Kapitel 11

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Kapitel 11

„Sheila? Ich weiß nicht wo ich bin!" ,schluchzend ertönt Leylas Stimme am Telefon. Sofort reiße ich meine Augen weit auf und schaue ruckartig zu Ferhat, der mittlerweile etwas weiter entfernt von mir steht und zu mir blickt. „Wie, du weißt nicht wo du bist, Leyla? Bist du nicht mehr auf der Party?" frage ich sie, während meine Augenbrauen sich stark zusammenziehen. „Ne-Nein Sheila, hol mich bitte ab, hier sind alle so fremd auf dieser Hausparty.", fleht sie mich lallend an. Hausparty? Von wem denn? Sie ist betrunken, es kann sein, dass sie nicht weiß, wovon sie da spricht. Doch natürlich werde ich sie jetzt nicht einfach dort sitzen lassen. „Schick mir deinen Standort, ich komme sofort", versichere ich ihr, doch bevor ich auflege ertönt eine männliche Stimme im Hintergrund. Ich kneife meine Augen zusammen, um mich auf die Stimme zu konzentrieren. „Ach hier bist du Leyla" kommt es von ihm. Mit schnellen Schritten laufe ich auf Ferhat zu, der mir ebenfalls entgegenkommt. „Ich muss Leyla von woanders abholen, danke fürs Fahren" ich zucke kurz mit meinem Mundwinkel, weil ich nicht zu offensichtlich lächeln will. Er schaut mich verwirrt an, bevor ich mich umdrehe und auf Dilo's Auto zulaufe. Zum Glück besitze ich einen Führerschein und bin auch eine recht gute Fahrerin. Zügige Schritte schallen hinter meinen Ohren, weshalb ich mich umdrehe. „Du fährst um diese Uhrzeit mit diesem Outfit nirgendwo hin. Ich hole sie ab, geh schlafen." ,befiehlt und bietet mir Ferhat gleichzeitig an. 𝘋𝘢𝘴 𝘖𝘶𝘵𝘧𝘪𝘵 ... 𝘋𝘦𝘳 𝘍𝘭𝘦𝘤𝘬. Er hat kein Recht mich herumzukommandieren. Ich mache mir im Moment genug Sorgen um meine beste Freundin. Außerdem ist das Auto von meinem Bruder und ich darf es benutzen, wann ich will, solange er es nicht braucht. „Ferhat ich muss jetzt wirklich dringend-", setze ich an, um letztendlich – wie schon erwartet – von ihm unterbrochen zu werden. „Widersprich mir nicht." bringt er es voller Druck, doch trotzdem kontrolliert durch seinen Mund, den er stark angespannt hat und dadurch seine Wangenknochen herausstechen. Ich senke meinen Blick „Warte hier", ich laufe in zügigen Schritten vom Auto meines Bruders, zu unserer Haustüre. Erneut öffne ich sie und laufe nachfolgend sofort hoch in die 4. Etage, wo wir wohnen. Einen Aufzug haben wir nicht und unser zu Hause ist nicht das größte, dennoch sind wir zufrieden. Na ja ... Bis auf mein Vater. Er möchte hier raus und in eine bessere Gegend ziehen, wo es nicht nur von Menschen ohne Perspektive wimmelt, die und beeinflussen könnten. Doch dafür brauchen wir eine Menge Geld, welches wir momentan nicht besitzen. Vor der Wohnungstür angekommen, schließe ich möglichst leise das Schloss auf und trete auf Zehenspitzen hinein.

Die Lichter sind aus und die Zimmertür meines Bruders ist geschlossen. Ich nehme doch noch ein leicht gedämmtes Licht im Wohnzimmerbereich wahr und ein kurzer Einblick in dieses gewährt mir die Sicht, meine im Sitzen, schlafende Mutter auf der Couch zu sehen. Ich wusste, sie würde auf mich warten, nur ist sie wohl eingeschlafen. Ich tapse in ihre Richtung und streichle leicht an ihrer Schulter. Sie öffnet langsam ihre Augen und lächelt mich liebevoll an. „Ez hatim, geh ins Bett Yadê", berichte ich ihr meine Ankunft. Sie nickt und gähnt einmal, bevor sie beide Hände an meine Wangen legt, meinen Kopf leicht zu sich hinunterzieht und meine Stirn küsst. Ich liebe sie. „Şev baş keça min, niha razê." , steht sie auf und latscht in das Schlafzimmer. Ich hingegen eile in mein Zimmer und nehme mir eine schwarze Jogginghose, ein Oversized T-Shirt, neue Unterwäsche und ein Haargummi zur Hand. Ich sage ihr nicht, dass ich jetzt Leyla abholen gehe, sie soll einfach denken, dass ich mich jetzt schlafen lege, sonst macht sie sich wieder unnötigen Kopf und schläft nicht. Im Badezimmer wechsel ich meine befleckte Unterwäsche und ziehe mir neue über. Eine neue Binde lege ich ein und zu guter Letzt ziehe ich mir meine Jogginghose und mein T-Shirt an. Ich schaue in den Spiegel und begutachte mein Make-up. Es sitzt noch perfekt, ich habe später bestimmt keine Lust mehr mich abzuschminken, soll ich es jetzt machen? Nein, Ferhat wartet noch unten auf mich. Meine gewellten Haare binde ich mir zügig in einen hohen, dennoch lockeren Zopf zusammen und flitze raus. Ferhat steht vor seinem Auto angelehnt und blickt zu mir. Schwarz steht ihm. Mit seinem Kopf deutet er zum Auto und steigt kurz darauf ein, genau wie ich. „Gut, gut" nuschelt er schmunzelnd. Ist es auf mein Outfit bezogen? Ach, keine Ahnung. Ich gebe die Adresse, die Leyla mir geschickt hat, in seinem Navi ein. Er schaut eigenartig auf die Adresse und fährt sofort los. Es ist still, unangenehm still. „Wieso ist sie jetzt woanders?" lenkt er ab. „Woher soll ich das wissen?" , entgegne ich zickig. Ich verdrehe meine Augen. Ich weiß selber nicht, wieso ich jetzt wieder so zickig zu ihm bin. „Du hast doch mit ihr gesprochen, hör auf, dich so aufzuführen! Es geht mich auch was an." spuckt er abwertend aus. Stimmt, glatt vergessen, dass wir alle zusammen auf einer Uni sind und Leyla ebenfalls mit Ferhat befreundet ist. Ein zweites Mal verdrehe ich meine Augen und schaue aus dem Fenster. Wenn er es noch einmal wagt mich so anzumotzen, dann steige ich aus und laufe zu Fuß zu dieser verfickten Party. Wieso herrscht in letzter Zeit andauernd diese angespannte Stimmung zwischen uns.
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Kurdisch - Deutsch 𝗨̈𝗯𝗲𝗿𝘀𝗲𝘁𝘇𝘂𝗻𝗴

„Ez hatim, geh ins Bett Yadê" -„𝗜𝗰𝗵 𝗯𝗶𝗻 𝗴𝗲𝗸𝗼𝗺𝗺𝗲𝗻, geh ins Bett 𝗠𝗮𝗺𝗮"
„Şev baş keça min, niha razê." -„𝗚𝘂𝘁𝗲 𝗡𝗮𝗰𝗵𝘁 𝗺𝗲𝗶𝗻𝗲 𝗧𝗼𝗰𝗵𝘁𝗲𝗿, 𝘀𝗰𝗵𝗹𝗮𝗳 𝗷𝗲𝘁𝘇𝘁."

Wᴀʀᴜᴍ ɪᴍᴍᴇʀ ɪᴄʜ?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt