Kapitel 11

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"Du bist wach." Hastig reichte Ozric Joanne einen Krug Wasser, welchen sie gierig austrank. Er betrachtete sie, wie sie das Wasser in sich rein kippte. Es lief an den Mundwinkeln aus dem Krug und tropfte von ihrem Kinn. Er schaute sie einfach nur noch an. Ihre Hände waren so niedlich klein, er könnte sie mit seinen eigenen komplett umschließen. Die Tür öffnete sich und Merlin betrat das Zimmer. "Da hast du ja noch einmal Glück gehabt", begann er. "Ich weiß. Ich war in diesem Moment nur so... überwältigt. Als ihr auf einmal von einer Revolution spracht." Merlin nickte. "Ich verstehe das. Vielleicht hatten wir einen falschen Start. Sieh mal, dem König entgegenzutreten ist in unser aller Interesse. Ich spreche nicht von einer Schlacht oder dergleichen. Eher von systematischen Angriffen, die bei ihm für Verluste und Komplikationen sorgen. Wir machen es ihm so schwer wie möglich. Dabei wären eure Fähigkeiten als Diebe von enormer Bedeutung." Die drei saßen wenig später bei einem Bier im Wirtshaus. Joanne knallte den Krug auf den Holztisch. "Wir sollten uns ausruhen und morgen einen Plan für den ersten Überfall auf den König schmieden. Bis dahin... werde ich mir die Kante geben." Es war gerade mal Mittag und sie war bereits betrunken. Und doch erschienen ihm die Worte einer Betrunkenen sinnführend. Er zog sich in sein Zimmer zurück.

Ozric und Joanne waren die einzigen, die nun noch im Wirtshaus saßen. "Tu mir den Gefallen und bring mich auf andere Gedanken", brummte die junge Gefährtin betrübt. Als sie sich zu ihm drehte, waren ihre Gesichter sich gefährlich nahe, Oz setzte beinahe zum Kuss an. "Woah, das hatte ich damit nicht gemeint!", schimpfte sie und boxte im in die Seite. Er wusste selbst nicht ganz, was das gerade sollte. "Das war nur ein Test", scherzte er verlegen, "Wir könnten einen Spaziergang machen." Sie nickte zustimmend und trank noch schnell ein weiteres Bier, bevor sie aufbrachen. Der Sandweg führte sie zu einer Wiese, auf der Obstbäume standen. Insekten tummelten sich um das Fallobst, welches bereits zu gären begann. Joanne rannte durch das hohe Gras, dicht gefolgt von Ozric. Sie fühlte sich für einen Moment beinahe unbeschwert. Schmetterlinge flogen um ihren Kopf und verschwanden in der Ferne. Sie blieb aprupt stehen und schloss die Augen, um die Wärme der Sonne in ihrem Gesicht zu genießen. Oz war auf das plötzliche Abbremsen nicht gefasst und rannte sie um. Lachend fiel er vornüber und war nun auf allen Vieren über ihr. Ihre Blicke trafen sich und für einen Augenblick war alles um sie herum wie eingefroren. Das Gefühl, was er jetzt gerade hatte, verspürte er noch nie zuvor. Es war eine Mischung aus Freude und Schwerelosigkeit. Ihm wurde klar, diesen Moment will er nie enden lassen. Joannes Gesicht strahlte im hellen Sonnenlicht. Er stellte fest, dass ihre Augen nicht einfach nur blau waren, sowohl graue als auch grüne Tupfen waren nun zu erkennen. Fasziniert schaute er sie an, bis er sich in ihnen verlor.

Sie blinzelte der Sonne entgegen, als sein Schatten sich über ihr Gesicht legte. Seine Gesichtszüge waren entspannt, keinerlei Sorgenfalten oder Stirnrunzeln. Eine dünne Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht. Sie rundete den Anblick perfekt ab. Als er lächelte, blitzten seine Zähne hervor. Joanne fiel auf, dass sie sie nie gesehen hatte, bis auf seine Stoßzähne, welche immer aus seinem Mund hervorragten. Sei strahlendes Lächeln blendete sie beinahe. Ozrics Augen waren braun-grün, sie hatte nie darauf geachtet, Blickkontakt stellte sie nur selten her. Und meist waren seine Augen ohnehin zu dunkel, um darin irgendeine Farbe auszumachen. Erst jetzt wurde ihr klar, wie lang sie sich schon schweigend anstarrten. "Also...", begann sie. Oz erwachte aus seinem Tagtraum und richtete sich auf. "Entschuldige." "Was machen wir als Nächstes?", fragte Joanne und stand auf. "Was hältst du von einem Ausritt?", meinte der Ork und lief mit ihr zurück zu den Häusern.

Als sie ihre Pferde gesattelt hatten, ritten sie in den Wald. Ozric meinte, er wolle ihr etwas zeigen, also stellte Joanne keine weiteren Fragen. Nach einer Weile stiegen sie von den Pferden und gingen zu Fuß weiter. Sie erreichten einen Wasserfall, welcher in einen kleinen See mündete. Das Wasser war glasklar. Bevor Ozric wusste, was geschah, zog Joanne sich bis auf ihre Unterwäsche aus und sprang hinein. So ungehemmt kannte er sie gar nicht, aber dann fiel ihm wieder ein, wie viel Bier sie intus hatte. Während sie auf dem Rücken herum trieb, nahm er Anlauf und sprang hinein. Das Wasser schlug Wellen und verschluckte die ahnungslose Frau. Oz tauchte zu ihr und holte sie zurück an die Wasseroberfläche. Sie hustete. "Hey! Das war eindeutig ein Attentat!", rief sie und spritzte ihm Wasser ins Gesicht. Sein Blick fiel auf ihren Körper, welcher sich durch die klatschnasse Kleidung abzeichnete. Seine Wangen brannten und er zwang sich, in ihr Gesicht zu sehen. Wieso wurde er so nervös? Er hatte schon einige nackte Frauen gesehen, egal ob Ork oder Mensch. Ozric liebte den Körper der Frau, egal welche Form er hatte, die Weiblichkeit, der Duft... Nie wurde er vor einer Frau nervös, die sich ihm entblößte. Und Joanne war noch nicht einmal nackt und löste diese Unruhe in ihm aus. "Was ist los?", fragte sie provokant und watete auf ihn zu. Ohne nachzudenken zog er sie an sich heran, nahm ihr Gesicht in seine riesigen Hände und küsste sie.

On the runWo Geschichten leben. Entdecke jetzt