Komm in mein Baumhaus Baby

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„Du willst einen Märchenprinz, also einen reichen Mann
Einen mit dem du angeben kannst, einer der dir etwas leisten kann..." *

Luisa sitzt in ihrem 1er BMW, lauscht den Klängen von „Ihr braucht mich" und merkt gar nicht, dass sie teilweise mitsingt. Da Braunschweig quasi auf halber Strecke liegt, hat sie mit Steven ausgemacht, dass sie ihn auf dem Weg zurück nach Hamburg besucht.

Die restliche Zeit in der Heimat ist wie im Flug vergangen. Sie hat sich bemüht, die Tage mit ihrer Familie zu genießen und Maxim auszublenden. Weitere Blumen und Geschenke wurden möglichst nicht angenommen. Entschuldigungsversuche seinerseits ignoriert sie nach wie vor so gut es geht oder blockt diese ab. Nachrichten und Anrufe bleiben dank der genialen Erfindung namens „Blockierfunktion" aus.

In der zweiten Woche hat sie ihr Homeoffice wie geplant in dem Büro ihres Vaters im Keller eingerichtet. Da ihr Arbeitgeber mobiles Arbeiten ermöglicht, kann sie von theoretisch jedem Ort auf der Welt arbeiten - sofern sie Zugriff auf ihren Laptop und eine stabile Internetverbindung hat.

Wie es üblich ist, wenn man sein Kind selten sieht - unabhängig vom Alter - wurde sie über den Tag von vorne bis hinten verpflegt und bedient. Noch bevor sie auch nur den Gedanken an eine Tasse Kaffee formen konnte, kamen Thomas oder Anke mit einem Cappuccino inklusive Butterkeks herein oder brachten ihr einen Teller mit kleingeschnittenem Obst.

Der Abschied ist allen Beteiligten nach der intensiven und ereignisreichen Zeit dann alles andere als leicht gefallen.
„Machet jut und ...sei trotz allem wat passiert is nich zu negativ. Gegenargumente können aus der richtigen Perspektive betrachtet auch positiv sein," hat Anke ihr bei einer innigen Umarmung ins Ohr geflüstert und ihr dann zugezwinkert. Etwas verwirrt über die Worte ihrer Stiefmutter wurde Luisa anschließend von ihrem Vater und zuletzt von ihrer Schwester fest umarmt.
Doch jetzt fällt es ihr wie Schuppen von den Augen, worauf Anke angespielt hatte.

„Er sollte muskulös sein, mit riesengroßen Armen
Tja, was soll ich noch groß sagen? Jetzt erliegst du meinem Charme! Bitch!"

Gegen 16 Uhr erreicht Luisa Braunschweig und parkt wenig später vor dem Mehrfamilienhaus, in dem Steven wohnt. Sie schaltet den Motor aus und atmet einmal tief durch. Wie es wohl sein wird zwischen uns? Das letzte Treffen ist gefühlt eine Ewigkeit her. Ich brauche doch immer meine Zeit zum Auftauen.
Schließlich steigt sie aus, schnappt sich ihren Rucksack, in den sie Sachen für eine Nacht gepackt hat und verriegelt das Auto auf dem Weg zum Hauseingang per Knopfdruck. Ihr Blick wandert über die Klingelschilder neben der Tür bis sie den richtigen Namen gefunden hat. Aus für sie unerklärlichem Grund ist sie dieses Mal aufgeregter als vor den bisherigen Dates mit ihm. Mensch was ist denn los mit mir. Jetzt reiß dich mal zusammen. Entschlossen klingelt sie bei Matyssek und es dauert nicht lange, da ertönt ein Summen. Sie drückt die schwere Haustür auf und tritt in den kühlen Hausflur. Während sie die Treppe bis ganz nach oben geht, klopft ihr Herz immer schneller.

Als sie Steven lächelnd im Türrahmen seiner Wohnung stehen sieht, freut sie sich einfach ihn zu sehen.
„Hallooo, komm rein, komm rein! Schön dich zu sehen!
„Hi!" Sie lächelt ebenfalls.
Es folgt eine Umarmung zur Begrüßung und Steven sorgt dafür, dass sie etwas länger andauert. Dann macht er einen Schritt zur Seite, damit sie eintreten kann.
„Äh...bist du gut durchgekommen?", fragt er leicht aufgeregt.
„Jaaa, alles gut. Danke."
Seine Frage, ob sie etwas trinken wolle, bestätigt sie, woraufhin er in der Küche verschwindet.
„Schmeiß deine Sachen einfach irgendwo hin," ruft er ihr zu, während sie ihre Jeansjacke auszieht und diese an einen Haken im Flur hängt.
Als er mit einem Glas Wasser zurückgekehrt bedankt sie sich und trinkt es in einem Zug aus. Einerseits weil sie Durst hat, andererseits um ihre Nervosität zu überspielen.
Steven staunt nicht schlecht, geht jedoch nicht weiter darauf ein.
„So, aber ich zeig dir erstmal mein Reich, mein Zuhause....den Flur kennst du ja schon," grinst er verschmitzt. „Küche....Bad...Schlafzimmer.... Wohnzimmer....und das wichtigste...mein kleines Studio, hier entsteht die Magic," erklärt er mit einer theatralischen Handbewegung.
Neugierig aber zurückhaltend sieht sie sich ein Zimmer nach dem anderen an. Es wird sofort deutlich, dass hier ein Nerd wohnt, der auf Zocken und Anime steht. Wow, so viele Konsolen und Spielzeug. Der Teil ist also nicht nur Show.

„Also, eigentlich bin ich nicht so der Planer, aber ...für dich habe ich mal eine Ausnahme gemacht. Du hast behauptet Braunschweig ist ein Kaff. Das kann ich so nicht stehen lassen." Er sieht auf seine Armbanduhr. „In ungefähr einer halben Stunde müssen wir los."
„Ok, ich bin gespannt." Grinsend deutet sie auf die Controller auf dem Couchtisch: „Dann können wir ja noch 1-2 Runden drehen."
„Auf jeden!" nickt er mit einem breiten Grinsen.

Also nutzen Sie die Zeit zum Mariokart-Zocken. Steven ist voll und ganz in seinem Element und gewinnt eine Runde nach der anderen. Obwohl er es hasst, zu verlieren, lässt er sie bei der letzten Runde dann gewinnen. Das ist ihr natürlich nicht entgangen. Doch sie bevorzugt es als ebenbürtige Gegnerin behandelt zu werden.
„Weißt du, du musst mich nicht gewinnen lassen!"
„Ah, war zu offensichtlich, oder?"
„Äh...Jap...du bist in die falsche Richtung gefahren!"
Sie sehen sich an und müssen lachen.
„Also gut, ab jetzt gewinne ich nur noch. Aber trifft sich gut, das liegt mir auch einfach mehr als zu verlieren."
„Abwarten. Man gewöhnt sich an alles," erwidert sie ruhig.

Da es Zeit ist zu gehen, erhebt sich Steven von seinem Sofa. Nachdem sie das Haus verlassen haben, laufen sie die Straße hinunter bis Steven bei einem E-Roller stehen bleibt. Er holt sein Handy aus der Hosentasche und öffnet die entsprechende App.
„Siehst du, das ist der erste Beweis. Hier gibt's E-Roller, die gibt's in einem „Kaff" nicht. Sharing is caring."
„Naaagut, Punkt für Braunschweig," stimmt sie wohlwollend zu, „müssen wir nur noch einen zweiten Roller finden."
„Ach Quatsch, da passen wir zu zweit drauf."
Luisa zieht skeptisch die Augenbrauen hoch, während Steven sein IPhone wieder in die Hosentasche schiebt und den Lenker des Rollers nimmt. „Komm, das passt."
„Aber ..."
„Du hältst dich einfach gut an mir fest."
Luisa macht keine Anstalten sich von der Stelle zu bewegen. Der Gedanke, ihm plötzlich so nah zu kommen, stresst sie etwas.
„Was ist? Ich hab' das mit Duff schon oft gemacht." Er greift nach ihrer Hand.
Zögernd macht sie einen Schritt auf ihn zu und er zeigt ihr, wo sie die Füße hinstellen soll. Sie hält sich an seinen Schultern fest und steigt ebenfalls auf. Da der Platz sehr begrenzt ist, muss sie ganz eng hinter ihm stehen.

Steven gibt Gas, sodass der Roller mit Schwung anfährt. Bevor sie nach hinten fallen kann, schlingt sie schnell ihre Arme um seine Taille. Für ein unwohles Gefühl aufgrund von zu viel Körpernähe bleibt somit keine Gelegenheit. Ein paar Anläufe und Lachanfälle später sowie mit genügend Speed klappt es schließlich mit der Balance und sie düsen los.
„Whoooo, let's go."
Da er einen halben Kopf größer ist als sie, lehnt sie ihren Kopf an seinen Rücken. Nach ein paar Minuten lässt ihre Anspannung etwas nach und sie genießt den Fahrtwind in ihren Haaren.

Es geht quer durch die Stadt, vorbei an einigen Sehenswürdigkeiten, die Steven übertrieben wortreich vorstellt. „Also es war einmal vor vielen Monden...ein Herzog namens Heinrich und der hat zum Zeichen seiner Macht eine Löwenstatue aufstellen lassen - den Braunschweiger Löwen, das bekannteste Wahrzeichen der Stadt...als ich klein war wollte ich da immer raufklettern..."

Bei einem Lokal am Okerufer werden sie dann langsamer und halten schließlich an.
„So, bereit?"
Luisa hüpft mit einem Grinsen im Gesicht vom Roller.
„Bereit wofür?", fragt sie neugierig.
„Wirst du gleich sehen. Eine ultimative Aktivität, die man sonst nur aus Hamburg, Berlin, München oder Köln kennt!"

* Sudden - Garten Eden

No Fangirl (Sudden FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt