Die Augen der Prinzessin 2/3

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Prinz Jack

 Einige Minuten vergingen in angespannter Stille, bis Königin Spring Jack und Lyra mit ihrer Magie zur Grenze ihres Reiches brachte. Sie hatte ihre gesamte restliche Kraft aufgewendet, um eine leuchtende Kugel aus reinem Licht um das Königreich der Erde zu weben.
Dieser Schild war die letzte Hoffnung, sich gegen die drohende Finsternis zu schützen.
Würde das Königreich der Erde fallen, würde es das Ende für Lorule bedeuten, denn es war das Zentrum des Lichts.
Das sanfte, grüne Licht setzte sie auf einem letzten Fleck grüne Wiese ab, der wie ein Überbleibsel aus vergangenen Tagen wirkte.
Doch kaum hatten ihre Füße den Boden berührt, verschwand das weiche Grün und es wurde Schwarz und stumpf.

In der Ferne leuchtete die Lichtkuppel des Schlosses schwach in grünem Schimmer – das Herz von Lorule war beschützt, doch niemand wusste, wie lange noch.
Jack spürte eine Unruhe in sich aufsteigen, als würde ein Albtraum Gestalt annehmen. Um ihn herum war alles in tiefes Schwarz gehüllt, leblos und düster. Nur das kalte Mondlicht brach durch den pechschwarzen Himmel und umhüllte sie mit einer Kälte, die selbst ihm in die Knochen kroch.
Als er zu Lyra sah, packte ihn ein mulmiges Gefühl; sie schien die Kälte nicht einmal zu spüren. Diese Dunkelheit, diese unheimliche Stille – all das war ihr vertraut.
In ihrer ruhigen, fast leeren Ausstrahlung spürte er etwas Erdrückendes und trotz allem wollte er hoffen, dass sich noch eine Lösung finden ließ.
Doch das Wort "Hoffnung" schien fast wie ein Witz, wenn man an die letzte Herausforderung dachte: ein reines Herz ...
Es war ein unmöglicher Mythos. Wie sollte Lyra als Verbannte, ein reines Herz besitzen?
Die Götter des Lichtes waren wohl ihre letzte Hoffnung.

Er brauchte einige Minuten, um zu begreifen, was eben geschehen war.
So viele Fragen schwirrten ihm durch den Kopf, doch eine drängte sich ihm besonders auf. Bevor er sie stellen konnte, wandte sich Lyra an ihn.
»Vergebt mir, dass ich Euch verschwiegen habe, dass ich nicht imstande bin, auch nur ein kleines Feuer zu entfachen.«
Sie legte ihre Hand über die Augen und er bemerkte eine Spur von Erschöpfung in ihr.
Dann drehte er sich überrascht zu ihr um.

»Nein, Ihr müsst mir verzeihen. Ich hätte nicht so unhöflich reagieren sollen. Es hätte vermutlich nichts an unserer Situation geändert, wenn Ihr es mir vorher gesagt hättet. Tatsächlich hatte ich es schon geahnt ...«
Er wollte ihr eine förmliche Verbeugung andeuten, doch Lyra hob die Hand und brachte ihn damit zum Innehalten.
»Sagt mir, was Euer Plan ist. Wie gelangen wir zur Wasserkönigin?«
Ihre sanfte, feine Stimme klang in seinen Ohren wie der Gesang eines Vogels – ein wunderbares Lied, doch war es eine ungünstige Situation, sich Gedanken um ihre Stimme zu machen.
»Ich weiß von einer Frucht, die am Rande des Königreiches wächst. Man nennt sie den Meeresapfel. Wenn man ihn isst, ermöglicht er es einem, unter Wasser zu atmen.«
»Das klingt wahrlich faszinierend! Aber sagt, habt Ihr diesen Meeresapfel bereits genutzt, um in das Königreich des Wassers zu gelangen?«
In diesem Moment wurde ihm bewusst, wie absurd es ihr vorkommen musste, wenn er mit Nein antwortete. Sie würde wohl nicht verstehen, wie jemand in dieser Welt kein Interesse an den anderen Königreichen haben konnte – vor allem nicht, wenn sie so außergewöhnlich waren.

Verlegen strich er über seine frostbedeckten Haare.
»Nun, um ehrlich zu sein, habe ich es nie in Erwägung gezogen, aber das hat seine Gründe ...«, sagte er mit einem leisen, fernen Klang in der Stimme.
Zum ersten Mal seit Jahren dachte er an die eine Person, die ihn das Wasser meiden ließ, und die er unter keinen Umständen wiedersehen wollte.
»Habt Ihr etwa Angst vor dem Wasser, Prinz Jack?«
Lyras zarte Elfenstimme riss ihn aus seinen Gedanken und er schüttelte leicht den Kopf.
»Nein. Das Wasser an sich stört mich nicht. Es erinnert mich nur an jemanden, dem ich lieber fernbleiben möchte.«
Jack kniete sich auf den Fleck auf dem sie standen und fixierte die welkenden Halme, die selbst im Wind still und reglos blieben.
»Ich befürchte, dass Ihr da durch müsst, wenn das Leben der ganzen Welt auf dem Spiel steht.« meinte Lyra schlicht, während sie über das dunkle Gras ging.
Ihre Schritte hinterließen tiefe Abdrücke, als ob sie durch Schnee lief und unter ihren Füßen zerfiel das Gras wie einst das tanzende, wellende Grün in einem kalten, toten Staub.
Er bewunderte ihre Furchtlosigkeit – und nahm sich ein Beispiel daran.

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⏰ Letzte Aktualisierung: 7 days ago ⏰

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