Kapitel 11

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Clint hatte mir den Rücken zugedreht, während er Teresa fütterte. Als ich mir sicher war, dass er vollkommen mit dieser Tätigkeit beschäftigt war, zog ich mir mein verdrecktes Sweatshirt über den Kopf und warf es über die Fußlehne meines Bettes. Dann griff ich nach dem Shirt, das Alby mir gegeben hatte. Ich streifte es mir über den Kopf und versank bald völlig darin. Ja, eindeutig, es war mir viel zu groß. Ich legte mich zurück auf die Matratze, aber auf dem Rücken zu liegen tat weh, also rollte ich mich auf die Seite und beobachtete eine zeitlang Clint dabei, wie er Teresa fütterte. Als er damit fertig zu sein schien, stellte er das dreckige Geschirr auf dem Nachttisch neben sich wieder ab und eine unangenehme Stille breitete sich im Zimmer aus, die der Lichtungsarzt versuchte damit zu überbrücken, die Regale und Schränke zu sortieren und die eben noch hektisch herausgewühlten Sachen, wieder an Ort und Stelle zurück zu setzen. Ich sah ihm eine Weile dabei zu, bevor ich das peinliche Schweigen brach.

"Was hat Sie?" fragte ich ihn, auch wenn ich die Antwort bereits wusste. Aber auch hier wäre, die Sache auf sich beruhen zu lassen, mehr als nur verdächtig gewesen.

"Sie liegt offensichtlich im Koma." stieß er kurzangebunden aus.

"Ursache?" hakte ich weiter nach.

"Keine Ahnung." erklärte der Sani. "Sie kam wie du so die Box herauf. Nur das Sie nicht aufgewacht war."

"Ich kam auch Ohnmächtig herauf?" fragte ich plötzlich verdutzt. Mir war es seltsamerweise gar nicht erst in den Sinn gekommen, dass ich zuvor ebenfalls in der Box gelegen hatte. Meine erste Erinnerung an diesen Ort war, dass ich auf der Wiese aufgewacht war. Sicherlich, war ich beinahe in die offen stehende Box kopfüber und rückwärts hineingefallen, aber der Gedanke ebenfalls Ohnmächtig gewesen zu sein, fühlte sich so absurd an. Ich hatte zuvor noch nie mein Bewusstsein verloren.

"Jup." wieder eine kurze Antwort von dem Sani. Er schien jetzt mit dem Einräumen und sortieren fertig zu sein und setzte sich wieder zurück auf den Stuhl, den er jetzt allerdings mehr in die Mitte zwischen den Betten zog und damit näher zu mir. Er musterte mich eindringlich bevor er weitersprach.

"Wie ist es so?" fragte er plötzlich und seine Frage verblüffte und verwirrte mich zu gleich.

"Was?" fragte ich.

"Sich zu erinnern." sprach er in einem melancholischen Tonfall. Diese Unterhaltung hatte schlagartig eine sehr deprimierende Richtung eingeschlagen und verlegen schluckte ich.

"Ich... Ich weiß nicht..." grübelte ich verlegen nach. "Ich kann mir nicht vorstellen, ohne sie zu sein." gab ich ehrlich wieder.

"Muss schön sein..." er blickte jetzt traurig aus dem Fenster nach draußen.

"Nicht unbedingt..." versuchte ich den Sani ein wenig zu trösten.
"Ich erinnere mich zwar an mein Leben, was aber nicht bedeutet, dass es super toll war, verstehst du?" jetzt hatte ich sein Interesse geweckt und neugierig schnellte sein Blick zurück zu mir.

"War es sehr schlimm?" fragte er vorsichtig.

"Wie man's nimmt..." zitierte ich ihn und drehte mich jetzt doch auf den Rücken und starrte gegen die Decke. Ich wollte ihn nicht ansehen, wenn ich über meine Vergangenheit sprechen müsste. Die mitfühlenden oder verurteilen Spiegel in seinen Augen, brauchte ich jetzt wirklich nicht. Der Schmerz in meinem Rücken hatte sich etwas gelegt, dank dem festen Druck der Mullbinde um meinen Körper, aber wirklich stark belasten konnte ich die Stelle noch nicht, weshalb ich meine Hüfte ein wenig anspannte, um meinen unteren Rücken ein wenig anzuheben und zu entlasten.
"Ich hatte eine Familie. Aber ich glaubte sie liebten mich nicht. Viele Freunde hatte ich auch nie. Ich hatte mehr falsche Freunde, als wahre und die meiste Zeit war ich immer auf mich allein gestellt. Ich habe schlimme Sachen durchmachen müssen, zugegeben vermutlich nicht auf dem Level was ihr hier durchmachen musstet, aber ich kann mit Stolz sagen, dass ich immer noch hier bin." es fühlte sich einerseits seltsam an, mit Clint über all das zu sprechen. Aber es war auch irgendwie so, als würde man sich schon ein ganzes Leben lang kennen und die Worte sprudelten ohne Bedenken einfach aus mir heraus. Vielleicht war dieses Gefühl auch verfälscht, dadurch, dass ich ihn ja auch irgendwie tatsächlich kannte. Zumindest soweit, wie James Dashner es für notwendig gehalten hatte, über ihn zu erzählen.

Bloody inspiredWo Geschichten leben. Entdecke jetzt