Die Hölle ist leer, alle Teufel sind hier

Kapitel 4 // Missverstandene Genies

"1. Frage: 3000x + 12000 = 12000x + 3000. x = ?

Antwort: x = 1"

Diese Lehrerin schien tatsächlich genauso dumm wie fett zu sein. Hoffentlich war nur die blöde Zicke an der Aufgabe gescheitert, viel Gehirn würde ich ihr immerhin nicht zutrauen. 

"2. Frage: In welchem Bundesland, welcher Stadt und welchem Bezirk liegt unsere Schule?

Antwort: Irgendwo im Nirgendwo in Berlinchen."

Erstens hatte ich wirklich keine Ahnung, wo ich hier war, wen interessierte schon dieser Fleck auf der Weltkarte, der sich Deutschland nannte? Und zweitens sah es draußen ganz und gar nicht nach Großstadt aus. Nicht einmal Wolkenkratzer gab es in diesem Kaff. 

"3. Frage: Womit befasst sich das Schulfach Politik?

Antwort: Wie grandios Menschen sein können, wenn sie sich wie ich verhalten."

Schließlich waren wir ja alle Teufel und ich würde bestimmt eines Tages auch einen tollen Job da bekommen. Man konnte mir nur nur ansehen, dass ich die geborene Herrscherin war. 

"4. Frage: Was lernen wir in Ethik?

Antwort: Wie verblendete Menschen die Welt sehen."

Ich hätte zwar lieber geschrieben, dass nur Volltrottel das so sehen, aber ich musste wenigstens ein Jahr lang an dieser Schule bleiben, weshalb ich wohl schlecht das Fach meiner Lehrerin so direkt beleidigen konnte. 

"5. Frage: Was heißt "nett dich zu treffen" auf Englisch?

Antwort: Nice to meet you."

Vielleicht sollte ich mich nach dem Unterricht mal auf die Suche nach ihrem Hirn machen. Hielt sie mich für eine Zweijährige oder wieso waren die Fragen so meilenweit unter meinem Niveau? 

"6. Frage: Wie ist die Welt entstanden?

Antwort: Durch den Urknall."

War zwar kompletter Unsinn, aber Menschen mochten solche Theorien offenbar. Sollte doch nur dieser dämliche Engel Abzugspunkte für die vermutlich viel zu religiöse Antwort bekommen. Für mich war es immerhin kein Problem zu lügen. 

"7. Frage: Wie schreibt man Intelegenz?"

Antwort: Intelligenz." 

Meine Antworten waren schlichtweg perfekt. Wenn ich dafür keine Eins mit Auszeichnung bekommen sollte, konnte es niemand. Ich war schon immer die Allerbeste gewesen. 

"Fertig!", verkündete ich mit meiner zauberhaften Stimme. 

"Dann lasst mal sehen ihr beide." Diese Nervensäge von Lehrerin versuchte noch immer, freundlich zu bleiben, auch wenn sie mich offenbar nicht leiden konnte. Es war so wie immer; alle beneideten mich um meine natürliche Schönheit, herausragende Klugheit und das Talent, alles zu können. Sie hassten mich, weil ich einfach viel besser als alle war. Aber ich kam damit klar, schließlich brauchte ich keine Versager in meiner Nähe. 

Wir gaben unsere Blätter ab, ich natürlich viel eleganter als dieses Kleinkind von Engel, und warteten. Die Lehrerin runzelte nach dem Lesen die Stirn und starrte uns irgendwie seltsam an. 

"Was ist?", fragte ich nach. 

"Nun, es war nicht alles korrekt ..." 

"Nicht?" Dieses kleine Engelchen war offenbar genauso entsetzt wie ich, auch wenn sie sicher schlimmer abgeschnitten hatte. Es musste einfach so sein, denn mich konnte niemand besiegen. 

"Ihr habt dieselbe Anzahl Punkte ..." 

In diesem Moment vergaß Vitalina ihr gutes Benehmen und riss unserer Lehrerin das Blatt aus der Hand. Ich spähte ihr über die Schulter, um zu wissen, was sie falsch hatte, bevor ich Frau Weinstädter mein Blatt wegnahm. Frage zwei hatte nur ich falsch, und dabei stimmte es doch. Sie war sicher nur viel zu dumm, um meinen hervorragenden Humor zu verstehen. Frage drei hatten wir beide falsch. Von wegen Engel konnten auch klug sein. Bei Frage vier hatten wir beide dieselbe falsche Antwort ... Was? Ich hätte vor Schreck beinahe das Blatt fallengelassen. 

"Du hast bei mir abgeschrieben!" 

"Das habe ich nicht." 

"Hast du doch, blöde Schleimerin, du Winzighirn!" 

"Ich schreibe niemals ab." 

"Und ob du es tust! Du bist eine miese Lügnerin, dumm und eingebildet, jawohl!" 

Ich war stinksauer, dass wir beide verloren hatten. Sie konnte nie im Leben so gut sein wie ich. Niemand konnte so gut sein wie ich, da war ich mir sicher. 

"Das bin ich nicht!" 

"Doch!" 

"Nein!" 

"Doch!" 

"Nein, und zudem ist es auch nicht falsch. Ich empfinde dies alles als vollkommen richtig und verlange eine erneute Prüfung meiner Unterlagen." Vitalina reichte ihr Blatt an die Lehrerin zurück. 

"Streberin, Langweilerin! Kannst nicht einmal selber denken!" Ich lachte laut über sie und ihr ach so niedliches Engelslächeln verschwand aus ihrem Gesicht. 

Hochmut kommt vor dem Fall---