Verloren in der falschen Welt 4/5

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Lady Maridith

 »Wo ist meine Tochter?«
Die tobende Stimme Garons, hallte einen anderen Dämon, der gerade aus dem Gemach der Prinzessin kam, entgegen.
Maridith musste ihr leichtes Lächeln zurückhalten. Sie wusste, wo seine Tochter sich befand. Letztendlich war sie es gewesen, die es Lyra ermöglicht hatte, aus ihrem Gemach zu entkommen und ihnen in den finsteren Wald zu folgen.

Der Weltenspiegel war vor Jahren zerstört worden, auch der Furcht heraus, dass mehr Menschen in die Niederhölle gelangen konnten, und die Finsternis immer wieder von neu entfachen würde, und nicht mehr zu kontrollieren wäre. Anderen unnötiges Leid zu ersparen, war ein weiterer Grund für diese drastische Maßnahme. Doch war Garon in dieser Zeit noch der König, zu dem Maridith aufsah.
Als Garon ihr jedoch mitteilte, dass er den Spiegel wieder zusammensetzen wollte, wurde ihr klar, dass eine dunkle Macht ihn dazu trieb. Ihr einst einfühlsamer und liebevoller König, der sein Volk mit großer Hingabe regierte, war seit der Verbannung verschwunden, und eine finstere Präsenz schien von Innen heraus, Besitz von ihm ergriffen zu haben. Maridith war sich sicher, dass er nicht mehr die Kontrolle über sich selbst hatte, sondern von einer unbekannten Macht, oder gar ein Fluch, beherrscht wurde dem er nicht entkommen konnte.

So hätte er niemals versucht, seiner Tochter ein Haar zu krümmen. Vor der Verbannung war Lyra sein wertvollster Schatz, den er niemand anderem anvertraut hätte.
Maridith ließ nun doch ein leichtes Lächeln über ihre Lippen gleiten, als sie an das kleine Baby dachte, was in seinem Armen lag, dem kleinen Mädchen mit feuerroten Augen. Garon, der ihr die Geschichten ihres Volkes erzählte, obgleich sie auch noch zu klein gewesen war, um seine Worte wahrzunehmen, seine Liebe. Sie sah diese winzige Hand, die Garons Finger umschloss und das strahlende Lächeln in den Gesichtern der beiden. Doch die vergangene Zeit traf Maridith mit einem gewaltigen Schlag.
Sie konnte nicht begreifen, wie er mit jedem Jahr immer grausamer gegenüber ihr wurde. Maridith verzerrte sich vor Zorn, aber hinter diesem Zorn verbarg sich tiefe Trauer. Es musste einen Grund geben, warum er die schmerzerfüllten Schreie, seiner so einst geliebten Tochter, in Kauf nehmen konnte, ohne auch nur eine einzige Regung von Emotion zu zeigen.

»Was meint Ihr, sie ist nicht aufzufinden?«
Der zitternde Dämon fiel zu Boden und schlang ängstlich die Arme um seine Hörner, um sich vor dem dem Unheil zu schützen, was auf ihn zukommen würde.
»Verzeiht, Eurer Majestät, aber ich habe sie nirgends finden können...«, murmelte er.
Maridith beobachtete, wie die Schatten langsam um seine Hände wirbelten. Sein Gesicht verwandelte sich regelrecht in ein Monster, dessen Eckzähne hinausfuhren und seine Augen in tiefste Schwärze versanken. »AUFHÖREN!«, hallte ihre Stimme durch den dunklen Saal.
Bevor etwas geschehen konnte, baute sich Maridith schützend vor dem blassen Dämon auf.

»Dieser Dämon kann nichts dafür, dass Ihr ein so schrecklicher Vater seid!«
Ihre Worte waren fest und selbstsicher, doch in diesem Zustand konnte sie nicht vorhersehen, ob ihre Worte überhaupt eine Wirkung auf ihn hatten.
Sie erwartete, dass er seine Schatten auf sie loslassen würde, um sein Zorn, in dem er versunken war, zu besänftigen. Doch sah sie zu, wie die Schatten sich in seine Hände zurückzogen und seine Gestalt sich normalisierte.
Überrascht, dass sie es geschafft hatte, ihn zu erreichen, atmete Maridith unmerklich erleichtert aus.
»Du darfst gehen!«, knurrte er den Dämon hinter ihr an.
Sie drehte sich um und half dem zitternden Dämon auf, der sich mit einer leichten Verbeugung bedankte und eiligst aus dem Thronsaal rannte.

Mit einem grollenden Knurren ließ sich Garon in seinen finsteren Thron sinken. Maridith holte tief Luft, um ihre Gedanken in Worte zu fassen, doch brachte Garon sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Ich weiß, was Ihr sagen wollt, und Ihr habt recht.«, sagte er in einem beunruhigenden, sanften Ton.
»Ich werde davon absehen, dass Ihr mich belogen habt, als ich dieses Geräusch im Wald vernahm.
Die fehlende Laterne in der Eingangshalle ließ mich ebenso darauf schließen, dass etwas nicht stimmt.« Seine Blicke wurden scharf und fixierten Maridiths feuerrote Augen. Sie schluckte schwer und versuchte, sich so stark wie möglich zu präsentieren.
Unendliche Angst erfüllte sie, doch sie würde dies vor ihm nicht zeigen.

Das letzte ElementWo Geschichten leben. Entdecke jetzt