Kapitel 4

232 3 0
                                    

Kapitel 4

Erst heute, nach zwei Tagen, habe ich wieder Uni. Diesmal muss ich erst um 12 Uhr da sein, deshalb mache ich mich in Ruhe fertig und frühstücke anschließend etwas mit meiner Mutter, da Dilo und mein Vater schon lange auf der Arbeit sind. Danach treffe ich mich vor meiner Haustür mit Leyla und schon machen wir uns auf den Weg. Unser Stundenplan ist gleich eingeteilt, genau wie Ferhat's. [...] An der Universität angekommen begeben wir uns alle in unsere Kurse und schon beginnt unsere erste Vorlesung. Von Ferhat ist keine Spur zu sehen, der Platz neben mir ist somit frei. Leyla gibt mir schon automatisch einen Stift, da ich nie Lust habe mein Mäppchen herauszuholen. [...] Erst nach der nächsten Vorlesung öffnet sich die Tür vom Hörsaal und ein sehr gut gelaunter Ferhat kommt rein. Der Professor schaut ihn nur genervt an und führt seine Rede weiter. Er kann nichts sagen, da es sowieso freiwillig ist, wann und wie man zur Uni kommt. Man ist auf sich allein gestellt und muss am Ende des Semesters auf seinen eigenen Beinen stehen. Er nimmt seinen beigen Mantel ab und setzt sich neben mich. Ein leichtes Lächeln schenkt er mir, doch ich bleibe kalt. Ich habe nichts zu lachen mit ihm, seit gestern. Er hat ein schwarzes enganliegendes Oberteil an, wo man eine freie Sicht auf seinen Hals hat. Knutschflecken. Deshalb ist er wohl so gut gelaunt. Ekelhaft. Ich richte meinen kalten Blick nach vorne und versuch mich zu konzentrieren. ,,Was hattest du denn zu gucken?" stupst er mich belustigt an. Es ist nicht lustig. Ich werfe ihm einen bösen Blick zu und drehe mich zu Leyla. ,,Können wir Plätze tauschen? Ich kann mich neben ihm nicht konzentrieren." ,frage ich Leyla und will schon aufstehen, doch Ferhat zieht mich ruckvoll an meiner Taille zurück auf meinen Platz. ,,Lass mich in Ruhe" gebe ich aggressiv, flüsternd von mir. ,,Nein wieso sollte ich?" ,gibt er schelmisch von sich. Ich verdrehe meine Augen und setze ein ,,Ferhat" an, bevor ich ihn fertig machen will. ,,Ach dile min komm mal runter" unterbricht er mich. Wie hat er mich genannt? Ich schaue ihn angeekelt an und gebe ein lautes ,,Ich schnür dir dein Drecks-Maul zu, solltest du mich noch einmal so nennen!" Er fängt an rau zu lachen, bis der Professor uns beide auffordert unser Problem zu Hause zu klären. ,,Es tut mir leid Herr Professor, wir werden uns beherrschen." versuche ich uns auszureden doch er widerspricht mir und fordert uns auf nach Hause zu gehen. Wie bitte? Wir haben nichts Großartiges getan. ,,Aber-" möchte ich ansetzen, doch der Professor unterbricht mich ,,Ich bitte sie jetzt den Hörsaal und dieses Gebäude zu verlassen. Kommen Sie wieder, wenn sie die Tage wieder Unterricht haben." kommt es gereizt von ihm. Ich gucke ihn ausdruckslos an, während mich Ferhat am Arm mitzieht, bis wir den Saal verlassen. [...] ,,Es hat Spaß gemacht dich zu ärgern" gibt er belustigt von sich. Ich reiße meinen Arm aus seinem Griff. ,,Ferhat hör verdammt nochmal auf dich wie ein Kind zu benehmen. Du bist 23 Jahre alt und deine Stimmungsschwankungen kann man vergleichen mit einem Teenager!" ,schreie ich ihn an. ,,Reg dich nicht so auf, wir können wenigstens nach Hause" meint er. ,,Dein Ernst? Wir verpassen so viel Stoff! Du weißt selber, was wir alles an einem Tag lernen und dann sind wir noch auf uns allein gestellt." versuche ich ihm klarzumachen. Ich drehe ihm meinen Rücken zu und gehe mit beschleunigten Schritten zur Bushaltestelle. Ich drehe mich kein einziges Mal um, somit weiß ich auch garnicht, ob er jetzt auch gegangen ist oder nicht. Das sollte mich aber ganz sicher nicht interessieren. Er ist mit seinem Auto hier und ich fahre mit dem Bus wie jeden Tag nach Hause. Ich habe zwar auch schon einen Führerschein, doch mein Auto habe ich verkauft und das Geld meinen Eltern gegeben, da wir nicht viel Geld besitzen. Zumindest haben mein Vater und Dilo auch Autos und deshalb kann ich auch mit den Wägen fahren. Nach 5 Minuten bleibt ein schwarzer Mercedes vor mir auf der Straße stehen und die Fenster gehen runter. Es ist Ferhat, war doch klar. ,,Steig ein" ruft er. Doch ich beachte ihn nicht. Plötzlich hupt er, was mich kurz zusammenzucken lässt. Ich schaue zu ihm und er gibt ein Handzeichen ins Auto zu kommen ,,were Sheila!" fordert er mich rufend auf. Es wird langsam peinlich, weshalb ich näher ans Auto gehe und sage ,,hemû dimezin! Fahr bitte weiter, ich komme allein zurecht." Er atmet laut und genervt aus, nachdem er mit Vollgas weiter fährt. Ich weiß, dass ich ihn aufrege, es ist auch mein Ziel, weil er genauso kalt seit Wochen zu mir ist. Nachdem der Bus kommt und ich mich nach hinten auf einen Platz setze, fährt der Bus auch schon los. Ich verbinde meine AirPods und schalte meine Musik an. Jetzt heißt es warten, bis ich zu Hause ankomme.
———
Kurdisch - Deutsch 𝗨̈𝗯𝗲𝗿𝘀𝗲𝘁𝘇𝘂𝗻𝗴

„Were Sheila" - „𝗞𝗼𝗺𝗺 𝗦𝗵𝗲𝗶𝗹𝗮"
„Hemû dimezin!" - „𝗔𝗹𝗹𝗲 𝗴𝘂𝗰𝗸𝗲𝗻 𝘂𝗻𝘀 𝗮𝗻!"

Wᴀʀᴜᴍ ɪᴍᴍᴇʀ ɪᴄʜ?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt