Kapitel 6

48 8 2
                                    

„Ich werde dich nicht hängen lassen San. Wir werden einen Weg finden, gemeinsam."
Hongjoong sagte seine Worte so aufrichtig, als würde er sie von tiefstem Herzen so meinen. Ich hatte ein Gutes Gefühl in der Gegenwart des Kleineren, diese Vertrautheit zwischen uns war so natürlich. Es war beinahe als wären wir schon ewig Freunde.
„Ich muss jetzt gehen, wir sehen uns..." sagte Hongjoong und drückte nochmal meine Hand, bevor er sie losließ.

-

San schreckte hoch, schweißgebadet und in Atemnot. Er befand sich wieder in seinem Zimmer, in seinem Bett.
Ich träumte wieder von ihm... Ich erinnerte mich nicht an seinen Namen. Was wollte der Junge, warum suchte er mich in meinen Träumen heim? Wieso wirke ich so vertraut mit ihm? Was habe ich für eine Beziehung zu ihm?
San konnte sich nicht erinnern, ihn jemals in Echt gesehen zu haben, bis jetzt dachte er es wäre alles in seiner Fantasie...

Grummelnd warf San die Decke von sich, und stand auf. Alles drehte sich, und ihm war so schwindelig, dass er zurück ins Bett fiel.
Er hielt sich schmerzverzehrt die Stirn, welche ihn mit pochenden Kopfschmerzen quälte.
Was ist das, was ist nur los mit mir? Warum bin ich so schwach?
San merkte wie ihm die Tränen kamen, und sie unkontrolliert an seinen Wangen herunterliefen.
Wieso? Wieso weine ich?

San schüttelte den Kopf, weil er es sich nicht erklären konnte. Generell konnte er sich alles hier nicht erklären, was war das überhaupt für ein Zimmer?
Er rieb sich über das Gesicht, als müsste er erst wach werden um klarer denken zu können, da spürte er an seiner Stirn etwas, dass dort nicht hingehörte.
San sprang vom Bett auf und ging zum Spiegel, um es sich genauer anzusehen. Dort entdeckte er auf der linken Seite seiner Stirn ein breites Pflaster, knapp oberhalb der Augenbraue.

Als er mit dem Finger leicht darüber strich, spürte er immer noch dass es schmerzte. Es musste relativ frisch sein.
Er schloss die Augen und rieb ein paar Male über das Pflaster und hoffte auf eine Erinnerung, über das was passiert war.

Eine Hand legte sich plötzlich auf meine Schulter, und ich spürte den starken Griff einer anderen Person um mein Handgelenk.
Die Person zog mich mit, er zog mich von der Tür weg.
"San, komm mit mir!" Sprach er.

Seine Schulter wurde stärker gerüttelt, als er schließlich seine Augen erschrocken aufriss.
San war zurück in der Realität, hinter ihm stand seine Mutter und hatte die Hand auf seiner Schulter abgelegt.
Was für eine seltsame Erinnerung, wann war das denn passiert?

„Guten Morgen mein Schatz, ich bringe dir deine Medizin, gegen die Schmerzen." sagte sie breit lächelnd, als hätte sie ein Geschenk in der Hand.
San kam immer noch nicht darauf klar was gerade passiert war, er war wie weggetreten. Seine Mutter schien es auch nicht gemerkt zu haben, obwohl es sich so intensiv angefühlt hatte. Er schaute sich wieder im Spiegel an und entdeckte die leichten Schweißperlen an seiner Stirn.
„Was ist das für eine Wunde, Mum?"

-

San saß auf dem Sofa und heulte sich die Augen aus. Diese schreckliche Nachricht über den Unfall, und den Tod seiner besten Freunde waren der Auslöser. Und dann war da noch seine posttraumatische Amnesie. Es war alles noch so frisch, seine Wunde tat noch so weh, es musste erst kürzlich passiert sein.

Plötzlich klingelte es an der Haustür, und er musste seine weiteren Tränen fürs Erste zurückhalten. Bevor er die Tür öffnete, wischte er sich die nassen Augen mit seinem Ärmel ab.
Hinter der Tür stand ein Junge etwa in seinem Alter, kleiner als er selbst. Besonders fiel ihm die knallrote Müt-
Sans Augen weiteten sich, denn er erkannte den Jungen aus seinem Traum letzte Nacht.

