XV | Narben

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Seamus wankte und er sah alles verschwommen, nachdem er sich erneut aufgerichtet hatte. Er konnte das Knurren des Werwolfes und dessen Bewegungen im Schnee hören, doch durch das Schwindelgefühl war er gerade nicht in der Lage, etwas zu unternehmen. Dennoch versuchte er noch, näher an Dean heran zu kommen und er wollte ihm schon seinen Zauberstab zuwerfen, damit zumindest er noch kämpfen könnte. 

Der Werwolf hatte seinen nächsten Angriff jedoch schon gestartet und er verpasste Seamus einen Schlag, sodass er erneut mit schmerzverzerrtem Gesicht im Schnee landete. Dass seine Schulter weiterhin stark blutete, ignorierte er währenddessen. Mühsam rollte er sich auf den Rücken und er sah nur noch, wie etwas Dunkles in die Luft sprang. Im Bruchteil einer Sekunde kam ihm die Erkenntnis und seine Augen wurden größer. 

Der Gryffindor konnte zweierlei laute Stimmen vernehmen, doch bevor er Genaueres erkennen konnte, sah er nur noch ein grelles Licht an sich vorüber schießen. Trotz der Lage, in der er sich befand, erkannte er allerdings doch, was gerade geschehen war. Mit erschrockenem Blick drehte er den Kopf zu Professor Slughorn, der schwer atmend dort stand und mit dem Zauberstab immer noch in die Richtung des Werwolfes zielte. Seamus wurde bewusst, welchen Zauber dieser gerade benutzt hatte.

Allerdings war dessen Stimme nicht die einzige gewesen, die er eben vernommen hatte, und so drehte er den Kopf gleich darauf in die andere Richtung, was den Schock aber nur noch schlimmer machte. 

Den Werwolf hatte es ganz offensichtlich getroffen, denn im Schnee lag ein bewegungsloser Haufen, von dem Seamus von seiner Sicht aus nur den Rücken genau erkennen konnte. Was mit dem anderen Werwolf geschehen war, wusste er immer noch nicht. Doch das war dem Schüler egal. Seine Aufmerksamkeit lag trotz des Schwindels auf dem Jungen, der neben dem Werwolf auf dem Boden lag. Dieser atmete stockend und hielt sich eine Hand an die Brust.

"Oh nein", keuchte Seamus leise und trotz des Schwindelgefühls und der Schmerzen robbte er im Schnee weiter auf seinen besten Freund zu. Als er wieder Schritte im Schnee hören konnte, wusste er gleich, dass Professor Slughorn bereits auf sie beide zulief.

Professor Slughorn löste sich aus seiner Starre und rannte mit besorgter Miene auf die beiden Schüler zu. Dass sie verletzt waren und bluteten, konnte er schon von Weitem erkennen. Er ließ sich vor Dean und Seamus auf die Knie fallen. Die beiden Gryffindors sahen alles andere als gut aus und nun gab es für sie nichts anderes mehr zu tun, als so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Dean, Seamus und auch Professor Vektor mussten unverzüglich in den Krankenflügel gebracht werden. 

Slughorn wollte es gleich mit "Episkey" versuchen, doch die Wunden der Jungen waren nicht klein. Seamus' Atmung zitterte vor Angst und Sorge und kurz begegnete er dem Blick des Lehrers, bevor er vorsichtig eine Hand nach Deans Schulter ausstreckte, welcher durch seine Verletzung und der schweren Atmung kaum etwas um sich herum wahrnehmen konnte und sein Gesicht vor Schmerz verzogen hatte. Seamus wollte seinen besten Freund jedoch wissen lassen, dass er bei ihm war und dass es nun vorbei war. Sie würden gleich nach Hogwarts zurückkehren. 

Seamus machte nicht die Anstalten, sich nun von Dean lösen zu wollen. Beide waren verletzt und atmeten schwer. Sie waren nicht mal in der Lage, etwas zu sagen. Professor Slughorn versuchte unterdessen nach einer Lösung zu suchen, wie er die beiden Schüler schnell zurück ins Schloss bringen könnte. Mit einem kurzen Blick zur Seite erkannte er, dass sich seine Kollegin nun ebenfalls aufgerappelt hatte und auf ihn zu trat. Trotz ihrer Verletzung gab sie nun ihr Bestes, um zu helfen.

