War ja klar. Der erste Junge, den ich küsste wurde nur einen Tag später entführt und ich hatte ihn seit über 24 Stunden nicht mehr gesehen. Drama schien wohl irgendwie mein Ding zu sein.
Gedankenverloren saß ich auf meinem Bett und ließ mir die Ereignisse des gestrigen Tages noch einmal durch den Kopf gehen. Warum waren wir auch so blöd gewesen, uns so weit von der Klasse zu entfernen? War doch klar, dass das nicht gut hatte enden können.
Seitdem war das Thema Simon Milling etwa so groß, wie wohl auch Andrew Milling, als er seinen Tag der Rache geplant hatte. Aber warum erst jetzt? Warum hatte ich ihn davor nur ständig verdrängt? Ich hätte mich besser vorbereiten müssen und die Risiken besser eingeschätzt. Vielleicht war ich ja doch ein bisschen Schuld an Frosts Entführung. Vielleicht waren diese ständigen Schuldgefühle, die mich die ganze Nacht wachgehalten hatten, berechtigt.
Erschöpft lehnte ich mich an die Wand. Ich bin müde. Und obwohl ich mir der Gefahr, die von Simon Milling ausging, nun endlich bewusst war, war es für mich unmöglich vorzustellen, irgendwann gegen ihn zu kämpfen. Vielleicht war ich gerade auch einfach zu erschöpft und müde, um jetzt gerade zu kämpfen.
Umso unpassender, als Kira, Carag, Tikaani, Holly und Brandon in mein Zimmer kamen und verkündeten: „Wir suchen nach Frost."
Verwirrt und mit müden Blick starrte ich meine Freunde an. „Ernsthaft?"
Kira nickte entschlossen. „Ernsthaft."
„Sieht dir gar nicht ähnlich, einfach herumzusitzen, nichts zu tun und darauf zu warten, dass alles von alleine passiert", bemerkte Carag, woraufhin ich nur ein verächtliches „Pff", von mir gab. Er hatte ja keine Ahnung, wie oft ich schon hatte aufgeben wollen.
„Von mir aus kannst du auch da bleiben", stellte Kira klar und erntete dafür von allen einen erstaunten Blick. „Aber dann rechne nicht damit, dass du auch irgendwas verändern kannst. Kämpfe oder kämpfe nicht, aber mach dir eins klar: Wenn du gewinnst, können wir Frost befreien, wenn du verlierst, sehen wir ihn vielleicht nie wieder. Aber wenn du nicht kämpfst, kannst du nicht gewinnen."
Überrascht schaute ich sie an. „War das aus Naruto?"
Aber Kira schüttelte den Kopf. „Aus Attack on Titan."
Ich seufzte. Warum klang das von ihr viel überzeugender, als wie wenn ich es mir einredete? Aber ich nickte entschlossen und stand auf.
„Weiß Miss Clearwater Bescheid?", flüsterte ich Holly zu, die mir gerade am nächsten war, verwundert, warum alle darauf achteten, dass niemand uns sah.
Holly grinste mich an und schüttelte den Kopf. Na super.
„War ja klar", murmelte ich.
„Warum dann so überrascht?", fragte Holly frech und ich bemerkte das aufgeregte Funkeln in ihren Augen. Hoffentlich schaffte sie es, still zu sein, bis wir den Ausgang erreicht hatten.
Ein Wunder: Sie schaffte es. Aber sobald wir vor der Schule waren, begann sie aufgeregt herumzuflitzen und quickte so, dass ich mich fragte, ob ihr Mund vielleicht teilverwandelt war.
„Psst!", zischte ich, besorgt, dass uns jemand hörte.
Wir schlichen über den grasbewachsenen Parkplatz, durch den Kiefernwald und verließen das Privatgrundstück der Clearwater High. Ein aufgeregtes Kribbeln durchzog mich. Mit jedem Schritt näherten wir uns dem Ort des Geschehens und hoffentlich auch Frost.
„Okay, Tikaani", flüsterte Carag ihr zu. In dieser stillen Nacht laut zu sprechen, wäre einfach falsch gewesen. Carag holte aus seinem Rucksack ein rosafarbenes Halsband, welches Tikaani wütend und zugleich schockiert anstarrte. „Nicht dein Ernst", zischte sie. „Hast du kein anderes gefunden?"
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Eiskalte Krallen • Woodwalkers
Fanfiction(Überarbeitet) Der Tag der Rache ist der Auslöser einer riesigen Veränderung für Akira. Nicht nur hat sie an jenen Tag ihren Vater verloren, sondern auch mithilfe von Puma-Wandler Carag und Schneewolf-Wandlerin Tikaani ihre zweite Gestalt entdeckt...