Die Tage verflogen und der Tag der ersten Mission rückte spürbar näher. Man merkte es allen an, sie wurden immer nervöser. Auch Joanne spürte es am eigenen Leibe, da sie sehr krank wurde. Es war nur eine Erkältung, aber eine ziemlich heftige. Ozric machte ihre Arbeitsmoral dafür verantwortlich. Denn sie hatte seit Tagen kaum ein Auge zu gemacht, des Öfteren vergessen zu essen. Das alles nur, weil sie im Umgang mit dem Schwert noch besser sein wollte. Das hatte sie jetzt davon. Obwohl Oz ihr Bettruhe verordnet hatte, schlurfte sie in der Burg herum und bot allen möglichen Leuten ihre Hilfe an. Sie hasste es, untätig herumzusitzen. Es war ein Katz-und-Maus-Spiel, sich in den Gängen herumzutreiben, ohne dass ihr selbsternannter Leibwächter sie zurück ins Bett scheuchte. Sie wollte gerade einen Sack Mehl in die Küche bringen, als er sie erwischte. "Ich wusste, du bist hier irgendwo. Mach, dass du ins Bett kommst!" "In deinen Träumen!", rief sie frech und rannte in den Speisesaal. Er war ihr dicht auf den Fersen, und trotzdem konnte er sie nicht fassen. Wie konnte sie nur so schnell sein? Im Turm erwischte er sie dann doch. Schnell warf er sie sich über die Schulter und trug sie so durch die Gegend. "Helft mir! Dieser Ork dreht völlig durch! Ich werde entführt!", rief sie durch die Gänge. Die Anderen schmunzelten nur und schüttelten mit dem Kopf. Als sie am Zimmer ankamen, setzte er sie wieder ab. "Du musst dich ausruhen!", versuchte er ihr einzubläuen. "Ich kann ganz gut selbst auf mich aufpassen." "Das weiß ich, aber du brauchst Ruhe. Und das heißt KEIN Umherlaufen!" Genervt packte er sie und warf sie aufs Bett. "Na warte...", begann sie und nahm ein Kissen in die Hand. "Fang nichts an, was du nicht beenden kannst", warnte Ozric sie. Joanne warf das Kissen in seine Richtung, aber es flog keinen Meter weit. Sie war völlig fertig. Erschöpft sackte sie zusammen. Das war das, was er zu vermeiden versuchte. Seufzend deckte er sie zu und besorgte ein paar Tücher, denn ihre Stirn glühte.
Nachdem er sich um sie gekümmert hatte und sie tief und fest schlief, begab er sich zu Arthur. Dieser hatte ihm die grundlegenden Wörter in Zeichensprache beigebracht, sodass er ihn nun endlich verstehen konnte. Als Oz die Schmiede betrat, symbolisierte der Stumme ihm, dass er ihm etwas zeigen wollte. Neugierig folgte er dem Lehrling zu seinem Amboss. Was er sah war wunderschön. Der Junge sagte, das wäre nun seine neue Axt. "Meine neue Axt? Die ist für mich?" Arthur nickte. Fasziniert begutachtete der Ork die Details, die sowohl in der Klinge, als auch im Griff verarbeitet waren. Das waren Symbole der Ork-Kultur. Er hatte sie seit Jahren nirgendwo mehr gesehen. Mit zitternden Händen berührte er die feine Handarbeit und bekam Flashbacks. Diese Axt erinnerte ihn sehr an die seines Vaters. Zu sehr. Mit glasigen Augen umarmte er Arthur fest. Das war das beste Geschenk, was ihm je jemand gemacht hatte. Er liebte es. Begeistert bedankte er sich tausende Male.
