Kapitel 40 //

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Bobby war doch gekommen! Er war tatsächlich da! Im ersten Moment wollte ich vor Freude aufspringen und jubeln, doch dann riss ich mich zusammen. Nein, er sollte mich suchen und nicht ich ihn! Immerhin hatte ich das hier nicht abgesagt. Wenn er wirklich wegen mir hier war, würde er mir früher oder später über den Weg laufen und ich würde einfach so tun, als wäre es nichts Besonderes. Ja, er suchte mich sicher schon und sobald er mich finden würde, würde er so bezaubernd wie eh und je sein. So musste es sein. 

Und so wartete ich. Und wartete. Und wartete. Aber er kam einfach nicht hierher! Was, wenn er mich einfach übersehen hatte? War das überhaupt möglich? Unsicher warf ich einen Blick zu Gloria hinüber, die ihm augenscheinlich schon böse Flüche zusandte. Wirklich, wie er sich jemals auch nur mit ihr beschäftigen konnte, war mir ein Wunder. 

Erst als die Musik leiser gestellt wurde und die meisten schon gingen, da es schon eine halbe Stunde nach dem Pflichtteil des Balles war, stand ich auf. Länger konnte ich nicht warten! Entweder ich sprach jetzt mit ihm, oder alles würde in einer Katastrophe enden! 

Noch bevor ich schnell ans andere Ende der Aula flüchten konnte, um einen besseren Überblick zu haben, tauchte Gloria wieder neben mir auf. Offensichtlich hatte sie Angst, dass sie zu meiner baldigen Verlobung zu spät kommen würde. Etwas anderes war immerhin nicht möglich. 

Ohne irgendwo stehenzubleiben durchquerten wir den riesigen Raum. Noch immer waren etwa hundert Leute da, aber wohl eher wegen dem Essen, das ich gerade entdeckt hatte, als wegen dem Ball an sich. Auch wenn die meisten Teller schon leer waren, sah vieles davon sehr appetitlich aus. Einige kleinere Kuchen, ein paar Schüsseln mit Obst und Gemüse und zwei große Tiramisus standen noch auf dem Tisch. Wäre ich nicht gerade so beschäftigt gewesen, so hätte ich mir sicher auch etwas davon geholt, bevor alles weg wäre. Wenn es schnell mit der Verlobung ging, würde ich vielleicht doch noch Zeit dafür finden. 

Seltsamerweise brauchte ich eine Weile, bis ich Bobby in der Menge erkannte. Wenn er mich suchte, musste man ihn doch auch sehen können, oder? Doch ich kümmerte mich nicht weiter darum. Nein, alles würde schon irgendwie Sinn ergeben. Und auch wenn ich mich herzlich wenig bis jetzt an die Ratschläge der anderen Engel gehalten hatte, so ließ ich dieses Mal die mir ewig gepredigte Gutmütigkeit zu. Solange er sich entschuldigte, war ich bereit, seine Fehltritte zu vergessen. 

Kaum dass ich wusste, wo er war, lief ich auf ihn zu. Am Anfang etwas schneller, doch zum Ende hin fiel mir ein, dass ich meine Würde bewahren musste. Selbst wenn diese teuflische Nervensäge noch immer mit von der Partie war. 

Ich holte noch einmal tief Luft und wollte gerade Bobby ansprechen, der mit dem Rücken zu mir stand, als ein anderes Mädchen auf ihn zuging. Es war hässlich, um es noch nett auszudrücken. Ihre unidentifizierbare Haarfarbe und das abscheuliche braune Kleid machten sie einer Vogelscheuche so ähnlich, dass ich mich wunderte, sie als Mädchen erkannt zu haben. Und dann auch noch diese kleinen Kulleraugen und die lange Nase ... Wie konnte er sich mit solch einem Inbegriff der Hässlichkeit überhaupt beschäftigen? Es war schrecklich, so einen Schmach mit ansehen zu müssen. 

Geschockt blieb ich auf der Stelle stehen, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Gloria hinter mir musste es ebenso gehen, denn sie sagte auch kein einziges Wort. Schrecklich, welche Mädchen mir nur immer versuchten, meinem Traumprinzen zu stehlen. 

Ich hatte gerade all meinen Mut zusammengesammelt, um Bobby endlich anzusprechen, als das Mädchen sich nach vorne beugte und ihn küsste. 

Die Hölle ist leer, alle Teufel sind hierWo Geschichten leben. Entdecke jetzt