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Maya Morgan wohnt in einer Siedlung, in der es normal ist morgens um 9 schon das 4. Bier intus zu haben - das kann ich gleich erkennen, nachdem mein Chauffeur mich in diese Gegend gebracht hat. Überall herrscht Chaos und allein vom Anblick mancher Menschen bekommt man Herpes oder schlimmeres.
Maya hingegen sieht dagegen aus, als wäre sie unrechtmäßig hier - schon allein ihr äußeres passt nicht zu der Umgebung.

Es mag ungewöhnlich erscheinen das der Bräutigam am Tag seiner Hochzeit die Braut zuhause abholt, aber anders hat sich das nicht regeln lassen. Der Deal das Maya schon einige Tage zuvor bei mir einzieht musste geändert werden, weil sie private Dinge zu regeln hatte - aber sie hat mir versichert das alles noch steht und ich glaube ihr. Also stehe ich in dieser versifften Gegend am Hochhaus in dem sie wohnt und warte an den Wagen gelehnt, in meinem Smoking und total deplatziert. Dann kommt sie.

" Wir müssen uns beeilen. Bis zur Kapelle sind es 10 Minuten und die Zeremonie fängt in 20 Minuten an. " maule ich ohne sie zu begrüßen. Ihr leicht gehetzter Ausdruck auf dem Gesicht wird verstärkt, weil ich sie tadele aber sie erwidert nichts. " Gib mir deinen Koffer und setz dich. "
Mürrisch steigt sie ein und wartet auf mich, während ich den Koffer in den Wagen werfe und selbst wieder ins Auto springe. Bisher hat Vater noch keine Gelegenheit gehabt die Frau an meiner Seite kennen zu lernen und er vermutete sogar ich würde spinnen als ich ihm sagte das ich heiraten werde, doch an diesem Tag werde ich ihn eines besseren belehren.
" Gehen wir nochmal alles durch. " sage ich und sehe Maya an. " Wir haben uns... " - " ... An einem Dienstag Abend in einer Bar kennengelernt. Es war Liebe auf den ersten Blick. " beendet sie den Satz für mich. Mit einem leichten Augenrollen quittiert sie das ganze.
" Ich weiß was wir vereinbart haben, Neo, also musst du schon darauf vertrauen das ich es nicht vergesse. "

An der Kapelle angekommen eile ich mit ihr hinein und umgehe die bereits wartende Menge, führe sie zu einem Hinterzimmer und bleibe vor der Tür stehen. " Du hast Hilfe beim anziehen und zurecht machen. Ich warte beim Pfarrer. Beeil dich. "
Und damit verschwinde ich und lasse sie zurück, denn schließlich soll das ganze so authentisch wie möglich wirken und Vater sowie die gesamte Scavo Sippschaft legen Wert auf Tradition. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich als einige Minuten später ein kleiner Chor beginnt ' Hallelujah ' zu singen und somit Maya anzukündigen. Es gehört zum guten Ton und wird seid Jahrzehnten gleich gehalten, daß die Braut bei diesem Song zum Altar schreitet.
Maya sieht hübsch aus in dem bodenlangen weißen Kleid, das am Brust Ansatz sowie am Saum mit Spitze verziert ist. Ansonsten wirkt es eher schlicht, trotzdem jedoch elegant. Ich habe es einen Tag nach Maya's Zuschlag für den Deal ausgesucht - ohne sie. Ihre langen braunen Haare sind zu einer Seite zusammen gebunden und gelockt, ihr Make-up Gott sei Dank unauffällig und schlicht.

Ein Raunen geht durch die Menge und auch Vater sieht mich anerkennend an, haben wir beide doch fast den selben Geschmack was Frauen anbelangt. In diesem Moment weiß ich, daß die Täuschung funktioniert und einige Sekunden später strecke ich meine Hand nach meiner Braut aus um ihr auf das kleine Podest zu helfen und die Zeremonie beginnen zu lassen.

Einen Schwur und 5 Ave Maria später sind wir dann endlich verheiratet. Der kurze Moment des Kusses wirkt echt auch wenn er mir gar nichts bedeutet. Tanten, Onkel, Cousinen und sogar mein Vater kreisen uns förmlich ein, weil jeder ein Stück Aufmerksamkeit der Braut genießen möchte und ich bin überrascht wie gelassen Maya all die nervenden Fragen beantwortet und trotzdem höflich bleibt, selbst wenn die Fragen sich einige Male wiederholen.
Mein Vater beobachtet uns und klopft mir schließlich auf die Schulter. Er hat es geschluckt. Er kauft uns diese Scharade tatsächlich ab.

Anders als eigentlich üblich verzichten wir großzügig auf eine Reise in die Flitterwochen. Auch dafür hat Maya bereits einen einstudierten Text von mir erhalten und bringt ihn überzeugend rüber, sodass wir wenig später ohne großes Tamtam zur Feier aufbrechen können.
Ein Strandabschnitt wurde eigens dafür gesperrt und hergerichtet und alle Gäste warten zwischen den hübsch dekorierten Tischen auf denen Flieder und Klee ausgebreitet sind darauf, das wir den traditionellen ersten Tanz als Ehepaar vollziehen.

" Du machst das bisher gut. Weiter so. " murmle ich und führe meine Braut an der Hand. Ich wirble sie sachte herum, ziehe sie dann dicht an mich und lenke meinen Fokus auf sie um glaubhaft zu erscheinen. " In etwa einer Stunde brechen wir auf. "
Es gilt keine Zeit zu verschwenden.

Mein Chauffeur fährt gerade den Steinweg zu meinem Anwesen hinauf, als mein Telefon klingelt. Für Vater und die anderen Gäste erschien es zwar merkwürdig das wir so früh von unserer eigenen Party aufgebrochen sind, doch alles schien vergessen als ich angekündigt habe, das sie so viel essen und trinken können wie sie möchten - natürlich auf meine Kosten. Bereits jetzt hat mich dieser Irrsinn ein kleines Vermögen gekostet, doch es ist es wert wenn man bedenkt was ich am Ende dafür erhalte. Lieblos nehme ich den Anruf an ohne darauf zu achten wer es überhaupt ist. " Was? " blaffe Ich und höre das leichte Lachen von Cora, mit der ich bis vor kurzem noch ein sexueller Arrangement hatte. " Was bist du denn so giftig, mein Liebster? Treibt dich deine Braut jetzt schon in den Wahnsinn? " fragt sie und lacht.
" Nein. Was willst du? " gebe ich knapp zurück. Für Höflichkeiten habe ich keine Zeit und Cora ist nichts anderes von mir gewohnt. " Ich vermisse dich, Neo. Lass mich heute Nacht zu dir kommen. Es wird niemand erfahren. "

Mir bleibt nichts anderes übrig als abzulehnen. Besonders in den ersten paar Wochen sollte ich mir keine Fehltritte erlauben denn ich weiß das Vater mich sehr genau beobachtet. Wenn er erstmal sieht wie harmonisch Maya und ich zusammen leben, wird er all seine schnüffelnden Hunde zurück rufen und den Weg für ausschweifende Ausfälle meinerseits freigeben. Bis dahin... Muss ich die bittere Pille schlucken und wohl selbst Hand anlegen.

Cora ist wenig begeistert, jammert sogar etwas zu sehr, also beende ich das Telefonat und bemerke erst jetzt, das Maya mich unaufgeregt mustert. Ich ignoriere ihre Blicke, konzentriere mich darauf gleich aus dem Wagen zu springen und mit dem weiter zu machen, was ich dank der Hochzeit aufschieben musste. Ein Berg an Arbeit wartet auf mich.

Tanner, mein Chauffeur, trägt Maya's Koffer ins Haus und ich rattere eine Erklärung für die Räumlichkeiten herunter. " Grade aus findest du die Küche mit angrenzender Essecke. Rechts ist das Gäste Bad, links ein kleiner Salon für Kaffee und andere kurze Meetings. "
Sie folgt aufmerksam meinem Blick, bis ich auf die Treppe zeige. " Oben ist dein Schlafzimmer, ein großes Badezimmer, mein Büro und mein Schlafzimmer. Tanner wird dir alles zeigen. Wir essen um 18 Uhr, sei also pünktlich. Wenn du Fragen hast,... " - " ... Frage ich Tanner? "

Cleveres Mädchen.

Ohne sie noch eines weiteren Blickes zu würdigen ziehe ich los, erklimme die Stufen und schließe die Tür meines Büros hinter mir. Erst jetzt lockere ich die Krawatte, die mir schon die ganze Zeit den Hals zu schnürt. Mit einem langen Seufzer lasse ich mich auf meinem Chefsessel nieder, greife nach meinem Laptop und stürze mich kopfüber in Arbeit.

Ein ganzes Jahr, Neo. Du musst nur ein ganzes Jahr durchhalten - dann normalisiert sich alles wieder.

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