Kapitel 5

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Das warme Wasser in der Dusche rinnt  meinen Körper herunter. Ich fühle mich gut. Sehr gut sogar. Heute habe ich durchgeschlafen, wie schon lange nicht mehr.

Als ich heute Morgen die Augen öffnete und auf die Uhr schaute, sprang ich erschrocken vom Bett. Es war fast zwölf Uhr mittags. Ich weiß gar nicht, ob ich je so lange geschlafen habe. Gestern wurde es auch nicht so spät. Ich kam nach Hause und suchte mir einen Film aus. Erst wollte ich mir 'Für immer Liebe' anschauen, doch dann beschloss ich mir keinen Liebesfilm oder Drama anzutun. Ich fand 'Hangover', schaltete es an und lachte mich durch den Film. Danach ging ich ausnahmsweise ins Bett zum Schlafen, anstatt auf dem Sofa einzudösen.

Schnell mache ich mich fertig, schnappe mir meine Handtasche und fahre ins Einkaufzentrum. Ich brauche unbedingt ein neues Outfit für heute Abend! Meine geliebten Bleistiftröcke und Blusen würden in einem Club dämlich aussehen.

Das Einkaufszentrum ist groß. Ich wühle mich konzentriert durch die Läden, weiß aber eigentlich nicht genau, was ich suche. Ich war schon so lange nicht mehr aus, sodass ich gar nicht weiß, was man heutzutage so trägt. Aber ganz bestimmt keine Bleistiftröcke, das ist schon mal sicher!

Ich sehe ein schwarzes Minikleid im Schaufenster - da gehe ich rein!

Zielsicher wühle ich durch die Stangen und finde schließlich dieses Kleid. Von Nahem sieht es noch besser aus. 'Ein kleines Schwarzes passt doch immer', denke ich mir.

In der Umkleide schlüpfe ich rein. 

Wie schön ist das denn?! Schlicht, aber doch sexy. Es ist sehr figurbetont, hat einen Herzausschnitt und unten reicht der Saum des Kleides bis zur Mitte meines Oberschenkels. Die Träger sind dreieckig - an der Schulter breit und am Saum des Kleides wird es ganz schmal. Der Rücken ist frei, nur ein zartes Kettchen fließt von der rechter zur linken Schulter. Das Kleid hat einen matten schwarzen Ton. Die Einsätze an der Taille, die rundum in drei schmalen Linien verlaufen, sind jedoch aus Leder. Cool! Das Kleid ist schon mal gebongt.

Schnell finde ich auch eine Clutch. Ebenso in Leder, aber beige, und mit Steinchen versetzt. Dazu passend hohe Pumps.

Zuhause angekommen, lasse ich erschöpft die Einkaufstüten fallen. Langsam wird es Zeit mich fertig zu machen. Irgendwie bin ich nervös. Liegt es daran, dass ich so lange nicht mehr aus war? Oder daran, dass ich zum ersten Mal, als eine ledige Frau ausgehe? Die Gedanken in meinem Kopf überschlagen sich. Mal freue ich mich auf heute Abend, mal habe ich ein unerklärlich schlechtes Gefühl dabei. So, als hätte ich kein Recht darauf Spaß zu haben ohne Julian. Ich versuche die Grübeleien beiseite zu schieben.

Ich steige nochmal unter die Dusche, um mich zu entspannen, wasche mir die Haare und rasiere meine Beine. Sorgsam trage ich das Make-up auf, schminke meine Augen zu dunklen Smokey Eyes und trage leicht roten Lippenstift auf. Etwas zu gewagt, aber mir ist heute einfach danach. Meine blonden, langen Haare föhne ich zu einer großen, welligen Mähne und ziehe meine neu eroberten Sachen an.

Ich betrachte mich im Spiegel und kann kaum glauben, dass das tatsächlich ich bin. Ich finde mich schön. Das war lange Zeit nicht mehr der Fall. Nicht, dass ich mich hässlich fühle, aber auch nicht sonderlich attraktiv.

Fast bin ich zum Aufbruch bereit, aber etwas fehlt noch. Ich hole die vertraute Schachtel aus der Schublade und nehme den Schmuck heraus. Kurz überlege ich, ob ich heute den Schmuck mal weglassen soll, schiebe den Gedanken aber schnell wieder beiseite und lege es gekonnt an.

Ja, so ist es besser. Mit dem Armband und der Kette fühle ich mich weniger einsam.

Ich nehme meine Clutch, stecke mein Smartphone, meinen Geldbeutel und die Schlüssel ein, schlüpfe in den neuen Blazer und mache mich auf den Weg. Gott, bin ich aufgeregt!

Jess - Strength of FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt