Prinzessin Lyra
*Kapitel 5*
Lyra verspürte eine plötzliche Kälte, die über ihren Körper lief, doch wusste sie, dass es nicht der Eisprinz war, der eine solche Kälte ausstrahlte. Als sie ihren Blick hob, verschluckte sie ein Stöhnen, und weißer Rauch wirbelte über ihre Lippen. Sie waren umgeben von Bäumen, die sich langsam schwarz färbten, bis sie in vollkommener Düsternis getränkt waren und das Gras unter ihren Füßen begann wie Glas zu brechen.
Die schwarzen Wolken über ihnen formten sich zu einem finsteren Wirbelsturm, in dem Blitz und Donner gefangen waren. Ein stürmischer Wind kam auf und ließ Lyras und Jacks Haare durcheinanderwirbeln. Der Wind war so stark, dass sich Lyras eleganter Zopf, den Maridith zusammengebunden hatte, löste und ihre langen Haare mit dem Wind tanzten. Dann spürte sie die Hand des Prinzen nach ihrer greifen. Sie schloss die Augen und bereitete sich darauf vor, dass sie sich in die Luft erhoben und über das Unwetter schweben würden, doch sie blieben stehen.
»Verflucht!« ,hörte sie den Prinzen fluchen und sah ihn verwundert an. In ihren Augen war er ein sehr gelehrter Prinz, doch dass ausgerechnet dieses Wort von ihm verwendet wurde, verblüffte sie.
»Ist etwas nicht in Ordnung?«Doch eine Antwort bekam sie nicht. Er schien sich stark auf etwas zu konzentrieren. Dann drückte er ihre Hand noch einmal zusammen und Lyra machte sich erneut bereit, in die Luft zu steigen, doch sie hoben sich immer noch nicht vom Boden ab.
Die Blicke des Prinzen wurden unruhiger, und Lyra verstand allmählich, dass diese Dunkelheit nicht hier sein durfte. Dies schien auch der Grund für die Unruhe des Prinzen zu sein. Sie waren von dunklen Wolken eingekesselt, und diese lösten selbst in Lyra ein beklemmendes, enges Gefühl aus.
Jack ließ ihr Handgelenk los und lief verzweifelt auf einer Stelle hin und her, strich sich immer wieder durch die Haare, die wieder zurück in sein Gesicht fielen. Doch dann kam Lyra eine Idee, von der sie meinte, dass sie funktionieren konnte.
»Prinz Jack, ich glaube, ich weiß, wie wir zur Königin gelangen können.«
»Verratet mir wie? Es wird zu spät sein, wenn wir durch den Wald laufen, Eure Majestät.«
Sie deutete auf den Boden, und der Prinz sah sie mit einer tiefen Stirnfalte fragend an.
»Meine gute Laufgeschwindigkeit könnte dabei hilfreich sein, denke ich« ,sagte sie und sah, wie sich eine Augenbraue des Prinzen hob.
»Ich bezweifle, dass ich mit Euch mithalten kann, Prinzessin.«
»Wie schnell könnt Ihr Euer Eis ausbreiten?« , entgegnete sie ihm mit einem leichten Lächeln auf ihren Lippen, und sie bemerkte, dass der Prinz langsam verstand, was sie meinte.Als sie jedoch bemerkte, dass sie bei diesem Gedanken lächelte, ließ sie es sofort verschwinden und fragte sich, warum die Blicke des Prinzen es ihr so leicht machten, die Kontrolle über ihr geübtes, neutrales Gesicht zu verlieren.
»Ihr seid wahrlich sehr einfallsreich, aber könnt Ihr denn auch Schlittschuh laufen?«
»Was ist das, Schlittschuh laufen?«
Jack lachte auf, und Lyra bemerkte, wie ein leichtes Rot in ihre Wangen stieg. Sie fühlte sich wie ein unwissendes Kind, und kaum verstummte sein Lachen, da wirbelte er Eis in seiner Hand und ließ Eiskristalle über ihre Stiefel wachsen.
Die Kristalle wanden sich wie Eisblumen um ihre Füße, und als sie die Fußknöchel erreichten, hoben sie sie plötzlich vom Boden ab und ein Weg aus Eis bahnte sich durch den Wald.
Überrascht von dem Gefühl, auf zwei Schienen aus Eis zu stehen, wankte sie hin und her und verlor ihr Gleichgewicht.
Als sie kurz davor war, unsanft auf die Eisfläche zu fallen, griff Jack reflexartig nach ihrer Hand und drückte sie an sich, damit sie nicht stürzte.Lyra krallte sich mit aller Kraft in den blauen Anzug des Prinzen, ihre Finger fest um den kühlen Stoff geschlossen. Sie spürte, wie ihre Beine leicht zitterten, ein ungewohntes Gefühl der Unsicherheit überkam sie. Sein sanftes Lachen, das ihr über die Haare strich, wirkte plötzlich fehl am Platz. Ein Gefühl der Unbehaglichkeit kroch in ihr hoch, ihr Herz schlug schneller und eine warme Röte stieg in ihre Wangen.
Zum ersten Mal konnte sie sein Lachen nicht genießen, es fühlte sich an, als würde er ihre Unsicherheit und ihre Unwissenheit belächeln. Ein Drang, sich zu behaupten und ihre Fassung zurückzugewinnen, wuchs in ihr.
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Das letzte Element
Fantasy~Buch 1~ Die Schatten umhüllten Garon vollständig und tanzten wie düstere Geister um ihn herum. Obwohl Lyra wusste, dass sie nicht über besondere Fähigkeiten verfügte, um sich mit ihm im Duell zu messen, fürchtete sie sich nicht vor ihm. Tief in si...