10. Kapitel

38 15 23
                                    

Wie festgefroren stehe ich da und sehe zu, wie zwei Frauen bis aufs Blut miteinander kämpfen. Der Dämon hockt daneben und hat ein teuflisches Grinsen im Gesicht. Dummerweise gilt das mir.

Ich will etwas tun, eingreifen. Doch ich kann mich einfach nicht bewegen. Ich bin nicht besser als die Gaffer da vorn, die keinen Finger rühren, um dazwischenzugehen und den Kampf zu beenden. Das macht mich so wütend! Und gleichzeitig hab ich Angst, denn jetzt setzt sich der Dämon in Bewegung. Genau in meine Richtung ...

Zum Glück reagiert wenigstens Alex und zerrt mich einfach hinter sich her – weg von diesen glühenden Augen und dem furchtbaren Straßenkampf. Und als wir um die nächste Ecke biegen, lässt auch endlich meine Starre nach. Hat mich dieser Feuerblick etwa hypnotisiert?

„Ist dir eigentlich klar, dass du dich schon wieder in Gefahr gebracht hast?", schnauzt mich mein Retter an. „Du kannst doch nicht einfach drauflos rennen, wenn du Kampfgeräusche hörst!"

„Was zur H–" Auf halbem Weg zu meinem Mund fange ich seine Hand ab und funkle ihn wütend an. Eben hätte er mich unterbrechen sollen, nicht jetzt! Mir ist nämlich die perfekte Lösung für unser H-Wort-Problem eingefallen. „Was zur Heugabel war das?!"

„Was zur Heugabel?" Alex sieht mich an, als wär ich geisteskrank. „Wie kommst du denn bitte auf Heugabel? Sieh dich um. Wir sind in einer beschissenen Großstadt, nicht in einem Kuhkaff! Und überhaupt, lenk nicht ab! Du hättest draufgehen können! Misch dich niemals in einen Kampf ein, an dem Dämonen beteiligt sind!"

„Warum denn nicht? Irgendjemand muss es doch tun! Die anderen haben nur zugeschaut und waren überhaupt keine Hilfe. Was ist nur mit denen los?" Vor lauter Verzweiflung raufe ich mir die Haare. „Früher sind die Menschen auch mit Fackeln und Heugabeln auf Monster losgegangen. Was spricht denn heute dagegen? Ich brauche nur irgend'ne Waffe, um mich gegen diesen Zauberblick zu wehren, dann ..."

„Vergiss es! Du wirst nicht auf die Monster losgehen, verstanden?! Das ist viel zu gefährlich!"

Ich weiß! Deshalb bin ich ja so sauer. Diese schnüffelnden, starrenden Dämonen-Viecher schüchtern mich ein. Trotzdem würde ich jederzeit handeln, wenn jemand meine Hilfe braucht – Gefahr hin oder her. Aber das muss Alex nicht wissen. Noch eine Strafpredigt kann ich jetzt echt nicht gebrauchen.

Also zucke ich die Schultern, um den Schein zu wahren. Ich will auf keinen Fall zeigen, dass ich Angst vor dämlichen Dämonen habe. „Na und? Träumen darf man ja wohl, oder?"

Alex schnaubt abfällig. „Glaub bloß nicht, dass ich dir das abkaufe. Du wartest nur auf eine Gelegenheit, doch noch einzugreifen. Du solltest an deinem Pokerface arbeiten, wenn du mir was vormachen willst."

Verdammt! Woher weiß er das?

Ach, Tess. Er kennt dich inzwischen nun mal ein bisschen. Und wenn wir ehrlich sind, bist du so einfach gestrickt, dass dich sogar ein kleines Kind lesen könnte, beleidigt mich mein Hirngespinst auch noch. Du hast gefragt – selbst schuld.

Ja, klar. Als Antwort schnaube ich nur. In Gedanken bin ich noch bei dem Kampf. Irgendwer muss da doch was tun können!

Mein Blick schießt zu Alex und ich frage hilflos: „Warum sehen die dabei bloß zu? Und du? Du bist Polizist! Warum machst du nichts dagegen?"

„Weil sie kämpfen müssen, um zu überleben."

Wie kann er nur so ruhig bleiben? Und warum antwortet er nicht ein einziges Mal klar und deutlich auf meine Fragen? Das ist doch zum Verrücktwerden!

Tja, ER ist ein Buch mit sieben Siegeln. Vielleicht zeigt er dir ja mal, wie das geht.

Das will ich doch gar nicht! Es ist furchtbar, so undurchsichtig zu sein. Einfach frustrierend!

Was zur Hölle?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt