächtig, wie er vorgab zu sein?
Während Maridith stark über seine Macht nachdachte, bemerkte sie nicht, dass sie seit einer Stunde seinen Schritten bereits gefolgt war. Garon hatte nicht nur sie und die drei Dämonen mit sich genommen, sondern auch verlorene Seelen folgten ihm. Sie sprangen hin und wieder durch die Finsternis, kehrten in spielerischer Stimmung zurück und tänzelten mit sanften Lachen um Garon herum. Es waren Seelen, die willenlos das taten, was sie wollten, es sei denn, Garon befahl ihnen etwas. Doch dieser schien zu beschäftigt zu sein, um sich mit den Seelen herumzuärgern.
„Wir sind da." Garons finstere Stimme ließ Maridith erschaudern, und sie bemerkte, dass auch die Dämonen hinter ihr zusammenzuckten.
Das Licht des Weltenspiegels war vor Garon gut zu sehen und glitt durch seine ausgebreiteten Fingerspitzen. Mit jeder Bewegung schien sich der Radius des Lichts zu einem großen Kreis zu entwickeln. Als sie den Lichtkreis betraten, ließ Garon seine Hände sinken, und die Finsternis verschwand im dunklen Wald. Maridith erblickte sofort die weißen, prachtvollen Rosen, die sich um den Spiegel schlängelten. Solche Schönheiten hatte sie seit vielen, vielen Jahren nicht mehr erblickt. Immer wieder hatte sie mit ihrer Magie versucht, die vertrockneten Rosen im Schlosspark wachsen und erblühen zu lassen, doch sie verdorrten sofort. Nun schien Lyra, ohne dass sie es vermutlich mitbekam, diese weißen Rosen erblühen zu lassen. Es war ihr irgendwie gelungen, dass der Spiegel in ihrer Gegenwart solch starke Magie ausübte. Das musste etwas Bedeutendes bedeuten, davon war sich Maridith sicher.
Im Augenwinkel sah sie, wie Garons Augen sich beim Anblick der Rosen verfinsterten. Ihm schien klar zu werden, dass Lyra viel mehr inneres Licht in sich trug als jeder andere Dämon, insbesondere er selbst. Bei diesem Gedanken konnte Maridith ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Garon ließ einen Schatten in seiner rechten Hand gleiten. Dann hielt er sie vor seinem Körper und bändigte den Schatten zu einem wilden Sturm, der immer dunkler wurde. Dieser Sturm breitete sich über seine gesamte Hand aus, und als wäre dieser schwarze Schatten reines Gift, ließ er die wunderschönen weißen Rosen verdunkeln.
Plötzlich wurde der einst wunderschöne Spiegel zu einem Trauerspiel. Maridith sah zu, wie eine Rose nach der anderen zerbröselte, ähnlich wie der Schmetterling, der sich einst auf ihre Nase gesetzt hatte. Prompt verschwand ihr Lächeln, und sie presste ihre Zähne aufeinander. Sie musste sich stark zusammenreißen, denn Garon hatte nicht nur ihre eigene Tochter, sondern nun auch Lyra mit dieser Geste verspottet.
„Ihr drei! Kommt zu mir!", befahl Garon den drei Dämonen mit einer düsteren Stimme, ohne sich zu ihnen umzudrehen.
Die drei Männer wirkten kalt und gefühllos, doch Maridith spürte, dass sie um die Rosen trauerten, die sie in Garons Händen hatte sterben sehen. Er verspottete nicht nur Lyras inneres Licht, sondern machte den Dämonen klar, dass ihnen dasselbe widerfahren würde, sollten sie ihm nicht gehorchen. Maridith schluckte schwer, als der Erste von Garon am Kragen gepackt und vor dem Spiegel gezogen wurde.
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Das letzte Element
Fantasy~Buch 1~ Die Schatten umhüllten Garon vollständig und tanzten wie düstere Geister um ihn herum. Obwohl Lyra wusste, dass sie nicht über besondere Fähigkeiten verfügte, um sich mit ihm im Duell zu messen, fürchtete sie sich nicht vor ihm. Tief in si...