Mit einem Zauberspruch erschienen zwei Tragen, auf die sie mit Slughorns Hilfe die verletzten Jungen hievte. Das war wohl die einfachste Möglichkeit, die beiden ohne Probleme in den Krankenflügel zu schleppen. Die beiden Lehrer warfen sich noch einen Blick zu. Auf diese Weise hätte die Patrouille nicht enden dürfen und Seamus war sich bereits jetzt sicher, dass dies nun das erste und einzige Mal gewesen war, dass Schüler die Lehrer auf Patrouille begleiten durften.

"Ich vermute, dass sich noch weitere Werwölfe in der Umgebung aufhalten", sprach Slughorn seine Gedanken laut aus, als sie sich auf den Rückweg machten. "Sie stellen doch eine größere Gefahr dar, als ich zuerst gedacht hatte... jetzt haben wir die Jungen dieser Gefahr ausgesetzt..."

Dean und Seamus sagten immer noch nichts. Beide hatten ihre Augen mittlerweile vor Erschöpfung geschlossen und ihre Körper wurden immer ruhiger. Die Lehrer beschleunigten daraufhin ihre Schritte. 

________

Auf dem ganzen Rückweg hatte Dean kaum noch etwas wahrgenommen; weder den Schmerz, noch die Kälte. Das nächste, das er spürte war ein weicher Untergrund und es war angenehm warm. Wenig später konnte er leises Gemurmel hören, das er aber nicht deuten konnte, und er nahm den Duft von Kräutern wahr.

Sein ganzer Körper fühlte sich taub an und er wollte die Augen am liebsten gar nicht öffnen, doch plötzlich schoss ihm das ganze Geschehnis von vorhin in den Sinn - sie waren mitten im Verbotenen Wald von Werwölfen angegriffen worden. Seamus war an der Schulter verletzt worden. Seamus... bei dem Gedanken an den rotblonden Jungen öffnete Dean schließlich die Augen und das erste, das erkannte, waren  einige Schüler, die um ihn herum saßen. Er begriff, dass er in einem Bett lag und den Gerüchen nach zu urteilen, befand er sich im Krankenflügel. 

Die Menge an Schülern schauten erleichtert zu ihm, als er aufgewacht war. Anscheinend hatten sie schon in Erfahrung gebracht, was geschehen war. Jedenfalls schien es so, als seien alle ziemlich aufgeregt und besorgt.

"Hey." Dean drehte den Kopf leicht, als er Harrys Stimme erkannte. Direkt neben ihm stand Ron und die beiden sahen sehr erleichtert aus. 

"Bin ich froh, dass ihr wach seid", kam es von Ron.

Es traf Dean wie einen Schlag. Ron sagte ihr - er meinte damit also auch Seamus? Vor Sorge und Nervosität schaute sich Dean hastig um. Wo war sein bester Freund? Als er den Kopf ganz zur Seite drehte, atmete er tief aus, als er den Jungen im Bett neben seinem erkannte. 

Dieser schenkte ihm ein schwaches Lächeln und winkte ihm mit leicht erhobener Hand zu. Erleichterung überflutete Dean. Seamus war auch hier und er war wach.

"Wie lange seid ihr schon hier?", wollte er mit rauer Stimme von seinen Mitschülern wissen.

"Etwa zwanzig Minuten", antwortete Neville. "Es ist kein Geheimnis, dass ihr angegriffen wurdet. Wir waren gerade alle im Gemeinschaftsraum, aber ein paar Schüler haben gesehen, wie die Lehrer mit euch beiden im Schlepptau die Schule betreten haben. Sie waren bereits ziemlich erschöpft und ihr beide- das hat in der ganzen Schule natürlich sofort die Runde gemacht." 

"Verstehe." Dean wagte nun erstmals einen Blick auf seinen Oberkörper, wo er verletzt worden war. Doch alles, was er sehen konnte, war der Verband. Den Schmerz konnte er noch spüren, doch der war weitaus nicht mehr so schlimm wie vorhin im Wald. Anscheinend hatte er schon Schmerzmittel von Madam Pomfrey verabreicht bekommen. Noch einmal warf er Seamus einen beruhigten Blick zu. Sie hatten es geschafft. Sie waren zurück in Hogwarts und es ging ihnen besser.

Repeat [Deamus]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt