Autsch! Verdammt, was war das denn?! Empört brachte Nino seinen Kopf ganz nahe an den Stängel an Unkraut, den er eben vor sich auf den Boden hatte fallen lassen, um ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Tatsächlich, Dornen, und gar nicht mal so kleine. Er richtete sich wieder auf, ließ sich auf seine Fersen sinken. Mit der unversehrten Hand kramte er ein Taschentuch heraus, spuckte einmal drauf, und wischte sich das bisschen Blut und den Dreck von der Handfläche. Die Haut darunter war bereits verheilt, und da es keine menschlichen Zeugen gab, konnte er sich das Pflaster ersparen. Immerhin.
Mit spitzen Fingern nahm er den Übeltäter hoch, und beförderte ihn unsanft zu seinen gefallenen Kameraden in den Korb neben sich.
Die Dornen nervten ihn. Normalerweise konnte er beim Unkraut rupfen total abschalten, und einfach mal einen leeren Kopf haben. Aber jetzt würde er reflexartig bei jeder Pflanze, bevor er wirklich zupackte, kurz überprüfen, ob es wieder eine stachelige war. Das machte ja die ganze Entspannung kaputt. Ganz toll. Missmutig rutschte er auf den Knien ein Stück weiter, und begann das Kräftemessen mit einem ungewöhnlich großen Löwenzahn. Zumindest auf das Zeug war noch Verlass.
"Persönlich habe ich nichts gegen dich, versprochen.", versicherte er dem widerspenstigen Kerl, als er an ihm zerrte, "Aber der Direktor will einen naturbefreiten Bogengang, und wir beide haben uns diesem Wunsch zu fügen, verstanden?"Noch einmal heftig anreißen, und das Duell war gewonnen. "Die Schlacht ist jedoch noch nicht entschieden!", verkündete er dem letzten Drittel des Ganges, und schubste den Korb ein stück weiter in Richtung des nächsten Gegners, "Und der Krieg zwischen uns, der wird nie enden!"
Für einen Moment musste er laut über sich selbst lachen - gar keinen Spaß an der Arbeit soll man haben? - Dann warf er aber doch einen prüfenden Blick in die Runde, ob er eh allein war. Was er sich hier ausdachte, war für keine fremden Augen und Ohren bestimmt. Deswegen waren ihm auch die Wochenenden, an denen außer ihm nur Jeff hier war, der sich in einer Ecke niedersoff, die liebsten.Heute Abend würden jedoch mal wieder ein paar Kleinbusse voller übermotivierter Sportschüler aus den umliegenden Städten heran gekarrt werden, um sich morgen bis in den Nachmittag hinein in sinnlosen Turnieren untereinander und mit dem hauseigenen Team zu messen. Das war für die ersten Wochenenden eines jeden Schuljahresmonats so Tradition geworden - warum auch immer.
Damit an diesen Tagen alles möglichst glatt lief, verbrachten die Teile der Schülerschaft, die sich bei irgendwem einschleimen wollten, und diejenigen, die von höheren Gewalten dazu verdonnert wurden, den ganzen Samstag in der Schule und plagten sich mit den Vorbereitungen.
Man konnte sich streiten, welcher Tag die Kehrseite dieser Medaille war. Für ihn persönlich eher die Samstage, an denen er dieser verrückten Horde ausgesetzt war, wenn er teilweise sogar mit ihnen in der Halle oder am Sportplatz arbeiten musste. Mit den Spieltagen hatte er nichts am Hut, die störten ihn nicht.
Zumindest heute kam ihm dieser Zirkus jedoch sehr gelegen. Esta wollte ursprünglich den ganzen Tag für ihr Projekt verwenden, weil in der letzten Woche keiner von ihnen wirklich Zeit dafür finden konnte. Aber als er meinte sich zumindest ein paar Stunden in der Schule engagieren zu müssen, hatte sie das widerspruchslos hingenommen. Angesichts ihrer üblichen Kratzbürstigkeit, an die er sich langsam gewöhnte, war das fast schon zu glatt gelaufen, aber was soll's.Er schob die Gedanken beiseite, und wollte gerade dem nächsten Grünzeug eine Kampfansage machen, als einige Meter hinter ihm der Hauptzugang zum Schulhof aufgestoßen wurde. Jemand rannte unglaublich schnell über die Wiese und in die Baumgruppe hinein, die den Großteil des Innenhofes ausmachte. Bis er die Ankunft des Neuankömmlings registriert und sich umgedreht hatte, sah er nur noch den Rücken der Person zwischen den Bäumen verschwinden. Wer war das denn?
Kurz versuchte er einen Geruch zu erkennen, aber vergeblich. Es ärgerte ihn, dass er sich das immer noch nicht abgewöhnt hatte. Besonders, da ein anderer Teil seines Hirns die Antwort bereits parat hatte. Die Jacke, die er sehen konnte, war in einem wirklich hässlichen Senfgelb gehalten gewesen - keine sehr beliebte Farbe zurzeit, seit Jahren aus der Mode. Eine Farbe, die er in den letzten Wochen nur an einer Person gesehen hatte: Gemma, der gelockten Wölfin aus seiner Klasse. Wenn er sich recht erinnerte, war sie auch in einer der Schulsportmannschaften dabei.
Es wäre naheliegend, sie heute in der Schule anzutreffen, allem Anschein nach war sie es also. Nur warum? Im Hof gab es außer seinen Arbeiten nichts für die anderen Schüler zu tun. Hoffentlich verschwand sie bald wieder, und am besten ohne ihn vorher zu bemerken. Bis dahin musste er nur darauf achten, nicht wieder in Selbstgespräche zu verfallen. Es gab keine Chance, dass seine Spielereien den Ohren einer Artgenossin entgehen würden.
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Ein Alpha und sein Omega (Whiskerton #1)
Hombres LoboEin etwas zu unsicherer Alpha, und ein unerwartet sturer Omega. Wo kann das nur hinführen? Laufend/ langsame Updates (aktuell Blockade im Hirn, sorry) 1000 Reads am 28.03.2023 2000 Reads am 27.12.2023