Es war doch kein sinnloser Traum, diesen Jungen mit der roten Mütze gab es tatsächlich.
„Hallo, ich wollte fragen ob du- was.. was ist passiert?" fragte er erschrocken.
Der Junge kam sofort näher und wollte seine Hand auf Sans Arm legen, da zog er ihn davor weg.
Wieso tat er, als würden wir uns kennen? Kannten wir uns etwa?
Der Kleinere zog seine Hand wieder zurück, als San ausgewichen war und hob sie unschuldig nach oben.

„Sorry ich wollte nicht- Ist alles ok?"
San sah in die großen braunen Augen des Jungen, welcher scheinbar wirklich in Sorge um ihn war.
„Ich-" begann er, wurde aber unterbrochen.
„San, hatte einen Unfall und leidet an Amnesie, er wird sich nicht an dich erinnern." sagte seine Mutter, die hinter ihm an der Tür aufgetaucht war.

Ich drehte mich um und sah die abwertende Haltung meiner Mutter. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und musterte diesen fremden Jungen von oben bis unten.
Es fühlte sich an als hätte sie mich bloßgestellt, mein Geheimnis enthüllt... ich wusste nicht mehr was ich sagen sollte.

Beschämt schaute San auf den Boden und legte seine Arme schützend um sich.
„Ohh... ähm..Ich.." fing der Junge an zu stottern.
„Du gehst jetzt lieber, er braucht viel Ruhe." sagte die Mutter streng und zog ihren Sohn am Arm ins Haus.
„Aber, ich wollte-"
Die Tür wurde ihm vor der Nase zugeworfen, und San konnte nicht mehr erfahren was er noch zu sagen hatte.

Seine Mutter murmelte wütend etwas vor sich hin, als sie sich anschließend wieder zu ihrem Sohn wendete.
„Wer war das? Wieso kenne ich diesen Freund nicht?!" sagte sie in einem lauten Ton.
Ich wusste nicht was diese Szene sollte, hatte sie jemals etwas dagegen gehabt dass ich Freunde hatte?
Mingi und Yunho waren immer wie ihre Söhne für sie und meine Brüder. Auch wenn ich einen neuen Freund mit nachhause gebracht hatte, war sie nie dagegen, also wieso dieser Aufstand?.

Wieder machte sich ein stechender Schmerz in der Schläfe bemerkbar, es war unerträglich. San kniff schmerzverzerrt die Augen zusammen, bevor er wieder sprechen konnte.
„Du hast ja nicht mal versucht ihn kennenzulernen, sondern ihn direkt weggeschickt!" beschwerte er sich schließlich , als er auf einmal diese Wut in sich spürte.
Er bekam dieses Bedürfnis diesen Jungen zu verteidigen, vielleicht weil es einfach nur unfair war ihn so unfreundlich wegzuschicken.

„Er ist nicht gut für dich, du brauchst Ruhe!"
„Ich kann doch selbst entscheiden ob er gut für mich ist, ich bin schließlich alt genug!"
San schrie so laut, dass er seine Mutter erschreckte und sich beinahe selbst Angst machte. Wieso verweigerte seine Mutter ihm, sich mit einen Freund zu treffen? Ablenkung wäre jetzt genau das richtige, oder Jemanden mit dem er reden konnte.

„Dann bist du auch alt genug, ins Gefängnis zu gehen." sagte sie mit einer unheimlichen ruhigen Stimme.
San lief bei diesen Worten ein Schauer über den Rücken. Was meint sie denn mit Gefängnis?
„Warum denkst du sind wir hier? Damit du in Sicherheit bist, und du nicht für den Mord an deinen Freunden in den Knast musst."
San fühlte wie sein Magen sich drehte, und ihm einfach nur kotzübel wurde.

Er fing an langsam, und immer schneller seinen Kopf zu schütteln. Nein...das kann nicht sein...
San wusste nicht mal wie man Auto fuhr, er hatte doch nicht mal den Führerschein.
„Wenn die erfahren dass du gefahren bist, obwohl du nicht darfst, wirst du sofort verhaftet. Sie werden nach dir suchen, es ist nur eine Frage der Zeit bis sie damit anfangen. Und wenn dieser Junge sieht dass du ein Mörder bist, wird er nicht zögern dich zu melden."

--------------
🪡

•STRANGER• HongSanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt