22. Kapitel

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„Also. Wodurch wird man nun zur reinen Seele?", frage ich Stunden später. Es ist wieder dunkel und Alex als einzige Wache hier. Er hat den ganzen Tag damit verbracht, die Kids abzulenken und ihnen die Angst zu nehmen. Keine Ahnung, warum ein Halbdämon sowas tut. Aber ohne seine Hilfe wär ich ziemlich überfordert gewesen.

Jetzt höre ich ihn leise lachen. „Du lässt echt nicht locker, wenn du etwas wissen willst, oder?"

„Nein." Nun schmunzle auch ich. „Nur mit Hartnäckigkeit kommt man weiter."

Man könnte's auch Nerverei nennen, aber gut.

Juhu, meine innere Stimme ist wieder da! Ich war schon ganz aufgeschmissen ohne sie.

Gib's doch zu. Du hast mich vermisst!

Klar, wie Fußpilz.

Jetzt herrscht auch noch Gelächter in meinem Kopf. Ich bin echt nicht mehr zu retten ...

„Okay, das respektiere ich. Aber ich kann dir nur sagen, was ich weiß. Und das ist nicht besonders viel."

Das Gegacker in meinem Hirn verstummt und ich runzle die Stirn. „Gehört das denn nicht zum Allgemeinwissen für Dämonen?"

„Nein, Teresa, sowas gibt es nicht." Wenigstens ihm ist noch nach Lachen zumute.

„Kannst du bitte endlich aufhören, mich so zu nennen? Mein Name ist Tess. Das weißt du ganz genau!" Ich kapier's nicht. Wieso sagt er dauernd Teresa zu mir?

Also wenn ich so drüber nachdenke ... Mir gefällt das eigentlich ganz gut. Und ihm scheint sein Kosename auch viel zu bedeuten.

„Kosename? So'n Quatsch!"

„Ähm, ja. Ich würde Teresa jetzt auch nicht als Kosenamen bezeichnen ... aber irgendwie passt er besser zu dir als Tess."

„Und warum? Das macht doch gar keinen Sinn!"

„Für mich schon. Genau so habe ich dich kennengelernt. Du hast dir sogar Sorgen um eine stinkende Leiche gemacht. Für alles und jeden bist du da, hast immer ein offenes Ohr und aufmunternde Worte parat. Das ist beeindruckend. Und es hat mich eben an Mutter Teresa erinnert. Also ... vielleicht ist es doch eine Art Kosename."

Das ist ...

Ha! Ich wusste es! Alex lie-hiebt Te-hess, Alex lie-hiebt Te-hess ...

... nicht zum Aushalten, verdammt! Diese grauenhafte Singerei in meinem Oberstübchen macht mich noch verrückt. Alex' Geständnis hingegen ... Das ist schon irgendwie süß.

Ha! Auch das wusste ich! Te-hess lie-hiebt Alex, Te-hess lie-hiebt Alex ...

„Ach, halt doch die Klappe! Du weißt gar nichts!"

„Okay? Ich gehe mal davon aus, dass du wieder mit deiner inneren Stimme sprichst, oder?"

„Was? Äh, ja. Tut mir leid. Sie ist echt penetrant."

„Dann muss ich nicht die Klappe halten?", fragt er trotzdem nach und klingt dabei etwas verunsichert. Ups. Jetzt hab ich ihn schon wieder mit meinen Hirngespinst-Unterhaltungen verschreckt.

„Nein!", gebe ich schnell zurück und klinge dabei viel energischer als geplant. Na, egal. Er kann das ab. „Erzählst du mir jetzt endlich, was du über die reinen Seelen weißt?"

Klar, lenk nur ab. Aber tief in deinem Innern weißt du's. Liebe liegt in der Luft, lala la.

Hatte ich schon erwähnt, dass dieses Gequake in meinem Hirn nicht zum Aushalten ist?!

Jap. Interessiert nur keinen, trällert die Stimme weiter. Und ihre Worte überraschen mich kein Stück. Dass meine Meinung hier nicht zählt, war sowieso klar.

Was zur Hölle?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt