Verloren in der falschen Welt 3/5

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Prinzessin Lyra

Sie verzichtete auf die helfende Hand des fremden Mannes, erhob sich und klopfte den staubigen Sand von ihrem eleganten, rotem Gewand.
Die goldenen Fäden, die die Rosen am Saum ihres Rockes zierten, waren unübersehbar und verrieten ihre Herkunft und ihr Element. Bei der leichtesten Berührung des Lichts, erstrahlten sie im hellem Glanz und dem jungen Mann, entging dieser Anblick nicht.

»Wo bin ich?« ,fragte sie und vermied es, in die überraschten eisigen Augen zu blicken.
Lyra wusste nicht, wo sie sich befand und hegte die Vermutung, dass es ein weiterer Trick des Spiegel, durch den sie gelangt war, sein könnte.

Der Fremde trat näher an sie heran, doch Lyra wich ein Schritt zurück und ob die Hände schützend vor sich. Dann bemerkte sie, dass sie sich in einem wundersamen Wald befand, der in ihren Augen so hell erstrahlte, dass sie die Augen leicht zukniff. Kleine glühende Käfer flogen um riesige Baumkronen, die keine kahlen Bäume waren, wie sie sie sonst kannte. Sie besaßen gigantische Kronen aus dunkelgrünen Blättern- eine Farbe die ihr sehr warm vorkam.

»Ihr seit in Lorule, Mylady.«
Der junge Mann sprach sehr freundlich und verbeugte sich, das Lyra als königliche Sitte wahrnahm.
Doch seine Worte ließen Sie erstarren. Sie konnte nicht glauben, was dieser Eisjunge sagte.
»Lorule?«, stotterte sie und sah den Jüngling etwas panisch an.
»Ja. Dies ist das Land der Elemente und des Lichtes.«
»Nein, das- das kann nicht sein ...«
»So wahr ich hier stehe Mylady, ich versichere Euch, dass Ihr Euch im Land des Lichtes befindet. Ihr seit gerade aus dem Spiegel gekommen, nicht wahr?«
Doch seine Frage erreichte Lyra nicht mehr.
Ihr Körper begann zu beben, ihre Hände fingen unkontrolliert an zu zittern.

Sie starrte ihre Fingerspitzen an, die sich auf einmal sehr heiß anfühlten. Sie durfte nicht in Lorule sein!
Sie war eine Verbannte!
Lyra wusste, dass die Götter und Göttinnen des Lichts es nicht gutheißen würden, dass sie sich in dieser Welt aufhielt.
Ihr Atem beschleunigte sich und ihr Herz schlug eisige Wellen. Sie ballte ihre zitternden Hände zu festen Fäusten und drehte sich zu dem Spiegel um, der sie aus der Niederhölle gezogen hatte.
Doch schien er ihr in diesem Mondlicht freundlicher zu sein.

»Nein! Ich muss sofort zurück!« ,schrie sie den letzten Satz mit voller Kraft heraus und rannte, ohne einen weiteren Gedanken, auf dem Spiegel zu.
Doch in der selben Sekunde, fing dieser an zu zerspringen und zog mit einem gänsehauterregenden Geräusch, feine Risse über die Oberfläche.
Erschrocken blieb sie vor ihrem zersplitternden Spiegelbild stehen und starrte in ihre starren, grünen Augen. 

Im nächsten Moment spürte sie eine feste Hand, die wie in Zeitlupe nach ihrem Arm griff.
»Vorsicht!« ,hörte sie nur den Jüngling warnend rufen.
Sie nahm den jungen Mann kaum wahr, als er Lyra schützend hinter sich zog und mit einer schnellen Handbewegung nach oben, eine klare, hauchdünne Eiswand empor steigen ließ.
Sie hielt ihren Ohren zu und kniff die Augen fest zusammen, als das zerspringende Glas an der Eiswand abprallte. Es brachte ihr jedoch nicht viel, ihre Ohren zuzuhalten.
Die Spiegelscherben erzeugten ein solch knackendes, zersplitternde Geräusch, dass es ihr einen unangenehmen kalten Schauer über den Rücken jagte.
Als sie ihre Augen kurz öffnete, sah sie eine scharfe Scherbe an ihr vorbei fliegen. Sie zeige ihr blasses Gesicht. Lyra atmete schmerzhaft aus, als der Schreck vorbei war.
Schleierhaft nahm sie wahr, dass der junge Mann die Eiswand sinken lies und ein dünner Nebel sich über den Boden legte.

»Ist alles in Ordnung bei Euch?« seine sanfte Stimme durchglitt Lyras Körper, sie konnte ihm nicht antworten.
Ihre Gedanken drehten sich um dem Spiegel, der aus dem Nichts zerbrach. Maridith und ihr Vater, ihr ganzes Volk, waren auf der anderen Seit gewesen.
Lyra sackte zu Boden, als sie begriff, dass dieser Spiegel unwiederbringlich zerstört war, und sie hegte die Befürchtung, dass auch die Niederhölle mit ihm vernichtet wurde.
Sie krallte sich in ihre Kopfhaut und fühlte, als wäre sie dabei, den Verstand zu verlieren. Lyra hoffte verzweifelt, dass dies nur ein Albtraum war, wie die anderen zuvor. Doch je mehr sie realisierte, dass es sich um ein Traum handeln konnte, desto mehr zog sie an ihren Haaren, wobei sich ihr Herz immer mehr verkrampfte.
Ihr ganzer Körper fühlte sich plötzlich so eng und erdrückend an.
Lyra wollte sich von diesem Schmerz lösen, doch schien es unmöglich zu sein. Ganz schwach bemerkte sie, wie sich der Eisjunge ihr näherte, ohne ein Wort zu sagen.
Bevor er seine Hand auf ihre Schulter ablegen konnte, stand sie auf, und sah ihn einem stillen Moment lang, starr an. Er schien auf sie, nicht wie jemanden zu wirken, als würde er im Auftrag handeln, entflohene Verbannte festzunehmen und einzusperren.
Oder gar in eine andere grausame Welt zu schicken.

Das letzte ElementWo Geschichten leben. Entdecke jetzt