Als Joanne aufwachte, dämmerte es bereits. Wie lang hatte sie geschlafen? Zumindest lang genug, um sich besser zu fühlen, wie sie zu ihrer Erleichterung fest stellte. Gähnend streckte sie sich, ihr Körper knackte und sie stand auf. Was die Anderen wohl gerade trieben? Schnell schlüpfte sie in etwas Wärmeres und machte sich auf den Weg in den Speisesaal. Dort grölten die Männer zur Musik, während manche Armdrücken veranstalteten. Als sie sie erblickten, nickten sie ihr respektvoll zu. Joanne nickte ebenfalls und nahm sich etwas zu Essen. "Wo ist Ozric?", rief sie zwischen den lauten Gesprächen hindurch. "Keine Ahnung, eben habe ich ihn noch gesehen", lallte einer und krachte vom Stuhl. Ihre Augen erblickten zwei Personen, die eng aneinander klebten. Sie konnte es nicht fassen. Ozric und die Wirtin standen dort und küssten sich. Wie angewurzelt stand sie da und starrte sie an. Was hatte sie erwartet? Es war ja doch nur eine Frage der Zeit. Und obwohl sie ihm zu verstehen gab, dass sie die Sache zwischen ihnen vergessen wollte, traf sie das gerade zutiefst. Ozric erblickte sie und stieß die kurvige Frau beiseite. "Joanne, es ist nicht das wonach es aussieht!" Verletzt verließ sie den Saal und stürmte in den Gang. Dicht gefolgt von Oz. "Bleib doch stehen! Ich wollte sie gar nicht küssen! Sie hat mich einfach zu sich ran gezogen!" Sie blieb stehen. Ihre Augen tränten, doch sie weigerte sich, auch nur eine Träne zu entlassen. "Das geht mich ja nichts an..." "Was ist es dann? Ich verstehe es nicht!" Seine Stimme wurde etwas lauter als gewollt, er bereute es sofort. Joanne lief weiter in Richtung ihres Zimmers. "Sprich mit mir!", rief er weiter während er ihr folgte. Sein Frust kam endlich ans Tageslicht. Es fühlte sich befreiend an. "Verdammt noch mal, Joanne!" Plötzlich drehte sie sich um, Tränen im Gesicht. Ihre Augen waren gerötet. Was hatte er verpasst? "Ich wusste ja, dass du eher körperliche Beziehungen mit Frauen pflegst. Aber dass du dich nicht mal zurückhalten kannst, wenn du kurz vorher was mit mir hattest?" Völlig verwirrt schaute er sie an. Sie war richtig wütend. Und er verstand nicht wieso. "Bist du... eifersüchtig?" "Verdammt, ja! Das vor ein paar Tagen, der Abend in der Wanne, alles was danach war. Das war alles das erste Mal!" Stille. Ozric verstand nun, was sie meinte, aber gleichzeitig auch so gar nicht. "Warte... dachtest du, wir hatten..." Jetzt fiel der Groschen. Jetzt war Joanne die, die verwirrt war. "Soll das heißen, wir haben gar nicht...?", fing sie an. Da musste er herzhaft lachen. "Du bist nach nur einer Minute Küssen eingeschlafen! Du hattest so viel Alkohol im Blut... Ich habe dich zugedeckt und bin nach dir eingeschlafen. Ich vergehe mich doch nicht an Frauen, die nicht zurechnungsfähig sind." Seine Stimme wurde nun sanfter. Immer wieder dachte er darüber nach, was sie gesagt hatte. Das wäre ihr erstes Mal gewesen. Natürlich, er hatte völlig vergessen, dass solche Intimitäten bei Menschen nur innerhalb einer Ehe ausgetauscht wurden. Er hätte es wissen müssen. Idiot. Joannes Gesicht war nun knallrot, sie schämte sich doch nicht etwa...? "Hey, hör zu. Du musst dir keine Gedanken machen. Ich wollte sie nicht küssen, sie war betrunken und hätte jeden geküsst, der an meiner Stelle dort gestanden hätte. Ich habe vielleicht eine Schwäche für Frauen, aber... ich gehe damit nicht so leichtfertig um. Nicht wenn ich weiß, dass es für jemand anderes verletzend sein könnte." Er schloss sie in seine Arme.
DU LIEST GERADE
On the run
Fantasy(--- wird regelmäßig überarbeitet!---) Ganz zufällig stoßen sie aufeinander: ein geächteter Ork und eine gesuchte Verbrecherin. Obwohl sie aus unterschiedlichen Welten kommen, raufen sich Ozric und Joanne zusammen, um dem König und seinem Gefolge zu...