Kapitel 32

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Während ich mir vor dem Spiegel die Haare föhne, sehe ich mein eigenes Gesicht ununterbrochen grinsen.

Ich bin mir zwar nicht sicher, aber ich fühle mich irgendwie eigenartig. Glücklich?

Nach den komischen Träumen heute Nacht, in denen ich mit einem Mann zusammen war, der die Gestalt abwechselnd von Julian zu Damian und dann zu Liam wechselte, lag ich eine Weile wach. Ich dachte über diese ganze Misere nach - sehr lange - und kam zu dem Entschluss, dass ... naja, dass ich erstens einen Knall habe, und zweitens, ich noch einen größeren Knall hätte, wenn ich Liam keine Chance geben würde.

Mit einer imaginären pro und contra Liste, sieht es für Damian gar nicht gut aus gegen Liam.

Ich werde es wagen! Ich werde mit Liam glücklich sein. Das weiß ich. Und Luca auch.


Als ich bei meinen Eltern ankomme, werde ich von ihnen und von meinem Sohn herzlichst empfangen. Luca ist wie immer überglücklich und meine Mum strahlt, als sie mir in die Augen blickt. Sie ist einfach unverbesserlich, was Augenlesen angeht.

„Na, hat er dich endlich glücklich gemacht?", fragt sie, sobald Luca mit seinem Großvater im Garten verschwunden ist.

„Wer?"

„Du weißt schon, was ich meine, meine liebe. Wer ist der mysteriöse Mann, der deine Augen zum Leuchten bringt?"

Ich kann mein Lächeln nicht mehr zurückhalten. Und diese Info auch nicht. „Er heißt Liam. Ich kenne ihn von meiner Freundin Celina. Er ist ihr Schwager."

„Und?" Meine Mum ist wie immer zu neugierig.

„Was, und?" Ich stelle mich blöd, um etwas Zeit zu schinden, damit ich mir eine passende Antwort zurechtlegen kann.

„Und ... wie ist er?" Ich verfalle in eine Schockstarre.

Sie ist doch meine Mutter!

„Wiiir hatten noch niiicht ..." Ich stottere und schüttle dabei meinen Kopf.

„Oh Schatz!" Mum lacht. „Das habe ich doch nicht gemeint! Was denkst du bloß? Ich wollte wissen, wie er so ist. So als Mensch meine ich."

Ich stoße die Luft laut aus, die ich angehalten habe vor lauter Aufregung. „Sorry, ich war gerade etwas neben der Spur." Lachend über meine eigene Blödheit füge ich hinzu: „Eigentlich kenne ich ihn noch nicht allzu gut, aber das wollen wir bald ändern, wenn wir richtig miteinander ausgehen."

Ja ... das ist gut, um sie erstmal abzuwimmeln.

„Okay, hört sich vernünftig an. Komm, wir holen Dad und Luca zum Essen."


Nach dem Mittagessen brechen wir auf. Auf dem Weg frage ich Luca, ob er Lust hat, dass Emily mit ihren Eltern zu uns kommt. Natürlich freut er sich darüber. Liam erwähne ich mit Absicht nicht. Und zwar genau aus dem Grund, dass ich Angst habe, dass er sich an Liam zu schnell gewöhnt.

Zuhause angekommen, melde ich mich nochmal bei Celina, um zu sagen, dass wir schon da sind und füge gelassen hinzu: „Ach ja, und Liam kann natürlich auch kommen." Denn als ich sie heute Morgen angerufen habe, habe ich bewusst diese kleine Einladung vorenthalten, damit sie keine blöden Fragen stellt.

„Bist du sicher?", fragt sie.

„Klar. Ich mein, er muss ja nicht alleine Zuhause sitzen, oder?" Ich verkneife mir ein Lächeln, als würde sie mich sehen können.

„Okay, ich frage ihn." Ich freue mich, wie ein kleines Schulmädchen. „Aber glaub bloß nicht, dass ich es dir abkaufe, dass es nicht geplant war!", fügt sie verspielt hinzu.

Jess - Strength of FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt