Kapitel 1 // Höllische Begegnung

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Ich trat ein. Hinter mir ging die Tür in Flammen auf und der Aufseher schrie, als er auch hindurch wollte. Doch diese Auszeichnung war nur für mich. Ich war schon immer die Gemeinste, Schönste und Brutalste gewesen. Mein neuer Chef, das Oberhaupt der Teufel, würde sicher sehr begeistert über all meine schlechten Taten sein. 

Mein Blick wanderte durch den Raum. Er schien riesig, die Flammenwände schienen hier bis in die Unendlichkeit zu reichen, denn keine Decke war zu sehen. Der übergroße Schreibtisch stand in der Mitte des Raumes und trotz dass ich beinahe so groß wie er erwachsener Teufel war, fühlte ich mich winzig. 

Doch als ich meinen Blick hinter den Schreibtisch wandern ließ, erlebte ich eine Enttäuschung. Der so gelobte Oberteufel sah gar nicht so gefährlich aus. Und so groß wie der Rest des Raumes war auch nicht, höchstens zwei Meter. Graues Haar und eine zierliche Statur hätte ich auch nicht erwartet. Wie konnte man so einen Greis den König der schlechten Taten nennen? Dennoch riss ich mich zusammen und erwies ihm den Respekt, den er verdiente. Er konnte es nicht als schlecht empfinden, dass ich sein Aussehen verurteilte, immerhin waren Vorurteile gegen nutzlose Geschöpfe wie alte Leute unabdingbar als Teufel. 

"Höchst erfreut, Eure Hoheit kennenzulernen." Ich machte einen tiefen Knicks und neigte den Kopf. Ich musste den nur bestmöglichsten Eindruck machen, um eine gute Position zu erhalten. 

"Lass den Kram. Mit deinen Knicksen kommst du nicht weit. Wenn man dich so sieht, kann man beinahe glauben, du seist ein einfaches Menschmädchen. Aber denk immer daran, du bist dazu ausgewählt, den Menschen den richtigen Weg zu zeigen. Den Weg der Macht. Den Weg des Erfolgs. Meinen Weg. Nur wenn du auch wirklich weißt, was du sein willst, kannst du diese Aufgabe erfüllen." Seine schwarzen Augen schlossen sich vor Abschaum. Ich hatte es tatsächlich geschafft, ihn zu enttäuschen. Doch ich durfte ihn nicht enttäuschen! Niemals! Ich hatte eine Aufgabe und ich musste sie erfüllen. 

"Natürlich, Majestät. Diese leichtgläubigen Wesen werden gewaltsam lernen, was es heißt, erfolgreich zu sein." Ich war mir ganz sicher. Ich musste mir ganz sicher sein. Immerhin war ich auf der mächtigsten Seiten überhaupt. Mit dem Oberteufel höchstpersönlich konnte mir nichts geschehen. Ich würde meinen Auftrag blendend machen. Mittlerweile fragte ich mich, wohin ich hinsollte. Die Welt war groß und überall war ein Teufel zu gebrauchen. Am liebsten wäre ich in die Politik oder in die Chefposition einer Firma gegangen, je mehr Macht, desto besser. Als größtes Talent unter den Teufeln musste ich schließlich etwas Wichtiges tun. 

"Schon besser. Auch wenn wir noch nie eine so verweichlichte Gewinnerin hatten. Du hast während dem Wettkampf nur eine Nase gebrochen und drei Teilnehmer geschubst, richtig?" Sein Tonfalls war arrogant und abwertend, als ob ich nichts erreicht hätte. Das verpasste meinem Übermut einen kleinen Dämpfer. 

"Ja, aber ich habe einigen das Bein gestellt und habe ein paar Tests gestohlen." Hoffnungslos versuchte ich mich noch retten. 

"Bein gestellt, geschubst, Tests gestohlen ... Was bist du? Ein Teufel oder ein Schulmädchen? Da du dich offenbar wie ein störrisches Kind verhältst, werde ich dich auch in die Schule schicken. Du bist einfach nicht gut genug für die echte Welt. Beweise dich ein Jahr, dann wirst du vielleicht ein richtiger Teufel mit ernsthaften Aufgaben. Es ist nicht selten, dass einer von uns die Seite wechselt, oder einfach nur ein Mensch sein will. Nur wenn du auch kämpfst, kannst du auch alles erreichen. Ohne Rücksicht auf Verluste gegen alle, die zu schwach sind um zurückzuschlagen; das ist unsere Devise. Schwöre, dass du auch bereit bist, dich daran zu halten." 

Auch wenn er mich beleidigte, war ich von dieser Rede wie verzaubert. Es waren nicht die Wort, sondern die Art, wie er es sagte. Allein sein abfälliger Ton versprach mir, dass mein Leben perfekt sein würde, wenn ich nur auf seine Worte hören würde. Ohne Rücksicht auf Verluste gegen alle, die zu schwach sind, um zurückzuschlagen. Ich musste mich daran halten. 

"Ich schwöre es, Eure Majestät." Ich legte meine Hand aufs Herz und sprach es in einem feierlichen Ton aus. Ich würde mein Bestes geben, meinen Schwur zu halten. Und zu dem Zeitpunkt war ich fest davon überzeugt, es schaffen zu können. Ich war nun ein richtiger Teufel und hatte meinen ersten echten Auftrag, so klein er auch sein mochte. Ich würde noch allen zeigen, was ich konnte. Ich würde noch allen zeigen, wer ich war. 

Hochmut kommt vor dem Fall--- 

Die Hölle ist leer, alle Teufel sind hierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt