Kapitel 38

36 7 57
                                    

„Liam, du solltest jetzt gehen!"

„Warum?" Er steht ebenfalls auf und kommt auf mich zu. „Jessy, es tut mir leid, was passiert ist. Dass ich mich so benommen habe ..."

Es klingelt ein zweites Mal an der Tür.

Ich spüre, wie die Hitze in mir hochjagt und gleichzeitig ein kalter Schauer sich ausbreitet. Ein komisches Gefühl durchflutet meinen Körper, vom Hals an bis zu den Zehen. Angst! Es ist Angst.

Ich weiß wer vor der Tür steht, und ich habe Angst vor dem, was gleich passieren kann. Vor Luca.

„Liam, es ist zu spät. Wir kriegen es nicht mehr hin. Ich ..."

„Damian!", erklingt die fröhliche Stimme meines Sohnes.

Scheiße! Nein, nein, nein!

Luca hat nicht ernsthaft die Tür aufgemacht?! Und ich habe keine Zeit mehr, es Liam zu erklären!

„Hey, Großer. Wo ist deine Mama?", hören wir Damians Stimme aus dem Flur.

Liam starrt mich fassungslos an. „Das ist nicht dein Ernst!" Seine Augen wirken hasserfüllt und angewidert.

Meine Panik steigt. „Liam, mach jetzt bloß nichts Falsches, bitte. Luca darf sowas nicht sehen."

Bei Erwähnung von Luca werden seine Augen weicher, aber trotzdem hart genug, um mir Angst einzujagen. Und er starrt mich immer noch verbittert an.

„Hey Jess, sorry, ich hab mein ..." Damian verstummt, als er mich und Liam erblickt. Seine Pupillen sind groß und springen zwischen uns hin und her.

Keiner von uns sagt ein Wort. Ich weiß, dass ich es klarstellen muss, doch ich weiß nicht, wie ich es glaubwürdig erklären soll.

Damian durchbricht die Stille, indem er Luca wieder auf den Boden stellt, der ihn umklammert hat. „Hey Kumpel, darf ich dich um einen Gefallen bitten?"

Luca nickt zufrieden.

„Lilli ist im Auto und schläft." Er hält Luca seine Schlüssel hin. „Kannst du kurz auf sie aufpassen?"

Mein Sohn scheint stolz über die Verantwortung zu sein, die er bekommen hat und ergreift den Schlüssel. „Klar!"

Fröhlich wendet er sich zum Gehen um, doch Damian hält ihn auf. „Warte." Dann kommt er auf mich zu und mustert mich eindringlich. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Was hat er vor?

Als er dicht vor mir steht, streckt er seine Hand mir entgegen, doch er greift nur nach seinem Smartphone, das hinter mir liegt.

„Hier." Er geht wieder zu Luca, drückt es ihm in die Hand und sagt: „Vielleicht magst du ein Paar Videos angucken, damit es dir nicht langweilig wird."

Erst als die Wohnungstür zuschnappt, regt sich der erste von uns. Damian geht zum Esstisch, betrachtet es und nimmt sich dann eine Erdbeere aus der Schüssel. „Hattet ihr euch einen schönen Vormittag gemacht?" Seine Stimme klingt vorwurfsvoll und das kann ich auch verstehen.

Mir fällt auf, dass ich mit Liam und seiner Reaktion so beschäftigt war, dass ich keinen einzigen Gedanken daran verloren habe, wie es für Damian aussehen muss.

Ich löse mich aus der Erstarrung. „Damian, ich weiß, wie es aussieht, aber dem ist nicht so, glaub mir."

„Aha." Sein Blick wandert zu den Rosen auf dem Couchtisch.

„Ich mein's ernst, Damian. Ich habe nicht gewusst, dass er kommt. Wirklich. Er ist hier aufgetaucht und ich wollte vor Luca keine Szene machen." Ich komme auf ihn zu. „Glaubst du mir, dass da nichts war?"

Jess - Strength of FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt