10 ~ Nino

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Achtung! Dieses Kapitel ist nicht für zu sensible Leser geeignet. Es kommt zu Atemnot und geringfügiger Gewaltanwendung. 


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In seinem Nacken knackte ein Wirbel. Der Schmerz schoss ihm den Rücken hinunter und bis zur Schädeldecke hinauf. Ein gepeinigtes Aufstöhnen blieb ihm im Hals stecken; er durfte nicht. Sein Körper wollte sich aufbäumen; er konnte nicht. Eine schwache Stimme in seinem Innersten flehte ihn an, sich zu wehren, zu fliehen, irgendetwas zu versuchen. Er tat nichts. 

Die Sekunden vergingen. Seine schmerzenden Hände, mit denen er sich an der nur grob abgeschmirgelten, metallenen Umrandung festklammerte, verkrampften sich zunehmend. So wie auch seine Lungenflügel. Das Blut rauschte in seinen Ohren noch lauter als das Wasser, das aus dem Hahn kam, und es fühlte sich an, als würde es seinen Kopf bald zum Platzen bringen. Er brauchte Luft, dringend. Aber die Hand in seinem Nacken war unnachgiebig. Er musste unten bleiben. Noch etwas länger. Nur noch einen Moment. 
Aber es ging nicht mehr. Er konnte mit aller Willenskraft seine Lippen nicht mehr zusammenpressen. Langsam glitten sie auseinander, die ersten Luftbläschen entkamen. Abgeschnitten vom Rest der Welt, aber hypersensibel für seinen eigenen Körper, bemerkte er wie sich seine angespannte Muskulatur graduell zu lockern begann. Er verlor die Kontrolle, es dauerte zu lange. Er konnte nicht mehr. 

Da wurde er plötzlich hoch gerissen, und durchgeschüttelt. Sofort krampften sich seine Lungen zu einem Hustenanfall zusammen, als er versuchte den dringend notwendigen Sauerstoff zurück in sein System zu bekommen, und Wasser auszuspucken. Langsam - beschwor er sich selbst - du musst langsam atmen. Ein - Aus. Konzentrier dich, bleib ruhig. 

Bevor er wieder ganz bei Sinnen war, packte ihn die Hand von zuvor am Oberarm, und zerrte ihn durch den Raum. Er hatte im Moment nicht die nötige Kraft in den Beinen, um schnell genug aufzustehen, und mitzugehen, aber er war geistesgegenwärtig genug, um zumindest so zu tun, als würde er es versuchen. Es wäre respektlos gewesen, sich einfach mitschleifen zu lassen. Er konnte nicht respektlos sein. 
Am anderen Ende des Raumes wurde er wieder fallen gelassen. Seine Sicht wurde langsam wieder klarer, aber er hielt den Blick gesenkt. Starrte nur auf die nackten Füße vor ihm, als das Stechen begann. Im oberen Teil der Nase, fast schon hinter der Stirn. Noch war es dezent, und leicht zu ignorieren, aber es würde rasch stärker werden. Die Beine in seinem Blickfeld verschwammen wieder, als seine Augen zu tränen begannen. Schnell kniff er sie zu. Er hatte nie herausgefunden, was in diesen Räucherstäbchen enthalten war, aber es musste etwas heftiges sein, wenn er jedes mal so schnell und stark darauf reagierte. 

Die Hand fuhr ihm über den Kopf, mit einer Sanftheit, der er schon lange nicht mehr traute. Schwielige Finger fanden den Weg durch seine Haare, bis zur Kopfhaut - und packten fest zu. Sein Kopf wurde nach hinten gerissen, damit der Rauch sein Gesicht besser erreichen konnte. Er konnte spüren, wie seinem Auge eine Träne entkam, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. War sein Gesicht schon trocken genug, dass man es erkennen würde? Bei seinem Pech wahrscheinlich. Innerlich versuchte er sich ein wenig zu wappnen. 

Doch der erwartete Schlag blieb aus. Stattdessen wurde der Rauch etwas weniger; das war noch nie passiert. Von dieser ungewohnten Wendung verwirrt suchte er Antworten in dem verkniffenem Gesicht, das über ihm aufragte. Doch was er da sah, konnte er nicht deuten. Als der Mann auch noch die Räucherstäbchen ganz zur Seite legte, um ihm mit dieser zweiten Hand die Träne weg zu wischen, verstand er gar nichts mehr. Immerhin hatte die Schockstarre verhindert, dass er weg zuckte. 

Während sein Kopf nun schraubstockartig in den beiden kräftigen Händen steckte, kam ihm das andere Gesicht noch näher, sodass er dessen heiß-feuchten Atem auf seinen Wangen spüren konnte: "Sei froh, dass ich es auf diese Weise mache, Junge. Das sind vergleichsweise noch harmlose Methoden." 
Harmlos? Er würde dieser Behauptung gerne mit Galgenhumor begegnen, aber wer weiß. Der Alte scherzte eigentlich nie, also musste es stimmen. 

Ein Alpha und sein Omega         (Whiskerton #1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt